Hochzeit kommt vor dem Fall
Kirk.«
Die kleine Erregung, die Sellons Aussage ausgelöst hatte, erstarb sogleich angesichts der ungeheuren Gelassenheit, mit der Mr. Kirk sehr langsam und ausführlich die Lage der Zimmer in dem Haus, die Art der Tür- und Fenstersicherungen sowie die Schwierigkeiten beschrieb, aufgrund der durch die Ankunft der neuen Bewohner verursachten (völlig unbeabsichtigten, aber dennoch bedauerlichen) Unordnung gewisse Fakten festzustellen. Die nächste Zeugin war Martha Ruddle. Sie befand sich in höchster Erregung und war fast übertrieben willens, dem Recht zur Geltung zu verhelfen. Ihr eigner Übereifer machte ihr diese Absicht zunichte.
»… derart erschrocken«, sagte Mrs. Ruddle, »Sie hätten mich umpusten können. Kommen die da sozusagen mitten in der Nacht angefahren, und in so einem großen Wagen, wie ich mein Lebtag noch nie einen gesehen hab, höchstens im Kino – Lord Wie oder Wer? frag ich, weil ich ihm nicht geglaubt hab, was ja auch kein Wunder ist. Hab sie eher für Filmstars gehalten, entschuldigen Sie, und da hab ich mich natürlich geirrt, aber so ein großer Wagen und die Dame im Pelzmantel und der Herr mit einem Glas im Auge, genau wie Ralph Lynn, das war ja alles, was ich sah in der –«
Peter richtete sein Monokel mit solch empörter Verwunderung auf die Zeugin, daß das Gekicher zu lautem Gelächter anschwoll.
»Bleiben Sie bitte freundlicherweise bei der Sache«, sagte Mr. Perkins ärgerlich. »Sie waren also überrascht, als Sie hörten, daß das Haus verkauft worden war. Schön. Wie Sie hineingekommen sind, haben wir schon gehört. Wollen Sie uns nun bitte den Zustand der Wohnung schildern, wie er sich Ihnen bot?«
Aus einem Gewirr von Nebensächlichkeiten konnte der Untersuchungsrichter die Erkenntnisse herauspicken, daß im Bett nicht geschlafen worden war, daß auf dem Tisch noch das Geschirr vom Abendessen stand, und daß die Kellertür offen vorgefunden wurde. Mit einem müden Seufzer (denn seine Erkältung war schlimm, und er wollte fertig werden und nach Hause gehen), brachte er die Zeugin auf die Ereignisse des voraufgegangenen Mittwochs zurück.
»Ja«, sagte Mrs. Ruddle, »ich hab Joe Sellon gesehen, und ein feiner Polizist ist mir das – was der für Ausdrücke gebraucht hat, das kann eine anständige Frau sich gar nicht anhören, und ich wundere mich nicht, daß Mr. Noakes ihm das Fenster vor der Nase zugeknallt hat …«
»Haben Sie ihn gesehen?«
»So deutlich wie Ihre Nase hab ich ihn gesehen. Mit dem Kerzenhalter in der Hand ist er dagestanden, den konnte ich gar nicht übersehen, und kaputtgelacht hat er sich, und mit Recht, wenn Joe Sellon sich so lächerlich aufführt. Na ja, sag ich bei mir, du bist mir ein schöner Polizist, Joe Sellon, und ich muß es ja wissen, wo du schließlich zu mir kommen mußtest, um rauszukriegen, wer Miss Twittertons Hühner geklaut hat …«
»Das steht hier nicht zur Untersuchung an«, begann der Untersuchungsrichter, als der Weinerliche sich wieder erhob und sagte:
»Die Geschworenen würden gern wissen, ob die Zeugin gehört hat, worum es bei dem Streit ging.«
»Ja, das hab ich«, sagte die Zeugin, ohne erst auf den Untersuchungsrichter zu warten. »Wegen seiner Frau haben sie gestritten, jawohl, und ich sage, es ist eine –«
»Wessen Frau?« fragte der Untersuchungsrichter, während ein Rascheln der Erwartung durch den ganzen Saal ging.
»Joes Frau natürlich«, sagte Mrs. Ruddle. »Was haben Sie mit meiner Frau gemacht, Sie gemeiner Lump? Hat er gefragt, und dann hat er Ausdrücke gebraucht, die ich nicht in den Mund nehmen würde.«
Joe Sellon sprang auf.
»Das ist gelogen, Sir!«
»Na, na, Joe«, sagte Mr. Kirk.
»Wir werden Sie gleich noch einmal hören«, sagte Mr. Perkins. »Also, Mrs. Ruddle – sind Sie sicher, daß Sie diese Worte gehört haben?«
»Die Schimpfwörter, Sir?«
»Die Worte: ›Was haben Sie mit meiner Frau gemacht?‹«
»O ja, Sir, die hab ich gehört, Sir.«
»Sind irgendwelche Drohungen ausgestoßen worden?«
»N-nein, Sir«, gab Mrs. Ruddle bedauernd zu, »er hat nur gesagt, daß Mr. Noakes mal in die Hölle kommt, Sir.«
»So, so. Er hat sich nicht dazu geäußert, auf welchem Wege er dorthin kommen würde?«
»Sir?«
»Von Mord und Totschlag wurde nichts gesagt?«
»Gehört hab ich davon nichts, Sir, aber wundern würd’s mich nicht, wenn er gesagt hat, daß er Mr. Noakes umbringen will. Kein bißchen würd mich das wundern.«
»Aber Sie haben nichts dergleichen
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