Hochzeit im Herbst
gebracht hatte, kam er mit den Kühen, die draußen gestanden hatten, zurück.
„Ich wusste gar nicht, dass Kühe fressen, während sie gemolken werden.”
„Das Futter ist die Belohnung.”
Er schenkte ihr wenig Aufmerksamkeit, während er die Tiere in die Boxen führte und die Pumpen an die Euter anschloss. „Mit der Melkmaschine melkt man natürlich wesentlich mehr Kühe in derselben Zeit als per Hand.”
„Und es ist bestimmt keimfreier.”
„Stimmt. Wenn man Milch Klasse A produzieren will, muss man sich schon an gewisse Standards halten.”
„Wie wird die Milch denn klassifiziert?”, fragte sie neugierig, nahm sich jedoch gleich zurück. „Entschuldige bitte. Das sind zu viele Fragen. Ich störe.”
„Richtig.” Doch als die Maschinen die Arbeit übernommen hatten, kam er zu ihr. „Was willst du hier, Rebecca?”
„Das habe ich doch schon gesagt. Ich war einfach spazieren.”
Er zog die Brauen hoch und hakte die Daumen in seine Taschen. „Und dann hast du beschlossen, den Kühen einen Besuch abzustatten?”
„Ich hatte keinen Plan.”
„Das ist für deine Verhältnisse ungewöhnlich.”
„Stimmt.” Natürlich war die Farm ihr Ziel gewesen, was auch immer sie sich zu Beginn ihres Spaziergangs eingeredet haben mochte. „Vermutlich hatte ich das Gefühl, dass es bei uns einen gewissen Klärungsbedarf gibt.
Ich möchte nicht, dass die Dinge zwischen uns so kompliziert sind, weil ich viel mit deiner Familie zu tun habe, während ich hier bin.”
Er war sich nicht ganz sicher, welche der beiden Rebeccas, die er mittlerweile kennengelernt hatte, er im Moment vor sich hatte. „Ich habe dich bedrängt”, stellte er trocken fest. „Wil st du, dass ich mich entschuldige?”
„Das ist nicht nötig.”
„Soll ich es vielleicht noch einmal machen? Ich habe große Lust, dich jetzt auf der Stelle zu küssen.”
„Ich bin mir sicher, dass du Lust hast, jede Frau jederzeit zu küssen.”
„Stimmt. Aber du bist gerade da.”
„Ich werde es dich wissen lassen, ob und wann ich von dir geküsst werden will.” Um ihm zu verdeutlichen, dass im Moment ganz sicher nicht der richtige Zeitpunkt dafür war, wandte sie sich ab und begann auf und ab zu gehen. „Mein Problem ist, dass, solange diese …”
„Anziehungskraft?”, schlug er vor. „Lust?”
„Spannung”, sagte sie. „Solange diese Spannung zwischen uns herrscht, fällt es mir sehr schwer zu arbeiten. Aber ich will arbeiten, kann es jedoch nicht, solange ich mich durch unerwünschte Annäherungsversuche abgelenkt fühle.”
„Unerwünschte Annäherungsversuche.” Statt verärgert zu sein, musste er an sich halten, um nicht laut herauszulachen. „Verdammt noch mal, Rebecca, ich finde es einfach zu herrlich, wie hochgestochen du dich manchmal ausdrückst. Sag doch bitte noch so etwas.”
„Ich bin überzeugt davon, dass du eher daran gewöhnt bist, dass die Frauen vor dir auf den Knien herumrutschen”, gab sie kühl zurück. „Oder dir Pfirsichkuchen vorbeibringen. Ich will einfach nur sicherstellen, dass du weißt, was nein bedeutet.”
Seine Belustigung ließ merklich nach. „Du hast also gestern Abend nein gesagt?”
„Der Punkt ist doch …”
„Ich hätte dich nehmen können, direkt auf dem Fußboden in der Küche meines Bruders, das weißt du ebenso gut wie ich.”
„Du überschätzt dich, Farmboy.”
„Pass auf, was du sagst, Becky”, gab er sanft zurück. „Vielleicht solltest du lieber bei der Wahrheit bleiben. Und die ist nun mal leider, dass du genauso interessiert bist an mir wie ich an dir. Vielleicht hat dich das zu Anfang überrascht, mag sein. Mir ist es ja auch nicht anders gegangen, aber jedenfalls sind das die Tatsachen, mit denen wir uns abfinden müssen.”
„Ich gebe zu, dass ich einen kurzen Moment interessiert war.”
„Das Wort .interessiert’ trifft es wohl nicht ganz.”
„Sag mir nicht, was ich gefühlt habe oder was ich fühle. Und bilde dir bloß nicht ein, dass ich für die nächste Kerbe an deinem Bettpfosten herhalte.”
„Fein.” Um anzudeuten, dass er das Thema als beendet betrachtete, wandte er sich wieder den Kühen zu. „Nein ist kein Wort, mit dem ich irgendwelche Schwierigkeiten hätte. Wenn du es wirklich sagst, verstehe ich es auch.”
Langsam wurde sie wieder ruhiger. „Na gut, dann könnten wir vielleicht ja …”
„Aber du solltest aufpassen, Rebecca. Weil ich nämlich ebenso wenig Schwierigkeiten habe zu merken, wenn mich jemand herausfordert. Wil
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