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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Frech
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keinerlei Verdachtsmomente. Sie schien völlig ahnungslos.
    Wer kam sonst noch in Betracht? Mittlerweile hatten sie sämtliche Bezugspersonen ohne einen brauchbaren Hinweis befragt. Manuelas Oma litt an Alzheimer und verbrachte ihren Lebensabend in einem Feierabendheim. In ihrer E-Mail teilten die Hamburger Kollegen mit, dass sie sich in der Befragung nicht an ihr Enkelkind erinnerte.
    Es war zum Verrücktwerden. Sie hatten mit einer einzigen Ausnahme nichts in der Hand. Und diese Ausnahme hieß Lars Kaufmann.
    Im Augenblick kam nur er in Betracht, da er sich im relevanten Zeitraum in Süßen aufgehalten und möglicherweise ein Motiv hatte. Wenn er in den Fall verwickelt war, würden die Stuttgarter Kollegen das sicher bald herausgefunden haben. Der VW-Bus war in der Spurensicherung. Das Wohnhaus von Kaufmann wurde von oben bis unten durchsucht. Sollte er etwas mit dem Fall zu tun haben, würde es eine Menge brauchbarer Spuren geben, die mit der DNA von Manuela verglichen werden konnten. Kaufmann würde keine Chance haben. Wenn.
    In ihm brodelte eine Mischung aus Ungeduld und Wut. Oder war es Hilflosigkeit? Seit dem Verschwinden von Manuela war beinahe eine Woche vergangen, und die bisherigen Erkenntnisse waren mehr als dürftig. Aufgrund der Zeitspanne mussten sie von einem Verbrechen ausgehen. Aber von welchem? Und wenn es ein Tötungsdelikt war, warum gab es dann keine Leiche? Keinen Spaziergänger oder Bauarbeiter, der die Tote irgendwo fand?
    Moritz hatte das Gefühl, langsam aber sicher die Nerven zu verlieren. Es gab Tausende von Fragen, die ihm durch den Kopf gingen, aber nicht eine einzige Antwort. Oder hatte er etwas übersehen?
    Man sieht nur, was man weiß.
    Er griff nach der Ermittlungsakte und las zum wiederholten Mal jedes Detail. Manchmal machte er eine Notiz am Rand oder unterstrich eine Aussage, die ihm bislang nicht aufgefallen war, um später ihre Bedeutung im Zusammenhang zu hinterfragen. Nach einer Stunde war er fertig und lehnte sich erschöpft zurück. Er hatte den Eindruck, ein Stück weitergekommen zu sein, obwohl er nichts wirklich Neues in der Hand hatte. Aber er verfügte jetzt über ein klareres Bild. Sein Gespür sagte ihm, dass sie einen Großteil möglicher Szenarien ausschließen konnten.
    Dennoch, irgendetwas übersah er, das spürte er. Aber sosehr er sich bemühte, es fiel ihm nicht ein. Es war, als ob er eine Melodie im Kopf hatte und krampfhaft versuchte, sich an den Namen des Interpreten oder des Titels zu erinnern.
    Irgendwann wird es mir einfallen, dachte er. Hoffentlich nicht dann, wenn es zu spät ist.
    Überall stand verschmutztes Geschirr. Auf einem Pappkarton lag ein Rest Pizza. Der Belag war bereits mit grünlichem Schimmel überzogen. Aus dem Mülleimer drang der beißende Geruch einer halbleeren Fischkonserve. Die Küche war nicht sein Revier. Das war die Arbeit seiner Lebensgefährtin gewesen. Der Teufel soll sie holen, fluchte er, angesichts des Drecks. Davon abgesehen war er froh, dass sie ihn verlassen und sich seitdem nicht mehr gemeldet hatte. Am Morgen hatte er überlegt, ob er eine Putzhilfe einstellen sollte. Jetzt verwarf er den Gedanken wieder. Er wollte keine Frau mehr im Haus haben. Nachdem er keine saubere Tasse fand, beschloss er, in dem Bistro um die Ecke zu frühstücken.
    Dort entschied er sich für ein Wurstbrötchen und Kaffee. In einem Wandregal steckten Zeitungen und Magazine. Er griff nach dem Stadtanzeiger, während die Bedienung seine Bestellung brachte. Der Kaffee war so heiß, dass er sich die Zunge verbrannte. Er stieß einen lauten Fluch aus. Das Mädchen kam erschrocken zu seinem Tisch gerannt. Er entschuldigte sich und bat um ein Glas kaltes Wasser. Als er den Lokalteil aufschlug und sein Blick auf die Überschrift des Leitartikels fiel, stieß er vor Schreck das Wasserglas vom Tisch. Wie gebannt starrte er auf das Foto, das fast die halbe Seite einnahm. Das Kind sah ihm direkt in die Augen. Er rannte, ohne zu bezahlen, aus dem Lokal, die Zeitung noch immer in seiner geballten Faust. Das Mädchen starrte ihm fassungslos hinterher. Sie war unschlüssig, ob sie ihren Chef oder die Polizei über den Vorfall informieren sollte. Doch dann legte sie das Brötchen zurück in die Auslage, leerte den Kaffee in den Ausguss und machte sich auf die Suche nach einer Kehrschaufel.
    Wie an jedem Werktag drängte sich eine zähfließende, kilometerlange Blechlawine auf der Bundesstraße zehn in Richtung Stuttgart. Moritz Kepplinger trommelte nervös mit

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