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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Frech
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eine unnötige Provokation. Sie hatten vereinbart, dass er seine Sachen am nächsten Wochenende abholen würde. Es war einfach unverschämt, ihn bereits am Montagmorgen daran zu erinnern. Er begann, eine bissige Antwort zu tippen, brach aber mitten im Text ab. Es war besser, mit ihr zu sprechen. Das sinnlose Hin- und Herschreiben führte doch nur zu Missverständnissen. Davon hatte er genug. Er nahm sich vor, sie am Abend anzurufen. Ihm graute bei der Vorstellung, die Umzugskartons abzuholen. Am besten, sie wäre nicht da, wenn er die Sachen aus ihrem Keller räumen würde. Er steckte das Telefon weg und zwang sich, wieder Polizist zu sein.
    Er stellte den Motor ab und ließ den Wagen ausrollen. Auf dem Parkplatz standen ein halbes Dutzend Fahrzeuge. Ein älterer Mann lehnte an einem Geländewagen und schlüpfte aus einem Wanderschuh. Vor ihm lagen ein paar Sandalen – genau an der Stelle, an der er das Mädchen aus dem Wagen gezerrt hatte und auf dem Schotter ein Blutfleck zurückgeblieben war. Gespannt beobachtete er die Szene. Aber dem Mann schien nichts aufzufallen. Er verstaute seine Stiefel im Kofferraum des Wagens, stieg ein und manövrierte das Auto aus der Parklücke. Als das Fahrzeug auf gleicher Höhe war, drehte er den Kopf zur Seite, um nicht erkannt zu werden. Er öffnete das Seitenfenster und horchte. Der Wald war leise. Nur ein leichter Wind streifte sein Gesicht. Er stieg aus und ging langsam durch das Gehölz in den Mischwald. Vergeblich suchte er die Stelle, an der er das Mädchen zurückgelassen hatte. Nichts erinnerte an die Bilder in den Albträumen. Er zuckte zusammen, als in der Nähe plötzlich ein Specht gegen einen Baum hämmerte. Langsam tastete er sich durch das immer dichter werdende Unterholz. Nach einer Weile kam er unverhofft wieder am unteren Bereich des Parkplatzes an. Durch einige Sträucher hindurch erkannte er die Umrisse der Fahrzeuge. Als er eine Gruppe Spaziergänger sah, duckte er sich hinter einen Busch. Beim Aufstehen streifte er mit dem Gesicht einen Dornenzweig und zog sich einen Kratzer an der linken Wange zu. Er berührte die Stelle, um festzustellen, ob er blutete. Verärgert ging er zum Wagen zurück und beschloss, später wiederzukommen. Vorsichtshalber knöpfte er sein Hemd auf. Im Achselbereich hatten sich faustgroße Schweißränder gebildet.
    Auf der Heimfahrt suchte er krampfhaft nach einer Ausrede für den Kratzer in seinem Gesicht.
    »Und?« Franziska erwartete ihn bereits auf dem Flur. »Hast du etwas rausbekommen?«
    »Nicht wirklich.«
    »Die Rektorin sagt, dass sie nicht in der Schule sei.«
    »Das habe ich befürchtet. Dann müssen wir davon ausgehen, dass etwas Ernsthaftes passiert ist.«
    Die Sekretärin sah ihn erstaunt an. Er wusste nicht, wie er seine Vermutung erklären sollte. Außer damit, dass das Mädchen seit Freitag als vermisst galt und nicht in der Schule war.
    Er rieb sich die Stirn und blickte auf die Uhr. Es war halb elf. Seitdem er die Räume der Inspektion am Morgen zum ersten Mal betreten hatte, waren erst etwas mehr als zwei Stunden vergangen. Doch ihm kam es so vor, als ob er seit Wochen hier arbeiten würde. Gleichzeitig dachte er daran, dass er in diesem Fall keine Zeit verlieren durfte.
    »Wann kommt der Chef von seiner Besprechung zurück?«
    Franziska warf ebenfalls einen kurzen Blick auf die Uhr.
    »Normalerweise nicht vor elf. Manchmal früher, manchmal später, das kann man nie genau sagen.«
    Moritz schnaufte laut durch die Nase. Er musste sofort einige Entscheidungen treffen. Vermutlich würde er, ganz gleich, was er unternahm, einen Fehler machen.
    Egal, dachte er. Es geht um das Leben des Mädchens.
    Er wandte sich wieder der Sekretärin zu.
    »Du rufst jetzt alle Kollegen dieser Inspektion an und sagst ihnen, sie sollen alles stehen und liegen lassen und hierherkommen. Sag ihnen, es geht um ein zehnjähriges Kind, das seit Freitag vermisst wird.«
    Franziska starrte ihn mit großen Augen an.
    »Meinst du das ernst?«
    »Ja, sicher. Und ich kümmere mich darum, Brandstätter hierherzubekommen.«
    In dem Augenblick, als er nach dem Telefonhörer griff, um das Vorzimmer des Polizeidirektors anzurufen, klingelte der Apparat. Kepplinger nahm nach dem ersten Läuten ab.
    »Hallo, hier spricht Lea Thomann. Ich hab vorhin schon mal angerufen.«
    Kepplinger kramte nach der Notiz, die Franziska ihm vor der Vernehmung zugesteckt hatte.
    »Ja, genau. Wie kann ich dir helfen?«
    »Ich arbeite im Streifendienst beim Polizeirevier und

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