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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Frech
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hatte heute Nacht mit dem Fall um das vermisste Kind aus Süßen zu tun. Ich wollte fragen, ob ihr schon was Näheres wisst?«
    Im ersten Moment neigte er dazu, die Kollegin darum zu bitten, in ein paar Tagen wieder anzurufen. Schließlich entschied er sich anders und fasste in wenigen Sätzen das zusammen, was er bisher wusste.
    »Warum interessiert dich das so sehr?«, erkundigte er sich.
    »Ich weiß nicht, ich hatte von Anfang an ein komisches Gefühl.«
    »Was meinst du damit, von Anfang an?«
    »Seit ich heute Nacht von dem Anruf der Mutter erfahren habe.«
    »Kennst du die Familie?«
    »Ja. Wir waren schon ein paarmal wegen Streitigkeiten und Ruhestörungen dort. Vor ungefähr drei Monaten kam es zu einer etwas heftigeren Auseinandersetzung.«
    »Was ist passiert?«
    »Gerd Jessen hat seine Exfrau geschlagen und im Schlafzimmer eingesperrt. Die Tochter ist davon gelaufen und bei einer Freundin untergekommen.«
    Also doch nicht das erste Mal, dachte Kepplinger. Jessen hat mich angelogen.
    »Hattest du Kontakt zu dem Vater des Mädchens?«
    »Ich habe ihn während der Vernehmungen kennengelernt. Er hat sich wie ein Schwein benommen. Ich traue ihm alles zu.«
    Kepplinger überlegte. Vielleicht konnte sie für die Ermittlungen von Nutzen sein. In jedem Fall kannte sie die Familie besser als er selbst. Er rechnete damit, dass seine Kollegen um die Mittagszeit zurück auf der Dienststelle sein würden.
    »Kannst du kurz nach zwölf hier sein?«, fragte er.
    »Wozu?«
    »Ich möchte mich gerne noch genauer mit dir zu dem Fall besprechen, nur habe ich gerade keine Zeit. Und es wäre gut, wenn du der gesamten Ermittlungsgruppe nochmals schilderst, was letzte Nacht passiert ist und was du sonst über die Familie weißt. Vielleicht fällt dir bis dahin noch mehr ein, was uns weiterhelfen kann.«
    Lea Thomann zögerte kurz, dann willigte sie ein.
    »O.k., ich bin da.«
    Die Vorzimmerdame des Göppinger Polizeichefs war noch um einiges sturer als diejenige, die ihm am Morgen den Einlass in das Gebäude der Kriminalpolizei so schwer gemacht hatte.
    Er musste mehrmals erklären, wer er war, bei welcher Dienststelle er arbeitete und mit wem er sprechen wollte.
    »Ich habe die strikte Order, keine Telefonate durchzustellen.«
    Kepplinger spürte, wie er langsam die Geduld verlor.
    »Dann klopfen Sie eben an und bitten Sie Herrn Brandstätter kurz ans Telefon zu kommen.«
    »Das werde ich nicht tun. Ich kenne Sie ja nicht einmal.«
    »Sie müssen mich auch nicht kennen! Es geht um den Fall, den ich Ihnen geschildert habe und darum, dass ich meinen Chef sprechen muss und zwar sofort.«
    »Ich verbitte mir Ihren Tonfall. Glauben Sie etwa, ich werde jetzt einfach in die Sitzung hineinplatzen wegen einer Vermisstensache? – Da könnte ja jeder kommen!«
    Ihr Starrsinn und die Überheblichkeit in ihrer Stimme brachten ihn beinahe zum Platzen.
    »Dann tue ich das eben«, sagte er und knallte den Hörer auf den Apparat.
    »Meinst du, das ist eine gute Idee?«, fragte Franziska, nachdem er ihr sein Vorhaben erklärt und sich danach erkundigt hatte, wo die Chefrunde tagte.
    »Ich habe zumindest keine bessere«, sagte er. »Wir können doch nicht ohne den Inspektionsleiter das große Programm in Gang setzen!«
    »Sicher nicht. Ich wünsch dir viel Glück.«
    Kepplinger nickte und machte sich auf den Weg.
    »Sie können hier nicht rein.« Die groß gewachsene Frau überragte ihn um eine Kopflänge. Sie roch penetrant nach Kölnisch Wasser. Kepplinger atmete durch den Mund. Die Sekretärin stellte sich breitbeinig, mit verschränkten Armen vor die Tür des Besprechungsraums, indem die Organisationsleiter der Polizeidirektion saßen.
    »Ich muss!«, sagte Kepplinger entschlossen und klopfte zweimal kräftig gegen die dicke Eichenholztür.
    Erschrocken wich die Chefsekretärin zur Seite, als von drinnen ein mürrisches »Ja!« zu hören war.
    Behutsam drängte er die Dame zur Seite und drückte den schwergängigen Griff nach unten.
    Alle Anwesenden drehten die Köpfe und musterten ihn als ob er eine Clownsnase tragen würde. Am oberen Tischende saß der Direktionsleiter und glotzte ihn mit versteinerter Miene über die Ränder einer altmodischen Hornbrille fragend an. In der Hand hielt er ein Schreiben des Innenministeriums, aus dem er bis vor wenigen Augenblicken zitiert hatte. Auf seinen Schulterklappen glänzten vier goldene Sterne. Er warf das Schreiben demonstrativ auf den Tisch und beendete die eingetretene Stille mit einem kurzen

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