Hochzeit in St. George (German Edition)
was dieses unwürdige Schauspiel bezwecken soll.«
»Willst du etwa bestreiten, daß du mit mir im Mai vor fünf Jahren in der St:-George-Kirche in London vor den Altar tratest?« fragte Roger. Es klang, als sei er aufs höchste verwundert.
»Das will ich nicht, aber du weißt genau…« Weiter kam sie nicht.
»Du bestreitest nicht, mit ihm vor den Altar getreten zu sein?« schrie Richard. Er schien mühsam die Fassung zu wahren. »Soll das heißen, du bist mit diesem Mann verheiratete? Soll das heißen, unsere Ehe ist ein Leben in Sünde und Bigamie, soll das heißen…«
»Richard«, unterbrach ihn nun Catharine ihrerseits beschwörend und legte ihm die Hand in festem Griff um den Unterarm: »Der Mann, den ich heiratete, ist tot. Dies hier ist Roger. Ihn konnte ich gar nicht heiraten, denn er war bereits verheiratet, als ich mich mit seinem Onkel…«, sie betonte das Wort Onkel nachdrücklich, »… vermählte. Und er ist auch jetzt noch mit einer anderen Frau verheiratet.«
»Mon cher enfant«, wandte Roger ein, »was sprichst du denn da? Denkst du, Lügen können deine Lage verbessern? Verschließe nicht die Augen vor der Wirklichkeit…«
Es hatte den Anschein, daß sich sowohl Catharine als auch Richard gerne auf ihn gestürzt hätten. Hugh bemühte sich daher, seine Aufregung hintenzustellen und sich mit betont sachlicher Stimme an Catharine zu wenden: »Sind Sie mit diesem Gentleman hier verheiratet, Catharine?«
Catharine schüttelte den Kopf.
»Sind Sie sich absolut sicher?«
»Vollkommen«, erklärte Catharine fest.
»Dann verlassen Sie sofort mein Haus!« verlangte der aufgebrachte Viscount, an den ungebetenen Gast gewandt.
»Mais, monsieur, je vous en prie …«
Richard zog energisch an der Klingelschnur. »Wenn Sie uns bitte verlassenmöchten, Sir. Und setzen Sie nie wieder Ihren Fuß auf meine Schwelle.«
Kermin erschien in der Tür. »Führe diesen Gentleman hinaus!« befahl Richard.
Roger vollführte einen formvollendeten Kratzfuß. »Au revoir!« sagte er mit ungebrochen höflichem Lächeln und setzte hinzu: »Man warnte mich, daß der Mann, den Catharine zu heiraten vorgab, ein äußerst rüder Geselle sei. Ja sogar des Mordes sei er bezichtigt worden, sagt man. Wie dem auch sei, natürlich werden Sie mich wiedersehen. Sehr bald sogar. Schließlich ist Catharine meine Ehefrau, und ich werde alles daransetzen, sie mit mir nach Frankreich zurückzunehmen.«
»Hinaus!« brüllte Richard.
Der Marquis verbeugte sich erneut lächelnd und folgte Kermin beschwingten Schrittes und hocherhobenen Hauptes in die Halle. Es hatte den Anschein, als würde er sich bereits als Sieger fühlen.
Doch dem war in Wahrheit nicht so. Trotz zahlreicher Versuche war es ihm nämlich nicht möglich gewesen, den Priester aufzutreiben, der einst die Trauung vollzogen hatte. Es war schon schwierig genug gewesen, Namen und Adresse des Geistlichen in Erfahrung zu bringen. Der Mann war nämlich seit kurzem im Ruhestand und von einem jungen Priester abgelöst worden, mit dem er anscheinend nicht im allerbesten Einvernehmen stand. Als Roger endlich die Adresse erfahren hatte, war er vor verschlossenen Türen gestanden. Niemand reagierte auf sein oftmaliges Klopfen. Am nächsten Tag War er dann schon etwas erfolgreicher. Ein mißtrauischer Diener öffnete die Tür einen Spalt breit. Nein, sein Herr sei nicht zu Hause. Er war überhaupt nicht in London, sondern auf einer Studienreise irgendwo im Norden. Er würde in den nächsten drei bis vier Tagen zurückerwartet, wenn der fremde Herr dann vielleicht wiederkommen wollte? Der Marquis wollte nicht. Die Hotelzimmer in der Hauptstadt waren teuer, und bereits die vergangenen Nächte hatten das Geld, das die Herzogin von Milwoke ihm gegeben hatte, um einiges schrumpfen lassen. Wenn er also dem Pfarrer noch genügend bieten wollte, um dessen Erinnerungsvermögen auf die Sprünge zu helfen, und zudem noch Geld für die Reise nach Frankreich für sich und Catharine übrig haben wollte, dann h|ieß es, umgehend in einen billigen Landgasthof überzusiedeln. Er hatte sich daher dazu entschlossen,dem Pfarrer eine kurze Nachricht zu hinterlassen. Diese war absichtlich unklar gehalten, sprach von der Rettung eines Menschen aus dem Leben in tiefster Sünde und bat Hochwürden eindringlich, unverzüglich nach Winchester in das Haus von Sir Thomas Streighton zu kommen. Die Unterschrift war unleserlich, und Roger hoffte, der Priester würde annehmen, Sir Streighton persönlich habe
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