Hochzeit in Glenrae
sein könnte, hatte sie seltsamerweise noch gar nicht in Betracht gezogen. Sie war versucht, sich leise zurückzuziehen, aber dann riss sie sich zusammen und trat entschlossen auf die breite Terrasse hinaus.
Das Paar wandte sich Jenna zu und blickte ihr entgegen, Duncan mit ausdrucksloser Miene, die junge Frau abschätzend. Jenna wusste nicht, warum es sie störte, dass die Fremde eine Schönheit war. Sie hatte ein herzförmiges Gesicht, das von schimmerndem kastanienbraunem Haar gerahmt wurde, die Haut war leicht gebräunt, und die fein geformte Nase zierten lustige Sommersprossen. Das auffallendste an der Frau waren jedoch die großen grünen, leicht schräg stehenden Augen, die ihr etwas Katzenhaftes verliehen.
“Ah, Miss Wilde.” Duncan stand auf und rückte Jenna einen Stuhl zurecht. Nachdem sie sich gesetzt hatte, fuhr Duncan fort: “Darf ich Sie mit Marianne Tyson bekannt machen? Sie werden sich in Zukunft oft begegnen, nehme ich an, denn Marianne ist die Partnerin Ihres Vetters in der Reitschule.”
“So?” Jenna konnte ihr Erstaunen nicht verbergen. Also waren nicht alle, die mit den Andersons in Verbindung standen, Opfer seiner Rachegelüste.
Sie musterte die Besucherin erneut. Niemand hatte ihr gesagt, dass Stuart eine Partnerin hatte, aber selbst wenn sie davon gewusst hätte, wäre sie nicht auf diese elegante junge Dame gefasst gewesen, die entspannt auf dem schmiedeeisernen Stuhl neben ihr saß.
Marianne begutachtete sie mit ihren Katzenaugen von Kopf bis Fuß und lächelte, sodass ihre ebenmäßigen weißen Zähne sichtbar wurden. “Das ist also die liebe Kusine Jenna”, sagte Marianne dann gelassen zu Duncan. “Louise hat sich Sorgen gemacht, aber ich bin sicher, dass du dich bestens um sie kümmerst, Duncan Darling.”
Er verzog das Gesicht. “Du fängst an, deine Krallen auszufahren, meine liebe Marianne.”
“Unsinn. Ich bin gekommen, um ihr die Hand zur Freundschaft zu reichen.” Marianne wandte sich wieder Jenna zu, reichte ihr jedoch nicht die Hand. “Sicherlich können Sie es kaum erwarten, Ihre Tante zu begrüßen. Ich fahre Sie gern zur Reitschule, wenn Sie sich fit genug fühlen.”
Ehe Jenna antworten konnte, sagte Duncan: “Ich habe dir doch gerade erklärt, dass das nicht nötig ist, Marianne. Jenna bleibt hier, bis Dr. McRae wieder vorbeischaut, und das ist morgen. Dann sehen wir weiter.”
“Wie du willst.” Marianne zuckte mit den Schultern und sah Jenna prüfend an.
Die geriet wieder einmal in Zorn. Duncan hatte kein Recht, über sie zu bestimmen, und sie musste an sich halten, um ihm das nicht vor seiner Besucherin klarzumachen.
“Ich gönne dir den Fisch, der dir da ins Netz gegangen ist, noch ein Weilchen, wenn dir so viel daran liegt”, fuhr Marianne zuckersüß fort, doch ihr war anzusehen, dass sie nicht verstand, was er an Jenna fand. “Aber zieh’s lieber nicht zu lange hin, sonst könnte Stuart ungeduldig werden. Er wartet schon sehnsüchtig auf die Ankunft seiner Kusine.”
“Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du dich aus gewissen Dingen heraushalten sollst, Marianne?”, warnte Duncan.
Sie lachte und hob gespielt zerknirscht die Hände. “Ach, Darling, du weißt doch, wie ich bin.”
“Und ob ich das weiß”, bestätigte Duncan grimmig. “Pass auf, dass du den Bogen nicht eines Tages überspannst.”
Seine gereizte Reaktion schien Marianne nicht weiter zu beunruhigen. Graziös lehnte sie sich zurück.
Jenna hatte dem Wortwechsel aufmerksam zugehört. Die beiden waren mehr als nur Nachbarn, das stand für sie fest.
Marianne schlug elegant ein Bein über das andere. “Sei nicht so grantig, Darling. Louise Anderson hat Pläne mit Kusine Jenna, dabei … nun, ich finde, dass sie gar nicht Stuarts Typ ist.” Ihr Blick glitt prüfend über Jenna. “Deiner übrigens auch nicht.”
“Seit wann bildest du dir ein, meinen Geschmack zu kennen?”, fragte Duncan scharf. “Im Übrigen kannst du dir deine Märchengeschichten sparen.”
Wieder lachte Marianne. “Wenn du nicht wissen willst, was Louise vorhat, behalte ich es für mich.”
“Ich kann es mir ohnehin denken.” Duncans Miene verfinsterte sich. “Louise war schon immer blind, wenn es um Stuart ging. Es wäre besser, sie ließe ihn ziehen, statt …” Er sprach nicht weiter und schlug sich mit der Faust gegen die Handfläche. “Er soll sich zum Teufel scheren. Solange er hier ist, wird er mich daran erinnern …” Jäh verstummte er.
Marianne wurde plötzlich ernst und
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