Hochzeit in St. George (German Edition)
ihn um seine Hilfe gebeten. Sicher würde ihn dies eher zu einer überstürzten Reise veranlassen, als die Bitte eines in England noch immer unbeliebten Franzosen. Dann war er selbst nach Winchester vorausgefahren, um sein Glück zu versuchen. Catharine war einmal sehr verliebt in ihn gewesen. Wer sagte, daß er nicht imstande sein sollte, diese Verliebtheit abermals in ihr zu wecken? Ihr jetziger Mann war unter Mordverdacht gefangengenommen worden. Catharine konnte doch nicht einen Mörder ihrer großen Jugendliebe vorziehen! Bei dem kurzen Treffen auf Wild Rose Manor jedoch mußte Roger zur Kenntnis nehmen, daß er sich in zweierlei Hinsicht geirrt hatte. Zum einen war dieser Viscount nicht länger in Haft, und zum zweiten war Catharine alles andere als bereit, ihm freiwillig zu folgen. Nun blieb nur noch der Friedensrichter. Natürlich wußte Roger, daß er keinerlei Beweise für eine Ehe mit Catharine hatte, solange der Priester nicht eingetroffen war. Seine Aussage stand also gegen Catharines Aussage. Keine guten Aussichten. Doch Roger war ein Spieler, Bluff war seine Stärke. Nie hätten Zweifel das selbstgefällige Lächeln von seinen Lippen gezaubert.
»Ich weiß nicht, ob es klug war, den Mann hinauszuwerfen, Richard«, meinte Hugh nachdenklich, nachdem der Franzose das Zimmer verlassen hatte.
»Ach nein?« brauste der Viscount auf. »Ich hätte ihn wohl auffordern sollen, Platz zu nehmen, damit wir uns noch mehr Unsinn anhören können.«
»Du willst dir Unsinn anhören?« fragte George neugierig, der eben mit Hetty das Zimmer betreten hatte.
»Den Teufel will ich«, entgegnete sein Bruder ungehalten. »Hast du den Mann gesehen, der eben das Haus verließ? Er behauptete, der Gatte von Catharine zu sein. Der Gatte meiner Frau, habt ihr so etwas schon einmal gehört? Es ist nicht zu fassen.«
»Vielleicht sollte uns Catharine einmal die ganze Geschichte erzählen?«schlug Hugh mit beruhigender Stimme vor. »Falls Sie meine Anwesenheit stört, werde ich umgehend den Raum verlassen.«
»Nein, nein«, wehrte Catharine ab. »Bleiben Sie nur. Was ich zu erzählen habe, wird euch sicher überraschen, denn was mir passiert ist, kommt nicht alle Tage vor.«
Und dann berichtete sie, was sich vor fünf Jahren zugetragen hatte. Wie sie Roger kennengelernt und ihre Bekanntschaft von ihrer Schwägerin Esther gefördert worden war. Wie sie selbst gedacht hatte, den gutaussehenden Franzosen zu lieben, und glücklich war, als er sie gebeten hatte, ihn zu heiraten. Ja, die Trauung hatte tatsächlich stattgefunden, und dennoch war sie nicht mit ihm verheiratet. Roger hatte lediglich die Stelle für seinen Onkel eingenommen, was ja auch ganz legal war, da sogenannte ›Stellvertreter-Hochzeiten‹ gerade in Adelskreisen erlaubt und durchaus nicht unübÜch waren. In Frankreich angekommen, wurde sie, Catharine mit der unglaublichen Wahrheit konfrontiert, mit einem völlig fremden Mann, der vom Alter her ihr Vater hätte sein können, verheiratet zu sein. Sie hatte Anwälte eingeschaltet, die sie aus der mißlichen Lage befreien sollten, doch Onkel und Neffe schworen Stein und Bein, daß Gervais bei der Trauung anwesend gewesen sei und sich die Eheschließung nicht so zugetragen hatte, wie sie es behauptete. Schließlich nannte ja auch die Heiratsurkunde Gervais als Bräutigam und trug sogar seine Unterschrift. Roger hatte sie täuschend ähnlich nachgemacht. Was also hätte sie tun sollen?
Kurz darauf war ihr geliebter Vater gestorben, von Esther und ihrem völlig unter dem Pantoffel seiner Frau stehenden Bruder war keine Hilfe zu erwarten. Sie war allein in einem fremden Land, das sich noch dazu mit ihrer Heimat, ja mit ganz Europa in Kriegszustand befand. Ohne Freunde, ohne Geld. Darum hatte sie sich in ihr Schicksal gefügt. Die einzige Vertraute, die sie in diesen Jahren hatte, war Jeannette, Rogers Frau, gewesen. Roger war damals bereits seit zwei Jahren verheiratet. Catharines Ehe mit ihm konnte daher nie gültig geschlossen worden sein. Als sie mit ihrem Bericht geendet hatte, standen alle völlig im Bann des Gehörten.
»Mein armes Mädchen«, meinte Richard schließlich und legte seiner Frau zärtlich die Hand auf die Schulter. »Ich könnte diesen Kerl umbringen.«
»Paß auf, was du sagst, Richard«, Wandte sein Freund ein, der auch indieser Situation nicht die Nerven verlor. »Solche Aussprüche könnten dir sehr schaden. Noch hat man den Mörder deines Vaters nicht überführt Das ist wirklich eine
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