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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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    Jennerwein ließ die drei dröhnenden Buchstaben eine Weile im Raum stehen.
    »Genau. Für den KGB «, fuhr Maria fort, »den es zwar seit Einundneunzig nicht mehr gibt, trotzdem ist dieser Juri Agassow ein
ehemaliger
KGB -ler, der nur zufällig
nicht
an der Stelle gesprungen ist, an der Åge Sørensen gesprungen ist.«
    »Ich kann mir denken, worauf Sie hinauswollen, Maria. Versuchen Sie alles über Agassow herauszubekommen.«
    »Da bin ich die ganze Zeit schon dabei, Chef«, sagte Maria. »Ich melde mich wieder.«
    »Dosvidania, Marija.«
    »Spassibo, Chubertus.«
     
    Er klappte sein Mobiltelefon nachdenklich zu, dann ging er ins Gastronomiezelt. Dort standen die Spurensicherer um Becker und die konventionell ermittelnden Beamten um Stengele tatsächlich getrennt voneinander. Becker wandte sich an ihn.
    »Neue Erkenntnisse?«
    »Wie mans nimmt. Eine Spur, noch ziemlich unkonkret.«
    »Wundert mich nicht: so ganz ohne Kugel!«
    Die Spurensicherer grinsten, Becker wurde immer spottlustiger. Wenn er fachlich nicht gar so gut wäre … Jennerwein musste jetzt sein Revier markieren.
    »Es besteht ja auch noch die Möglichkeit, dass so ein glitzerndes Projektil, das im Schnee liegt, von einem Zuschauer bemerkt wurde, und er hat es als Souvenir mit nach Hause genommen.«
    »Das ist möglich«, sagte Becker und grinste breiter. Er führte etwas im Schilde. »Ach übrigens: Habt ihr denn bei eurer eifrigen
Suche die 5,45-er-Kugel gefunden, die wir mit dem Blasrohr auf Giselas Ski abgeschossen haben?«
    Betretenes Schweigen.
    »Diese Kugel, die ganz sicher abgeschossen wurde, ist von einem Dutzend Beamten nicht entdeckt worden? Vielleicht hat sie ja auch der Hund verschluckt«, spottete Becker. Die kriminalistischen Fußtruppen waren 0:1 im Rückstand.
    Soweit zum Thema händische Ermittlungsarbeit, dachte Becker, und Jennerwein wusste, dass Becker das dachte. Und Becker wusste, dass Jennerwein das wusste.
    »Meinten Sie die?«, fragte Jennerwein, griff in die Jackentasche und warf Becker ein Tütchen mit der 5,45-er-Kugel zu.
     
    Drüben im Klinikum, im Zimmer des einbeinigen Åge, vermischte sich der zähflüssige rosa Brei, den Mutter Sørensen in den Infusionsschlauch gespritzt hatte, langsam mit der klaren Infusionsflüssigkeit. Schlierig wirbelte er sich nach unten, bis zur Magensonde und verschwand dort in Åges Bauch. Mutter Sørensen hatte ihrem Sohn eine gute Portion
Rødgrød med fløde
mitgebracht. Und der Pfleger hatte sich dazu überreden lassen, sie etwas von der dänischen Roten Grütze, die sie mit dem Pürierstab gemixt hatte, in die Infusion spritzen zu lassen. Die Leib- und Magenspeise Åges sickerte ein, Mutter Sørensen betrachtete das Gesicht ihres einzigen Sohnes. Sie glaubte zu bemerken, dass er zufrieden lächelte.

17
    Die luftsüchtigen Gäste der Pension Alpenrose waren samt und sonders außer Haus, denn an diesem Januartag leuchtete der Himmel in einem so lebendigen Blau, wie man es sich als dunstgrau-gewohnter Stadtmensch nur wünschen konnte. Allein die Direktrice war im Haus, Frau Margarethe Schober las an der Rezeption in einem Groschenheft mit dem nachdenkenswerten Titel
Drei Herzen im Zwiespalt
und hörte dazu krachende Blasmusik, die aus dem Ghettoblaster tönte. Dadurch hatte sie vorher den Schuss nicht gehört, sie sollte durch die
Hitparade Deutscher Märsche
auch die weiteren Schüsse nicht hören. (Oder zumindest für einen besonders schneidigen Effekt des großen Beckens halten.)
     
    Die einzigen Pensionsgäste, die sich im Haus aufhielten, waren die von Zimmer 12a, und als unten der
Tölzer Schützenmarsch
seinem brachial-stampfigen Höhepunkt entgegenkletterte, hatte der Terminator Xun Yü geschossen. Shan und Wong standen vor dem Bett. Sie hoben Dr. Steinhofers Kopf hoch und prüften die Augenreflexe. Es war nicht zu übersehen, dass er keine mehr hatte. Vorsichtig hoben sie ihn von Xun Yü herunter und legten ihn auf dem Boden ab. Der Terminator, der Führer ihrer Gruppe, ihr krimineller Kopf, wie es keinen zweiten in Chaoyang gab, hatte den tödlichen Schuss mit letzter Kraft abgegeben. Dann war er zurückgesunken in die Kissen und hatte das Bewusstsein verloren.
    »Wir müssen die Kugel selbst herausholen«, sagte Wong.
    »Oder wir schaffen einen neuen Arzt her«, sagte Shan.
    »Das halte ich für zu riskant. Wir müssen operieren. Ich habe das schon einmal gesehen. Es muss sehr schnell und beherzt gehen.«
    »Willst du es machen?«
    »Ja, ich will es machen. Xun Yü

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