Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)
Gar nichts.«
»Für mich klingt das nicht besonders verdächtig«, sagte Wolfgang Herder verächtlich. »Was hat es mit dem verkohlten Teil auf sich?«
»Jetzt wartet doch und lasst mich ausreden. Letzte Nacht hat Molnar beobachtet, wie Sander gegen zwei plötzlich vor der Scheune auftauchte, etwas mit Benzin übergoss und anzündete. Dabei habe er wie ein Verrückter geschrien. Heute Morgen dann hat er diesen Gegenstand gefunden.«
Kepplinger griff nach der Tüte und musterte den Inhalt. »Was soll das sein?«
»Molnars Frau glaubt, es könnte etwas mit dem vermissten Kind zu tun haben, deswegen hat sie ihn hergeschickt.«
»Hast du diesen Sander überprüft?«
»Ja! Er ist ein unbeschriebenes Blatt. Aber ich muss hinzufügen, dass Molnars Frau offenbar immer wieder bei der Polizei anruft und sich über irgendjemanden beschwert oder verdächtige Vorgänge beobachtet haben will. Das habe ich vom Leiter des Streifendienstes erfahren.«
Kepplinger blickte in die Runde.
»Was haltet ihr von dieser Geschichte?«
»Manche Leute hören das Gras wachsen«, sagte Wolfgang Herder. »Das ist doch Mist!«
Die Mehrheit der Kollegen pflichtete ihm bei. Kepplinger war unschlüssig. Mittlerweile gab es Dutzende solcher Hinweise, und sie konnten unmöglich allen nachgehen. Trotzdem fand er die Beobachtungen des Bauern sehr ungewöhnlich. »Wir geben den Gegenstand ins Labor. Wenn wir Zeit haben, nehmen wir uns diesen Sander und seine Scheune vor«, entschied Kepplinger. »Möchte noch jemand etwas sagen?«
Lea meldete sich zu Wort und gab zu bedenken, dass Kaufmann das vermisste Kind an einem unbekannten Ort versteckt halten könnte und es nach dessen Verhaftung auf sich alleine gestellt war. Sie nannte drei vergleichbare Fälle von Kindesentführungen der vergangenen zehn Jahre in Europa, in denen es so gewesen war.
»Das wäre eine Katastrophe«, seufzte Brandstätter und nestelte aufgeregt an seiner Krawatte. »Dazu noch bei dieser Hitze.«
Wolfgang Herder nickte zustimmend. Die anderen ignorierten die Bemerkungen ihres Vorgesetzten. Salvatore bot sich an, sämtliche Fälle in Deutschland und dem angrenzenden Ausland zu überprüfen. Möglicherweise gab es Parallelen in der Vorgehensweise.
»Auf jeden Fall sollten wir die Kollegen in Stuttgart nochmal für unseren Fall sensibilisieren. Sie müssen in ihren Vernehmungen unbedingt herausfinden, ob Kaufmann für unseren Fall in Frage kommt«, sagte Kepplinger.
»Vielleicht solltest du dabei sein«, schlug Markus Ackermann vor.
Es stimmte, Kaufmann war im Moment ihre einzige brauchbare Spur, und die Kollegen waren mit dem Fall nicht vertraut. Es könnte leicht passieren, dass ein entscheidender Hinweis verloren ging. Kepplinger entschied, am nächsten Morgen nach Stuttgart zu fahren, um der Vernehmung von Lars Kaufmann beizuwohnen. Damit war die Besprechung zu Ende.
Als er sich gegen halb neun auf den Nachhauseweg machte, war er so hungrig, dass er an einer Frittenbude hielt und sich zwei Hamburger und Pommes bestellte. Dazu trank er eine eiskalte Cola. Danach war ihm beinahe schlecht, weil er so hastig gegessen und getrunken hatte. In der Wohnung angekommen, sehnte er sich nach Schlaf. Er beschloss, gleich ins Bett zu gehen, obwohl es draußen noch taghell war. Im Badezimmer betrachtete er sein Gesicht im Spiegel. Es hatte wenig Ähnlichkeit mit dem, das er kannte, und er gewann den Eindruck, während der letzten Tage um Jahre gealtert zu sein.
Er stellte den Wecker und drehte sich auf die Seite. Zuerst wusste er nicht, woher das Geräusch kam. Erst nachdem er sich die Decke über den Kopf gezogen hatte, bemerkte er, dass der Piepton von seinem rechten Ohr ausging. Die hohe Frequenz erinnerte ihn an einen Hörtest. Vermutlich waren die Schüsse in Kaufmanns Haus die Ursache. Die Erinnerung an die Situation und die Vorstellung, dass das Ganze nur mit viel Glück so harmlos für ihn ausgegangen war, ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. Unruhig wälzte er sich im Bett hin und her. Dabei kamen ihm die Albträume in den Sinn, die ihn während seiner sechsmonatigen Ausbildungszeit beim SEK regelmäßig geplagt hatten.
Sie hatten Spaghetti gekocht. In der Praxis gab es eine Küchenzeile und einen kleinen Esstisch.
»Mittags koche ich mir immer eine Kleinigkeit.«
Sie aßen schweigend.
Nach dem Essen fragte sie, ob er noch dableiben wollte, sie hätte bis vier Uhr Zeit.
»Wenn es für Sie in Ordnung ist?«
»Sonst hätte ich nicht gefragt.«
Sie setzten sich wieder
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