Hochzeit in St. George (German Edition)
danke Ihnen, daß Sie Zeit gefunden haben, mich zu empfangen«, sagte Catharine höflich. »Tee wäre angenehm.«
Sir Streigthon gab diesen Wunsch an den Butler weiter, der sich verbeugte und zurückzog.
»Bitte, nehmen Sie Platz, Mylady, dann wollen wir sehen, was ich für Sie tun kann.«
Catharine setzte sich auf die zierliche Bank, die mit feinem, glänzend grünem Satin überzogen war, und wartete, bis sich ihr Gastgeber ihr gegenüber niedergelassen hatte. Sir Streighton war kein schöner Mann. Sein schmales Gesicht war blaß und von Sommersprossen übersät. Breite Backenknochen betonten die eingefallenen Wangen. Die Augen, grüne Augen, wie Catharine trotz ihrer Aufregung amüsiert feststellte, schienen unnatürlich hervorzutreten. Das schüttere, rötlich-blonde Haar war ordentlich gescheitelt, in dem sichtlichen Bemühen, die beginnende Glatze zu überdecken. In seinen schmalen, spitzen Händen mit schmal zulaufenden Nägeln hielt er Henrys Schreiben.
»Sie haben den Brief meines Bruders bereits gelesen?« erkundigte sich Catharine.
Ihr Gegenüber nickte. »Ja, eine schlimme Angelegenheit Ich hatte in meiner langjährigen Tätigkeit als Friedensrichter, und ich bin jetzt bereits seit siebzehn Jahren in dieser Position, wie ich nicht ohne Stolz hinzufügen möchte, noch nie einen Fall, der eine adlige Familie der Gegend betraf. Sie haben mein tiefstes Mitgefühl, liebe Lady Willowby. Bitte, sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann.« Er hatte die schlanken Beine übereinandergeschlagen und blickte Catharine erwartungsvoll an.
Diese nahm all ihren Mut zusammen: »Bitte lassen Sie meinen Mann frei.«
Eine der blassen Augenbrauen ihres Gegenübers schnellte in die Höhe. »Aber liebe Lady Willowby! Wie stellen Sie sich das vor? Ihr Gatte wird des Mordes verdächtigt. Sie werden doch nicht im Ernst von mir verlangen, einen Mörder seiner gerechten Strafe zu entziehen?« Der Tadel in seiner sonoren Stimme war unüberhörbar.
»Natürlich nicht«, beeilte sich Catharine zu versichern. »Aber Richard ist kein Mörder. Er ist sicherlich völlig zu Unrecht in Verdacht geraten.«
Sir Streighton warf ihr einen skeptischen Blick zu, enthielt sich jedoch jeder Äußerung, da in diesem Augenblick der Butler mit dem schweren Teetablett zurückkehrte. Er goß die dampfende Flüssigkeit aus einer Silberkanne in zwei zierliche weiße Porzellantassen, auf die feines, sich nach oben rankendes Efeu gemalt war. Dann rückte er Milch und Zucker bereit und stellte das weiße Tablett mit den verschiedenen kleinen Kuchen bereit.
»Bitte greifen Sie zu«, forderte der Gastgeber Catharine auf, als der Butler den Raum verlassen hatte. »Und dann erzählen Sie mir, warum Sie der Ansicht sind, daß Ihr Gatte nicht der Mörder seines Vaters ist. Richard Willowby hat nicht den allerbesten Ruf, wenn Sie mir gestatten, diese offene Bemerkung zu machen.«
»Aber sein Ruf rechtfertigt noch lange nicht, ihn eines Mordes zu verdächtigen«, fuhr Catharine auf. »Und überdies ist auch der schlechte Ruf ungerechtfertigt. Zumindest seit wir verheiratet sind«, schränkte sie ein. »Richard ist ein guter Mensch, hilfsbereit und freundlich. Er wäre gar nicht fähig, so eine grauenhafte Tat zu begehen. Und abgesehen davon, welches Motiv sollte er dafür gehabt haben?«
»Geld vielleicht?« schlug ihr Gastgeber vor. »Wie man hört, befindet sich Richard Willowby in ständiger Geldverlegenheit.«
»Und aus der sollte ihn gerade der Tod seines Vaters heraushelfen?« entgegnete Catharine spöttisch. »Der war doch selbst stets knapp. In unserem Haus in London steht kaum mehr ein Möbelstück, da der Viscount alles verkaufte, um sein aufwendiges Leben zu finanzieren.«
»Das ist richtig«, gab der Hausherr zu. »In den letzten Jahren hat Ihr Schwiegervater jedoch zurückgezogen auf Wild Rose Manor gelebt, wie mir berichtet wurde. Und er hatte Geld durch den Verkauf eines Teiles seines Grundbesitzes. Man sagt, darüber sei er mit seinemSohn beim letzten gemeinsamen Abendessen in Streit geraten.«
»Er hat Landbesitz verkauft?« rief Catharine erstaunt »Doch nicht einen Teil des Erbbesitzes? Das ist eine Ungeheuerlichkeit! Ich dachte, so etwas sei nicht gestattet.«
»Das ist es auch nicht«, meinte Sir Streighton. »Es .war nicht recht von Ihrem Schwiegervater, so etwas zu tun. Aber keine Rechtfertigung für Ihren Mann, ihn zu töten.«
»Richard war auf das Geld seines Vaters nicht angewiesen«, erklärte Catharine anstelle einer
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