Hochzeit in Hardingsholm
Niveau weitermachen oder ob wir vergrößern. Das ist eine Entscheidung, die ich nicht allein treffen kann und will.«
»Dann ist es doch gut, dass ich gerade hier bin«, erwiderte Lars leichthin. »Vielleicht kann ich dir ja einen Rat geben.«
»Ich brauche keinen Rat«, sagte Erik entschieden. »Ich brauche deine Hilfe, und zwar in der Geschäftsführung.«
Lars zuckte zusammen. Er drehte sich um, ließ seine Blicke über das Firmengebäude, dann über das Gelände schweifen und machte eine ausholende Handbewegung.
»Du erwartest doch nicht ernsthaft von mir, dass ich hier einsteige!«
»Was heißt hier einsteigen «, fuhr Erik auf. »Eigentlich bist du mittendrin! Du hast die Firma zum gleichen Anteil geerbt wie ich, allerdings habe ich die Verantwortung bisher allein getragen.«
Lars sah sich wieder um, mit einem Blick, als könne er nicht fassen, was sein Bruder von ihm verlangte. »Das kommt jetzt ein bisschen plötzlich.« Dann schüttelte er den Kopf. »Ich kann das auch gar nicht. In fünf Wochen führe ich eine Expedition den Amazonas entlang.«
Erik schluckte den Ärger hinunter, der in ihm aufstieg. Amazonas, das klang natürlich weitaus aufregender als die Leitung einer Blockhausfirma. Und doch, was waren ein paar Wochen an einem südamerikanischen Fluss verglichen mit dem, was sie hier besaßen. Es war ihr Erbe, die Arbeit ihres Vaters, die sie fortführen sollten. Es war ihre Existenz, und es war inzwischen sein Leben.
Genau, mein Leben!
In diesem Moment wurde Erik klar, dass er von seinem Bruder nicht verlangen konnte, die gleichen Prioritäten zu setzen wie er selbst. Lars hatte einfach etwas völlig anderes gefunden, was sein Leben ausfüllte. Ob er, Erik, nun damit einverstanden war oder nicht.
Nein, er würde seinen Bruder nicht bedrängen zu bleiben, aber die Hoffnung, die ließ er sich nicht nehmen. »Es bleibt ja noch genug Zeit, darüber nachzudenken«, sagte er ruhig.
»Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn du dich letztendlich doch für die Firma entscheidest. Wir könnten dich mit deiner Power hier gut brauchen.«
Lars nickte, schien das Thema aber beenden zu wollen. »Sag mal, sollte Kalle nicht eigentlich dein Trauzeuge sein?«
Erik nickte und ging auf den Themenwechsel ein. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen. Natürlich hätte ich lieber dich gefragt, aber du warst ja vor unserer geplanten Hochzeit unerreichbar. Kalle ist mein ältester und bester Freund, also habe ich ihn gefragt, und jetzt will ich ihm nicht sagen …« Erik brach ab, aber Lars schien auch so zu wissen, was er sagen wollte.
»… dass du ihn nicht mehr als Trauzeugen willst.« Lars klopfte seinem Bruder lachend auf die Schulter. »Mach dir darüber keine Gedanken, für mich ist das okay so. Außerdem weiß ich ja überhaupt nicht, ob ich noch hier bin, wenn ihr euren zweiten Versuch plant.«
Erik nickte, sagte aber nichts mehr dazu. Etwas in der Stimme seines Bruders verriet ihm, dass er auf keinen Fall da sein würde, wenn er und Linn einen neuen Termin gefunden hatten. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob Lars die Hochzeit mit ihm und Linn doch mehr ausmachte, als er zugeben wollte.
»Zeigst du mir jetzt die ganze Firma?«, fragte Lars. »Oder wollen wir für den Rest des Tages hier herumstehen?«
– 36 –
E r hatte geglaubt, es nicht zu überleben. Hatte schließlich den Arzt angerufen, der gekommen war und ihm gesagt hatte, dass auch andere Gäste des Polterabends an einer Salmonellenvergiftung erkrankt waren und die Hochzeit an diesem Tag nicht stattfinden würde. Das ersparte ihm den Anruf mit der Absage.
Inzwischen ging es ihm ein bisschen besser. Die Medikamente wirkten, und er schaffte es mit Mühe, aufzustehen und sich einen Tee zu kochen. Dabei sehnte er sich nach Ulrika, nach ihrer kühlen Hand auf seiner schweißnassen Stirn, nach ein wenig Zuwendung. Wie heilsam wäre es, wenn sie ihm den Tee kochen und ans Bett bringen, wenn sie ihm zeigen würde, dass sie sich Sorgen um ihn machte.
Müsste sie nicht eigentlich bei ihm sein, in dieser schweren Stunde, wenn sie ihn so liebte, wie sie immer behauptete?
Schnell unterdrückte er die aufkeimenden Zweifel. Sie hatte eben etwas anderes vor, etwas, das ihr wichtig war. Und vielleicht gehörte sie einfach zu den Menschen, die Krankheiten bei anderen nur schlecht ertragen konnten.
Oder sie konnte ihn schlicht nicht krank, nicht leiden sehen, weil sie ihn so sehr liebte. Ja, das musste es sein. Ein schwaches Lächeln zog über sein
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