Hochzeit in Glenrae
löste er sich von ihr und schob sie sanft von sich. Sie bemerkte das begehrende Glimmen in seinen Augen und sah, dass er Mühe hatte, wieder normal zu atmen.
“Ich konnte einfach nicht zulassen, dass Sie mich weiter beschimpfen”, sagte er mit rauer Stimme. “Da musste ich Sie vor sich selbst schützen.”
“Brauchen Sie jedes Mal einen Vorwand, um mich zu küssen?” Jenna blickte ihn kühl an und kostete ihren Triumph aus. “Haben Sie Angst, ich könnte glauben, Sie genießen es?”
Duncan hob die Hände, und einen Moment sah es so aus, als wolle er Jenna erneut an sich ziehen. Doch dann trat er zurück und schob die Hände in die Taschen seiner Reithose.
“Die Dame ist nicht nur schön und temperamentvoll, sondern auch intelligent”, bemerkte er.
“Sparen Sie sich das gönnerhafte Gehabe, Mr. Fergusson”, erwiderte sie verächtlich.
Er nahm die Hände aus den Taschen und lächelte wieder. “Das war nur eine Feststellung.”
“Ihr Charme mag seine Wirkung auf Suzie nicht verfehlen, Mr. Fergusson, aber mich können Sie nicht so leicht einwickeln.”
“Das hoffe ich. Eine leichte Beute ist keine Herausforderung.”
Sie holte tief Luft. “Solange die Beute davonläuft, sind Sie der Jäger, Mr. Fergusson. Wenn sie sich jedoch umdreht und zum Angriff übergeht, wird sie zum Feind. Was tun Sie dann?”
Er runzelte die Stirn und schien darüber nachzudenken. “Das ist schwer zu beantworten”, sagte er schließlich und zuckte mit den Schultern. “Ich glaube, ich würde schießen.” Anscheinend genoss er die Situation.
Jenna ließ sich nicht beirren. “Das nehme ich Ihnen sogar ab.” Sie richtete sich kerzengerade auf und fuhr würdevoll fort: “Ich gehe jetzt in mein Zimmer zurück und warte dort. Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mein Gepäck sofort heraufschicken würden.”
Sie sah das spöttische Funkeln in seinen Augen und verlor die Geduld. “Wenn ich meine Sachen nicht in zehn Minuten habe, erscheine ich zum Tee auf der Terrasse, und zwar splitternackt!”
Duncan lachte schallend. “Wunderbar!”
Jenna knirschte mit den Zähnen und entgegnete eisig: “Das werden meine Verwandten bestimmt nicht finden, wenn sie bei meiner Ankunft in Glenrae davon erfahren.”
Seine Züge wurden hart. “Soll das ein Versuch sein, mich einzuschüchtern?”
Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Gegen Duncan Fergusson konnte sie wohl doch nicht gewinnen. Langsam wandte sie sich ab. “Es ist mir – offen gestanden – gleichgültig, wie Sie das sehen”, antwortete sie so gelassen wie möglich.
Er lachte wieder. “Das wäre doch eigentlich mein Text, Miss O’Hara. Oder soll ich Sie Scarlett nennen?”
Wütend fuhr sie herum. “Ich bin keine Romanfigur und auch nicht ‘Vom Winde verweht’ wie die Heldin des Romans. Mr. Fergusson, Ihr Spielchen langweilt mich. Schaffen Sie mir nur mein Gepäck her.”
“Ich werde mein Bestes tun.” Er spreizte die Hände, als gäbe er sich geschlagen, doch sie ließ sich nicht täuschen. “Außerdem sage ich Annie, dass Sie zum Tee herunterkommen.”
Als Jenna die Treppe zur Eingangshalle hinunterstieg, hörte sie Stimmen. Sie folgte den Geräuschen und gelangte in ein großes gemütliches Wohnzimmer, das hell und einladend wirkte, weil das Sonnenlicht durch zwei breite Terrassentüren hereinflutete.
Annie hatte Jennas Zimmer eine Viertelstunde zuvor mit einem rothaarigen jungen Mann betreten, der das Gepäck hereintrug.
“Leg es dort drüben hin, Alex”, hatte die Haushälterin ihn angewiesen und auf das Fußende des Bettes gedeutet.
Während er die Anweisung befolgte, betrachtete Jenna ihn genauer. Das war also Suzies neuer Freund aus den Ställen. Ehe er den Raum wieder verließ, lächelte er Jenna ein bisschen verlegen zu.
“Ich warte mit dem Tee auf Sie”, versprach Annie danach. “Danke.”
Jenna hatte sich für ein lockeres Baumwollkleid in verschiedenen Violetttönen entschieden, das zur Farbe ihrer Augen passte, und sich das Haar gebürstet, bis es seidig glänzte. Mit dem leichten Make-up hatte sie sich besondere Mühe gegeben, um Duncan zu zeigen, dass sie normalerweise nicht so aussah, wie er sie am Vortag aufgelesen hatte.
Im Wohnzimmer befand sich niemand, aber auf der Terrasse war eine Unterhaltung im Gang. Jenna erkannte Duncans Stimme, doch wem mochte die helle, melodiöse Frauenstimme gehören, die ihm antwortete? Jenna zögerte. War das jemand von der Familie? Duncans Mutter? Oder seine Frau? Dass er verheiratet
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