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Hochzeit im Herrenhaus

Hochzeit im Herrenhaus

Titel: Hochzeit im Herrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley
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sein …
    “Ah, Annis, meine Liebe – gerade wollte ich dich suchen.” Nun wandte er sich zu ihr, zog einen Brief aus der Tasche seines Reitrocks und legte ihn in ihre Hand. “Nur um zu beweisen, wie ernst ich deine Worte nehme, ritt ich schon heute in die Stadt, um meinen Geschäften nachzugehen. Sonst hätte ich an meiner Gewohnheit festgehalten und den Dienstag abgewartet.”
    Mit einem kurzen Blick auf den Brief erkannte sie Lady Pelhams unverwechselbare stilvolle Handschrift. “Und da du so gut gelaunt bist, vermute ich, niemand hat einen Anschlag auf dich verübt”, scherzte sie.
    “Nichts dergleichen”, bestätigte er lächelnd. “Trotzdem will ich nicht bestreiten, dass ich auf dem Rückritt besonders wachsam war.” Sein Gesicht nahm wieder ernstere Züge an. “Und nachdenklich. Unentwegt zerbreche ich mir den Kopf und versuche mich zu entsinnen, ob ich irgendetwas getan habe, das jemanden veranlassen könnte, tödliche Rache an mir zu üben. Aber mir fällt nichts ein, Annis, mein Engel.”
    Entschlossen ignorierte sie das Kosewort und richtete ihren Blick auf das Porträt. “Was für den alten Viscount sicher nicht gilt. Die Sünden der Väter …”
    “Auch diese Möglichkeit zog ich in Betracht.” Nicht zum ersten Mal bewunderte er ihren Scharfsinn. “Da gibt es allerdings ein Problem. In den letzten Jahren haben mein Vater und ich uns immer mehr entfremdet. Zynisch und in sich gekehrt, zog er seine Einsamkeit vor, und ich weiß fast nichts über sein Leben. Um ihn zu verteidigen, muss ich ihm jedoch zugestehen, dass ich niemals etwas Ehrenrühriges über ihn gehört habe. Nur einen einzigen Vorwurf durfte man ihm machen – dass er Lord Fanhope in einer finanziellen Angelegenheit schlecht beraten hat.”
    Wie ihre klaren graugrünen Augen verrieten, genoss er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
    “Das ist unverständlich, denn er war ein ausgezeichneter Geschäftsmann, und er wählte stets die besten Investitionen aus. Viele Gentlemen verließen sich auf sein Urteil. Soviel ich weiß, unterlief ihm nur jener eine Fehler. Für diese Investition lieh sich Lord Fanhope eine beträchtliche Summe, in der sicheren Hoffnung, es würde sich lohnen. Auch mein Vater wollte etwas Geld in dieses Unternehmen stecken, allerdings nicht so viel wie unser Nachbar. Und dann schlug das Schicksal zu. Wenige Tage, bevor er die Unterschrift leisten sollte, erfuhr er von der Notlage eines Freundes, den er an der Universität kennengelernt hatte – und der nun im Schuldgefängnis saß.” Greythorpe lächelte grimmig. “So verwunderlich es auch erscheinen mag, war mein Vater hin und wieder zu selbstlosen Gesten fähig – zumindest in früheren Jahren, bevor ihn seine Verbitterung vollends übermannte. Und so benutzte er die Summe, die für die Investition in jenes Handelsgeschäft bestimmt war, um die Schulden seines Freundes zu begleichen. Der betreffende Gentleman revanchierte sich, indem er ohne ein Dankeswort das Land verließ. Wohin er sich begeben hatte, erfuhr mein Vater nicht. Also eine sehr schlechte Geldanlage, sollte man meinen. Wie sich herausstellte, erging es Lord Fanhope nicht besser. Das Unternehmen, in das er ein halbes Vermögen gesteckt hatte, musste den Bankrott anmelden, und er verlor jeden einzelnen Penny. Zehn Jahre später, während er immer noch unter den Folgen des Missgeschicks litt und seine Familie zu strikter Sparsamkeit gezwungen war, erschien ein Fremder in Greythorpe Manor – im Auftrag des Mannes, der nach seiner Entlassung aus dem Schuldgefängnis wie vom Erdboden verschwunden war. Dieser Bote überreichte meinem Vater mehrere exquisite Juwelen, die jetzt den Hauptbestandteil des Familienschmucks bilden, zudem eine Geldanweisung. Darauf war eine Summe angegeben, die den damals entrichteten Betrag zur Begleichung der Schulden bei Weitem übertraf. Wie mein Vater herausfand, war sein Freund nach Südamerika ausgewandert und auf eine Smaragdmine gestoßen, die ihm zu unermesslichem Reichtum verholfen hatte. Natürlich erscheint es ungerecht, dass der eine Mann wegen einer vermeintlich lukrativen Investition alles verlor – während dem anderen, der nur zufällig davon Abstand genommen hatte, ein Vermögen in den Schoß fiel.”
    “Falls Lord Fanhope in Wut geriet, wäre es verständlich”, meinte Annis nach einer kurzen Pause. “Aber falls er deinem Vater die Schuld an seinem Pech gab, hat er sehr lange gewartet, um sich zu rächen.”
    “Genau”, stimmte der Viscount zu.

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