Hochzeit im Herrenhaus
Fanhope hat die Herausforderung akzeptiert. Also müssen die Dinge ihren Lauf nehmen.”
Was er entschieden hatte, klang endgültig. Klugerweise versuchte der Colonel nicht, ihn erneut zu bedrängen. Stattdessen suchte er Trost bei seiner Schnupftabakdose. Vor lauter Aufregung nahm er eine zu große Prise und musste heftig niesen. Die Wolke aus bräunlich gelbem Pulver, die in die Luft stieg, veranlasste einige Leute, zurückzutreten. Und Annis’ Gegner holte sein Taschentuch hervor.
Und da fiel es Greythorpe wie Schuppen von den Augen. Nein, es gab keinen Zweifel, obwohl Charles Fanhope das feine weiße Leinentuch ostentativ umherschwenkte, bevor er es wieder in die Tasche steckte. Noch wichtiger – seine Gegnerin ließ sich ebenso wenig täuschen. Und so fand der Viscount es nicht verwunderlich, was jetzt geschah.
Annis legte drei Karten ab und ersetzte sie mit jenen, die auf dem Päckchen in der Tischmitte zuoberst lagen. Dann erklärte ihr Gegner seine Absicht, diesem Beispiel zu folgen. Als er nach den Karten griff, umfassten Annis’ schmale Finger sein Handgelenk und drehten es herum, ehe er sich wehren konnte. Die drei Karten, die ihm entglitten, entlockten mehreren Zuschauern einen Schreckensschrei.
Und danach entstand ein drückendes Schweigen, das Tom schließlich brach. “Elender Betrüger, Fanhope! Diese Karten haben Sie nicht vom Stapel genommen, sondern aus Ihrer Tasche!”
“Nein, nicht aus seiner Tasche”, widersprach Annis zur Verblüffung des jungen Mannes. “Diese Karten holte er aus seinem Ärmel. Und nicht zum ersten Mal. Sicher wird eine genauere Untersuchung seines Jacketts ein paar geschickt eingenähte Fächer enthüllen, die zahlreiche Karten enthalten.”
Obwohl Fanhope abrupt aufsprang, wirkte er eher empört als entsetzt. Verächtlich starrte er seine Anklägerin an. “Von einer Dame Ihres Formats hätte ich eine so alberne Beschuldigung nicht erwartet, Miss Milbank. Hüten Sie Ihre Zunge, sonst wird Sie die Tatsache, dass Sie eine Frau sind, nicht vor mir schützen.”
“Aber
ich
werde sie schützen.”
Lord Greythorpes sanfte und zugleich energische Stimme ließ das Gemurmel rings um den Tisch verstummen. Den meisten Gästen war die Anklage gegen den Sohn eines angesehenen Nachbarn wie eine schlechte Farce erschienen. Nun wurden sie gezwungen, ihr Urteil zu revidieren. Wenn Viscount Greythorpe die diffamierende Behauptung der Dame zu unterstützen beschloss, musste es gute Gründe dafür geben.
“Am besten verschaffen wir uns Klarheit, hier und jetzt.” Tom eilte um den Tisch herum und packte die Aufschläge von Charles Fanhopes elegantem Abendfrack.
Natürlich wehrte sich der so Bedrängte verbissen. Aber ein Gentleman kam Tom zur Hilfe, und den vereinten Kräften dieser beiden war Fanhope nicht gewachsen. Noch bevor das Jackett von seinen Schultern gezerrt wurde, fielen die Beweise seiner Schuld zu Boden. Ein schriller Schrei aus der Richtung des Whist-Tisches unterbrach die lebhaften Diskussionen des Publikums, das die verstreuten Karten anstarrte, nur vorübergehend.
Nachdem der Missetäter seine vergebliche Gegenwehr aufgegeben hatte, wandte er eine andere Taktik an und behauptete, die “kleine Schwindelei” sei nur ein Scherz gewesen – die Einlösung einer Wette mit einer ungenannten Person, die bezweifelt hatte, er könnte eine Kartenpartie auf diese Weise manipulieren. Selbstverständlich hätte er keinen einzigen Penny von seinem Gewinn behalten. Aber diese plumpen Lügen stießen auf taube Ohren.
Nun erschien der Gastgeber, den irgendjemand auf den peinlichen Zwischenfall im Spielsalon hingewiesen hatte. Greythorpe war einer der Ersten, der Lord Fanhopes Anwesenheit bemerkte. Schon immer hatte er seinen Nachbarn geschätzt, und jetzt bewunderte er erneut die würdevolle Haltung des Mannes, der seinen missratenen Sohn geringschätzig betrachtete. Noch verächtlicher wandte sich der Hausherr zu dem peinlichen Spektakel, das am Whist-Tisch stattfand. Dort saß seine Frau zusammengesunken auf ihrem Stuhl, den Mund weit aufgerissen, ohne die fürsorglichen Bemühungen ihrer Freundinnen wahrzunehmen.
Als er eine Hand hob, trat Caroline an seine Seite. “Offenbar fühlt sich deine Mutter nicht wohl, meine Liebe. Würdest du sie in ihr Zimmer bringen und dich um sie kümmern?” Danach richtete er seinen frostigen Blick wieder auf den zerknirschten Sohn. “So unterhaltsam deine Aktivitäten auch waren – ich glaube, für den restlichen Abend können wir
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