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Hochzeit im Herrenhaus

Hochzeit im Herrenhaus

Titel: Hochzeit im Herrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley
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hatte, schob er die nassen Karten beiseite und nahm ein neues Päckchen aus einer Schublade an der Seite des Tisches.
    Gezinkte Karten! Ohne jeden Zweifel! Dieser infame Schwindler! Mit schmalen Augen beobachtete sie, wie er geschickt die Karten mischte.
    Zu ihrem Bedauern konnte sie das neue Päckchen nicht genauer zu inspizieren, ohne Mr. Fanhopes Argwohn zu erregen. Doch das war auch gar nicht nötig, denn mit seiner rechten Hand suchte er nach seinem Monokel. Ein nichts ahnender Beobachter mochte glauben, der Mann hätte sich angewöhnt, unschuldig mit dem schwarzen Band zu spielen, an dem das Einglas hing. Aber Annis bemerkte die zusätzlichen Gesten. Und so war sie nicht überrascht, als er die nächsten drei Spiele gewann – und damit jede Münze, die sie an diesem Abend bei sich trug.
    Während er seinen Gewinn über die Tischplatte zu sich heranschob, entdeckte Annis eine hochgewachsene Gestalt, die zwischen den Spieltischen näher kam. Lord Greythorpe hätte in keinem günstigeren Moment auftauchen können. Allerdings bezweifelte sie, dass ihr Gegner diese Ansicht teilte. Da sie ihn auch weiterhin konzentriert beobachtete, entging ihr der wachsame Ausdruck in seinen Augen nicht. Schätzungsweise verdankte er seinen Erfolg nicht nur seiner Fingerfertigkeit, sondern auch dem Talent, drohende Gefahren sofort zu wittern.
    Nachdem sie von jenem gewissen Etablissement in Oxford gehört hatte, war sie erstaunt gewesen, warum Fanhope seine Schwindeleien nicht in der Hauptstadt praktizierte. Nun erkannte sie den Grund. Obwohl er in London viel höhere Summen ergaunern könnte, würde er in fachmännischen Spielerkreisen viel eher das Risiko eingehen, entlarvt zu werden.
    Ein geübter Spieler würde ihm niemals zum Opfer fallen. Ebenso wenig ein intelligenter, erfahrener Mann wie Deverel Greythorpe. Deshalb ging Charles Fanhope in der Universitätsstadt auf Beute aus, wo jedes Jahr aristokratische Grünschnäbel eintrafen, die Söhne reicher Väter, die anstandslos alle Spielschulden bezahlten.
    Offensichtlich schreckte er nicht einmal davor zurück, Frauen zu hintergehen. Dass er sie, Annis, für ein naives Gänschen hielt, das ihm arglos auf den Leim gehen würde, war nicht besonders schmeichelhaft, geriet ihr aber zum Vorteil.
    In Deverels Gegenwart das naive Spatzenhirn zu spielen, war allerdings ein sinnloses Unterfangen. Und so konnte sie nur hoffen, der kluge Viscount würde sofort merken, was hier nicht stimmte, in dem kleinen Drama mitwirken, das sie inszenierte, und ihr notfalls helfen.
    Daran musste sie keine Sekunde lang zweifeln. Ihr strahlendes Lächeln und die klimpernden Wimpern genügten, um ihn sofort zu alarmieren.
    “Bitte, mein lieber Deverel, du darfst nicht mit mir schimpfen”, flehte sie in affektiertem Ton.
    Aber ihre Augen, die sekundenlang zur anderen Seite des Tisches hinüberblickten, sprachen eine andere Sprache. Sie spürte, dass er verstanden hatte, worum es ging.
    Die Stirn leicht gerunzelt, inspizierte er die Münzen, die Charles Fanhope gerade sortierte.
    “Ja, mein teurer Cousin, ich hatte schreckliches Pech! Du weißt, wie sehr ich es hasse, so hohe Verluste zu erleiden.”
    Noch eine eklatante Lüge, falls er eine gebraucht hätte, um seinen Verdacht bestätigt zu finden … Irgendetwas war hier faul. Das wusste er, denn er hatte oft genug mit Annis Karten gespielt, und sie war niemals aus der Fassung geraten. Außerdem ließ sie sich, wenn sie von einer Pechsträhne verfolgt wurde, niemals dazu überreden, ihr Glück noch einmal zu versuchen. Normalerweise hätte sie die Kartenpartie mit Fanhope längst beendet, statt so viel Geld einzubüßen.
    “Wärst du so freundlich – würdest du Mr. Fanhope versichern, dass er nicht zögern muss, einen Schuldschein von mir anzunehmen, Deverel?”, bat sie in einschmeichelndem Ton.
    “Oh, da fällt mir eine viel bessere Lösung ein, Annis, mein Liebling”, erwiderte der Viscount und unterbrach Fanhopes gestotterte Beteuerung, er würde niemals an Miss Milbanks Integrität zweifeln.
    Lächelnd genoss Deverel die Verwirrung, die er in Annis’ Augen las und die der unerwartete Kosename hervorgerufen hatte. Dann griff er in eine Tasche und warf eine schwere Börse direkt vor ihr auf den Tisch. “Eigentlich wollte ich heute Abend selber spielen. Aber darauf verzichte ich, da ich die Rolle deines Bankiers übernehmen muss. Nur eins musst du mir versprechen – verspiel nicht auch noch das Hemd, das ich am Leib trage.”
    Natürlich

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