Hochzeit in Hardingsholm
anzufliegen. Sollte es einen weiteren Auftrag von Erik Torberg geben, würde Lara den übernehmen. Ein passendes Argument würde Hellen dann schon einfallen.
Hellen fühlte sich bedeutend besser, nachdem sie diesen Entschluss gefasst hatte. Als sie sich dem Wasserflugzeug näherte, hörte sie Laras Stimme über Funk: »… kommen! Lara zwei, bitte kommen!«
Lara zwei, das war sie. Hellen beschleunigte ihren Schritt, stieg auf die Kufen und bediente noch im Freien das Funkgerät.
»Hier Lara zwei. Was gibt es?«
»Gott sei Dank, dass ich dich erwische«, vernahm sie die Stimme ihrer Freundin. Lautes Krachen und Krächzen verrieten Störungen in der Leitung. »Wo bist du?«, wollte Lara wissen.
»Ich starte gerade von Hardingsholm.«
»Bleib da, Hellen«, rief Lara aus dem Funkgerät. Das Krächzen und Knarren aus dem Lautsprecher wurde stärker. »Wir haben hier ein schweres Gewitter. Sturmböen mit über hundertfünfzig Meilen Geschwindigkeit. Das Wetter zieht Richtung Hardingsholm.«
Hellen traute ihren Ohren nicht. Das konnte doch nicht wahr sein! Allein die Vorstellung, noch länger auf Hardingsholm zu bleiben oder hier sogar übernachten zu müssen, war beunruhigend.
»Hier sieht alles ganz okay aus«, sagte sie mit einem prüfenden Blick in den Himmel.
»Hellen, du bleibst da!«, sagte Lara sehr bestimmt, und Hellen vernahm die ärgerliche Ungeduld in ihrer Stimme. »Such dir was zum Übernachten, und komm morgen früh zurück.«
»Schon gut«, gab Hellen nach. Was blieb ihr auch anderes übrig, obwohl ihr das Gewitter in der Luft weitaus weniger gefährlich schien als der Aufruhr ihrer Gefühle, der wahrscheinlich in den nächsten Stunden noch zunehmen würde. Sie überlegte, ob sie nicht doch aufsteigen und eine der Inseln in der Nähe ansteuern sollte.
Aber wenn das Wetter sie in der Luft überraschte? Diese Gewitter konnten tückisch sein und sowohl sie als auch Laras Maschine in Gefahr bringen.
Hellen schaltete das Funkgerät aus, überzeugte sich davon, dass die Maschine gut festgemacht war, und machte sich auf den Rückweg zum Haus. Es widerstrebte ihr, Erik Torberg um einen Platz zum Übernachten zu bitten.
Auf ihrem Weg über die Wiese kam ihr ein Mann mit einem Rucksack in der Hand entgegen. Er starrte auf den Boden und wirkte irgendwie gehetzt. Er bemerkte sie erst im letzten Moment und blieb stehen.
»Ist das Ihr Flieger da unten?«
»Ja.« Hellen betrachtete den Mann verwundert. Er war sichtlich unruhig, obwohl er jetzt ein schwaches Lächeln zustande brachte. Hellen ertappte sich bei dem Gedanken, dass er verdammt gut aussah. Groß, dunkel und mit seinem Drei-Tage-Bart ziemlich verwegen.
»Können Sie mich mitnehmen?«, fragte er.
Hellen schüttelte den Kopf. »Ich kann heute überhaupt nicht mehr fliegen, weil sich ein Unwetter in Richtung Hardingsholm bewegt.«
»Mist«, fluchte der Mann und ließ seinen Rucksack fallen.
»Lars?«, ertönte in diesem Augenblick Erik Torbergs hörbar überraschte Stimme.
Hellens Herz klopfte schneller, mit jedem Schritt, den Erik auf sie zulief. Er aber achtete nur auf den Mann.
»Lars! Träume ich, oder stehst du wirklich vor mir?«
»Wahr und wahrhaftig«, sagte Lars.
»Mensch, ich freue mich so!«
Eriks Stimme klang erstickt, und er kämpfte sichtlich mit seiner Rührung. Er trat noch einen Schritt näher, und dann umarmte er den anderen Mann. Sekundenlang verharrten sie schweigend so.
»Ich habe tausendmal versucht, dich zu erreichen«, sagte Erik leise.
Lars zuckte kurz zusammen und löste sich aus der Umarmung. »Jetzt bin ich ja da.« Er hielt kurz inne, bevor er hinzufügte: »Pünktlich zu deiner Hochzeit! Perfektes Timing, nicht wahr?«
Täuschte Hellen sich, oder klang seine Stimme eine Spur zu fröhlich?
Nun trat auch Erik einen Schritt zurück. »Du weißt es also schon?« Seine Miene wirkte plötzlich schuldbewusst.
»Ich habe deine reizende Braut bereits in ihrem traumhaften Brautkleid gesehen«, sagte Lars und bedachte Erik mit einem langen Blick.
Hellen fühlte sich nicht wohl in ihrer Rolle als Zuschauerin. Sie verstand nicht recht, worum es abseits der Hochzeit eigentlich ging, sicher war nur, dass die Situation ungemein emotional und spannungsgeladen war.
Erik hielt seinem Blick stand. »Ich hätte es dir gerne früher mitgeteilt, aber du warst ja nicht aufzufinden.«
Lars zog eine Augenbraue in die Höhe. »Klar, es ist meine Schuld. Das hat mir Linn bereits gesagt.«
Hellen gefiel die Wendung, die das
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