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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Frech
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Moritz schloss die Augen und konzentrierte sich auf die dumpfen Schläge der Rotorblätter.
    Eine Bell UH-1D , erriet er. Ein »Teppichklopfer«, so hatten sie die Maschine aufgrund des charakteristischen Klangs genannt. Der Hubschrauber hatte jahrelang zum Inventar der Landespolizei gehört.
    »Ich weiß nicht, wie ich beginnen soll.«
    »Dann stelle ich Ihnen eine Frage.«
    »In Ordnung.«
    »Sagen Sie, Moritz, wie kamen Sie darauf, zum SEK zu gehen?«
    Er musste nicht lange nachdenken. »Ich war sieben Jahre alt …«, begann er.
    Sie sah ihn erstaunt an.
    »… Ich weiß, das klingt komisch.«
    »Es klingt nicht komisch … Es ist nur … Irgendwie habe ich damit gerechnet, dass Sie sich das schon lange in den Kopf gesetzt hatten. Aber erzählen Sie weiter … ich bin gespannt.«
    »Nun, damals sind häufig ihre Hubschrauber über unseren Garten geflogen. Wir haben nur einen Kilometer von einem Übungsplatz der Spezialeinheit entfernt gewohnt.«
    Sie sah ihn aufmunternd an. »Wenn Sie möchten, schließen Sie die Augen, vielleicht fällt es Ihnen dann leichter.«
    Als die Maschine außer Hörweite war, öffnete er die Augen. Hoffentlich hat mich niemand beobachtet, dachte er. Im Treppenhaus beschloss Kepplinger, direkt bei den Kollegen der Kriminalinspektion vier vorbeizugehen, um eine Fahndung nach dem Mädchen einleiten und die Eltern routinemäßig in den polizeilichen Datenbanken überprüfen zu lassen. In dem Moment erhielt er eine Textnachricht auf seinem Mobiltelefon.
    Alexander Giebel stülpte sich die Einweghandschuhe von den Händen und warf sie mit einer lässigen Bewegung in einen Treteimer. Er war seit sechzehn Stunden auf den Beinen und brauchte dringend eine Kaffeepause. Er fühlte sich müde und ausgelaugt. Und er freute sich auf das Schichtende und zwei freie Tage. In zwei Stunden würde er seine Sachen zusammenräumen und zu seiner Freundin nach Tübingen fahren. Sie sahen sich leider viel zu selten, seit er in Göppingen arbeitete und sie mit ihrem Forschungsprojekt am sportmedizinischen Institut der Universität beschäftigt war. Als Medizinstudent hatte er sich auf die Klinikarbeit gefreut und es nicht erwarten können, sein Wissen in die Praxis umzusetzen. Natürlich hatte er von den Arbeitsbedingungen in Kliniken gehört und war sich darüber im Klaren gewesen, dass ihn als Assistenzarzt eine harte Zeit bei niedriger Bezahlung erwarten würde. Aber mittlerweile machte ihm der Dauerstress zu schaffen. Zuerst war es der Magen, den er immer häufiger mit säurehemmenden Medikamenten zu beruhigen versuchte. Und vor ein paar Wochen hatte er einen Tinnitus bekommen und war sich bis heute nicht sicher, ob der Dauerton in seinem rechten Ohr verschwunden war.
    Der Aufenthaltsraum war leer. Aus einem Radio auf der Küchenzeile dröhnte ein alter Bon Jovi Song. Er drehte die Lautstärke zurück und schenkte sich aus einer Thermoskanne lauwarmen Kaffee ein. Im Kühlschrank fand er einen Joghurt, dessen Haltbarkeitsdatum überschritten war. Wird keinen stören, wenn ich den esse, murmelte er und griff nach dem Becher.
    Immer wieder kam ihm die Patientin in den Sinn, die am Morgen auf seine Station gebracht worden war. Er rätselte immer noch, welche Umstände zu der Schwere des Schocks geführt hatten. Der Zustand von Susanne Jessen war alles andere als stabil. Wenn ihrer Tochter tatsächlich etwas zugestoßen war, würde sie das sicherlich kaum verkraften können. Aus irgendeinem Grund berührte ihn das Schicksal dieser Frau.
    Er dachte an das Gespräch mit dem Kriminalbeamten und machte sich eine Notiz auf eine herumliegende Serviette: Kriminalpolizei anrufen. Dann bemühte er sich, gedanklich etwas Abstand von dem Fall zu gewinnen und dachte daran, was alles noch vor dem Feierabend zu erledigen war. Er rückte einen zweiten Stuhl heran und schlug die Beine darauf übereinander. In dem Moment, als er an der Kaffeetasse nippte, tönte eine Durchsage aus dem Lautsprecher über dem Türrahmen.
    »Herr Giebel, bitte sofort in die Ambulanz.«
    Auf dem Rückweg in sein Büro las Kepplinger die Textnachricht. Sie stammte von Valerie:
    Sorry, dass ich am Samstag so kurz angebunden war ;-)
    Wünsch dir viel Glück auf der neuen Dienststelle. V.
    PS: Vergiss die Kartons nicht!
    Die Nachricht erinnerte ihn an seinen Ärger nach ihrem Anruf am Wochenende und an den Traum in der letzten Nacht. Immerhin schien sie ihren Fehler einzusehen und versuchte, die Wogen zu glätten. Doch der Hinweis auf die Kartons war

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