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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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einmal am letzten Kettenglied über dem Haken befestigt, um die Beanspruchung des letzteren zu verringern, und die Enden dieses Drahts waren mit einer Zange säuberlich nach innen gebogen. Niemand im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte hätte sich die Mühe gemacht, diese Aufhängung zu entwirren, wenn er viel leichter den Innentopf herausnehmen konnte. Aber hier nun machte Kirk eine Entdeckung, die zwar seinen kriminalistischen Fähigkeiten zur Ehre gereichte, aber gleichzeitig jede Möglichkeit einer solchen Transaktion ausschloß. Den oberen Rand der glänzenden Messingschale bildete nämlich eine Art Gitter von einem komplizierten Muster, und hinter den Löchern dieses Gitters war der Ton des Innentopfes unverkennbar von Messingpolitur geschwärzt. Wenn der Innentopf seit der letzten Reinigung herausgenommen worden wäre, hätte er unmöglich wieder mit solch mathematischer Genauigkeit hineingesetzt werden können, daß an den Rändern der Gitterlöcher nicht das tönerne Rot zu sehen gewesen wäre. Kirk rief in seiner Enttäuschung Bunter und bat ihn um seine Meinung. Bunter, bei aller Kritik doch jederzeit korrekt und hilfsbereit, gab ihm recht. Mehr noch, als sie gemeinsam versuchten, den inneren Topf im Übertopf zu drehen, zeigte sich, daß dieser außerordentlich fest saß. Niemand hätte ihn nach dem Wiedereinsetzen ohne Hilfe so drehen können, daß die Gitteröffnungen sich wieder genau mit den dunklen Flecken deckten – schon gar nicht ein älterer Mann, der es eilig hatte, im Schein einer weit entfernt stehenden Kerze. Kirk klammerte sich an den letzten Strohhalm und fragte:
    »Hat Crutchley heute morgen die Messingschale geputzt?«
    »Das glaube ich nicht; er hat keine Messingpolitur mitgebracht und auch die im Küchenschrank vorhandenen Mittel nicht benutzt. Werden Sie heute abend noch etwas brauchen?«
    Kirk sah sich verloren im Zimmer um.
    »Ich nehme an«, fragte er in letzter Verzweiflung, »daß die Uhr nicht von der Stelle bewegt wurde?«
    »Überzeugen Sie sich selbst«, sagte Bunter.
    Aber die verputzte Wand zeigte keine Spuren von Haken oder Nägeln, an denen eine Uhr vorübergehend hätte aufgehängt worden sein können. Der nächstgelegene Festpunkt an der Ostseite war der Nagel, an dem »Die erwachenden Seelen« hingen, und an der Westseite ein Sperrholzträger, der eine gipserne Plastik trug – beide zu leicht, um das Gewicht der Uhr auszuhalten, und außerdem vom Fenster her in der falschen Blickrichtung. Kirk gab auf.
    »Tja, dann wäre das geklärt. Haben Sie vielen Dank.«
    »Ich danke Ihnen «, erwiderte Bunter abweisend. Immer noch würdevoll trotz der Hemdsärmel geleitete er den unwillkommenen Gast zur Tür wie eine scheidende Herzogin.
    Da auch Kirk nur ein Mensch war, wünschte er sich, er hätte doch bis nach der Verhandlung die Finger von seiner Theorie gelassen. Jetzt hatte er sie lediglich mit endgültiger Sicherheit widerlegt, so daß er sie ehrlichen Gewissens nicht einmal mehr andeutungsweise ins Spiel bringen konnte.

13
Mal so und mal so
    » Schlange, sage ich! « wiederholte die Taube … und fuhr mit einer Art Aufschluchzen fort: » Nun habe ich alles versucht, und nie paßt es ihnen! «
    » Ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest « , sagte Alice.
    » In einer Wurzel hab ichs versucht, am Ufer hab ichs versucht, unter einer Hecke hab ichs versucht « , klagte die Taube, ohne auf Alice zu hören; » aber diese Schlangen! Denen macht es keiner recht! «
    LEWIS CARROLL: ALICE IM WUNDERLAND
     
    »Und was wollte der Polizeidirektor gestern nacht?« erkundigte Lord Peter Wimsey sich andern Morgens bei Bunter.
    »Er wollte sich vergewissern, Mylord, ob der Hängekaktus im Laufe der Ereignisse der letzten Woche vielleicht aus seinem Behältnis genommen worden sein konnte.«
    »Was, schon wieder? Ich dachte, er hätte gesehen, daß dem nicht so war. Die Spuren von der Messingpolitur hätten es ihm auf den ersten Blick sagen müssen. Dazu brauchte er keine Trittleiter zu holen und um Mitternacht herumzupoltern wie eine Hummel im Glas.«
    »Ganz recht, Mylord. Aber ich hielt es für besser, mich herauszuhalten, und Eure Lordschaft hatten gewünscht, daß ihm alle Mittel zur Verfügung gestellt werden.«
    »O ja, richtig. Sein Verstand arbeitet wie Gottes Mühlen. Aber er hat noch ein paar andere göttliche Eigenschaften; ich weiß, daß er großmütig ist, und habe ihn im Verdacht, sogar barmherzig zu sein. Er versucht mit aller Gewalt, Sellon zu entlasten. Das ist ganz

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