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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Frech
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sämtliche Möglichkeiten in Betracht ziehen müssen.«
    Jessen nickte.
    »Kennen Sie die Freundinnen von Manuela?«
    »Ein paar. Sind, soweit ich weiß, alle aus ihrer Klasse. Und dann noch die Tochter einer Freundin meiner Exfrau.«
    Kepplinger erkundigte sich nach den Namen der Freundinnen, von denen Gerd Jessen meist nur die Vornamen kannte, und bat ihn, die Namen auf die Rückseite des Zettels zu schreiben.
    Während Jessen schrieb, stand er auf und sah aus dem Fenster in den angrenzenden Schlosspark. An einem Klettergerüst tobten einige Kinder. Ein Landstreicher kramte in seinen Habseligkeiten. Irgendwo da draußen musste das Mädchen sein. Alles, was er bislang hatte in Erfahrung bringen können, bot keinen brauchbaren Ermittlungsansatz.
    Man sieht nur, was man weiß.
    Es musste einen Hinweis geben, den er übersehen hatte, oder etwas, von dem er noch nichts wusste. Er kam auf die Gewohnheiten der Familie zurück.
    »Ist es schon mal vorgekommen, dass Manuela längere Zeit von zu Hause weggeblieben ist?«
    »Nein.«
    Die Antwort kam schnell. Zu schnell vielleicht, dachte er.
    »Das wüsste ich, und solange ich noch in Süßen gewohnt habe, kam das nie vor.«
    »Wie würden Sie das Verhältnis zu Ihrer Tochter beschreiben?«
    Jessen legte misstrauisch den Kopf zur Seite. »Wie darf ich das verstehen?«
    »Sie sehen Manuela alle vierzehn Tage und telefonieren ab und an mit ihr.«
    »Und?« Jessens Argwohn wurde stärker.
    »Verstehen Sie sich gut?«
    »Manu würde lieber heute als morgen zu mir ziehen, wenn Sie das meinen.«
    Kepplinger ließ es bleiben. Er zögerte, seinem Gegenüber eine Frage zu stellen, die ihn provozieren würde. Schließlich tat er es doch.
    »Waren Sie jemals grob zu ihr?«
    Gerd Jessen reagierte sofort. Er schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch. Kepplinger zuckte zurück.
    »Ich weiß, worauf Sie anspielen. Mir gehen manchmal die Nerven durch. Aber Manu habe ich nie ein Haar gekrümmt. N i e !«
    »Sie haben Ihre Tochter noch nie geschlagen?«
    »N e i n!«
    »Hat Ihre Exfrau einen neuen Partner?«
    Jessen schüttelte den Kopf. »Kann ich mir nicht vorstellen. Manuela hätte mir so etwas gleich erzählt.«
    Er verwarf den Gedanken an einen Liebhaber, für den die Tochter möglicherweise ein Hindernis darstellte. »Verfügen Sie oder Ihre Exfrau über ein größeres Vermögen?«
    »Nein.« Gerd Jessen griff sich mit beiden Händen an die Schläfen. Allmählich schien er sich wieder zu beruhigen.
    »Das Geld hat immer gerade so gereicht. Seit wir geschieden sind und ich die neue Wohnung habe …« Er schüttelte den Kopf. »Und dann noch die Unterhaltszahlungen. Seitdem bleibt erst recht nichts mehr übrig.«
    Kepplinger überflog seine Notizen, während Jessen nervös mit den Beinen auf und ab wippte.
    »Warum fragen Sie mich all diese Sachen?«
    Kepplinger blickte auf.
    »Ich meine, was hat das alles mit Manuela zu tun?« Gerd Jessens Stimme klang verunsichert. »Verdächtigen Sie jetzt etwa mich?«
    »Herr Jessen, irgendwo ist Ihre Tochter. Ich weiß nicht, wo. Ich weiß nur, dass es einen Grund dafür geben muss, weshalb sie am Freitagmittag nicht von der Schule nach Hause zu ihrer Mutter gekommen ist und sich seitdem weder bei Ihnen noch Ihrer Exfrau gemeldet hat. Das versuche ich herauszufinden. Mit allen Möglichkeiten, die die Polizei in so einer Sache in Erwägung zieht. Ich mache meine Arbeit, verstehen Sie das?«
    Er war gegen Ende lauter geworden. Gerd Jessen sah ihn erschrocken an.
    »Ich wollte Sie nicht angreifen. Ich habe nur nicht verstanden, warum Sie mir die eine oder andere Frage gestellt haben.«
    Kepplinger ärgerte sich darüber, dass er so energisch reagiert hatte. Er notierte sich die Telefonnummern, mit denen er Jessen erreichen konnte und begleitete ihn zur Tür.
    »Ich werde Sie auf dem Laufenden halten. Bestimmt habe ich noch einige Fragen an Sie. Fahren Sie nicht allzu weit weg und lassen Sie Ihr Mobiltelefon eingeschaltet.«
    »Ich bin zu Hause. Finden Sie heraus, wo meine Tochter ist.«
    Er begleitete ihn zum Ausgang, ohne auf die Forderung einzugehen. Dann fiel ihm noch etwas ein.
    »Herr Jessen, haben Sie einen Schlüssel für die Wohnung Ihrer Exfrau?«
    »Nein, schon lange nicht mehr. Sie hat die Schlösser austauschen lassen.«
    Kepplinger blickte ihm nach, bis er hinter einer Gebäudeecke verschwunden war und überlegte, ob er etwas übersehen oder eine wichtige Frage nicht gestellt hatte. In der Ferne vernahm er das Geräusch eines Helikopters.

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