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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Harriet. »Wir dachten wirklich schon, wir würden der tyrannischen Nacht preisgegeben. Daher die Verzweiflung und das Stroh.«
    Mr. Kirk erkundigte sich, wie das denn zugehe.
    »Nun«, sagte Harriet, indem sie ihm einen Platz anbot, »da ist zum einen ein gewisser Mr. Solomons von der Firma Moss & Isaacs, der einen Pfändungsbeschluß für die Möbel hat, und Ihr alter Freund Mr. MacBride, der die Möbel aufgrund des Zahlungsbefehls sicherstellen wollte, und beide kamen gleichzeitig hier an und wollten die Möbel fortholen. Aber wir haben ihnen ein Abendessen vorgesetzt, und dann sind sie friedlich wieder abgezogen.«
    »Sie könnten fragen«, ergänzte Peter, »wieso sie lieber ein Gewicht von schnödem Fleisch haben wollten, als dreitausend Dukaten zu empfangen – ich kann es Ihnen nicht sagen, aber so war es.«
    Mr. Kirk brauchte diesmal so lange, daß Peter und Harriet schon beide dachten, er müsse plötzlich die Sprache verloren haben; endlich aber gab er mit einem breiten Lächeln des Triumphes doch noch Laut:
    »Wer wohl zufrieden ist, ist wohl bezahlt! Kaufmann von Venedig!«
    »Ein Daniel kommt zu richten! Harriet, der Herr Polizeidirektor versteht sich auf unsere Albernheiten. Er ist ein Mann, nehmt alles nur in allem, wir werden nimmer seinesgleichen sehen. Gib ihm sein Glas, er hat es verdient. Sagen Sie Halt. Soll Geistern ich befehlen, mir zu bringen, wonach der Sinn mir steht, von aller Doppeldeutigkeit mich zu befrein?«
    »Danke«, sagte der Polizeidirektor, »nicht zu stark, Mylord, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Sanft soll er sein, und so gemischt die Elemente in ihm –«
    »Daß ein Löffel darin stehenbleibt«, ergänzte Peter.
    »Nein«, sagte Kirk, »das scheint mir nicht ganz der richtige Schluß zu sein. Trotzdem vielen Dank. Auf Ihr Wohl.«
    »Und was haben Sie den ganzen Nachmittag getrieben?« erkundigte sich Lord Peter, indem er einen Schemel ans Feuer zog und zwischen Mr. Kirk und seiner Frau Platz nahm.
    »Also, Mylord«, sagte Kirk, »ich war in London.«
    »In London?« fragte Harriet. »Ist ja gut, Peter – komm mal ein Stückchen näher und laß dir das Stroh aus den Haaren nehmen. Il m’aime – un peu – beaucoup –«
    »Aber nicht um die Königin zu sehen«, fuhr der Polizeidirektor fort. »Ich habe Frank Crutchleys Freundin aufgesucht. In Clerkenwell.«
    »Hat er dort eine?«
    » Passionément – à la folie –«
    »Er hatte «, sagte Kirk.
    » Pas du tout. Il m’aime –«
    »Ich hatte die Adresse von Williams in Hancocks Garage. Scheint eine hübsche junge Dame zu sein –«
    » Un peu – beaucoup –«
    »Mit etwas Geld –«
    » Passionément –«
    »Wohnte bei ihrem Herrn Papa und schien auf Crutchley ganz versessen zu sein. Aber dann –«
    » A la folie –«
    »Sie wissen ja, wie junge Mädchen sind. Ein andrer kam daher –«
    Harriet hielt mit dem zwölften Strohhalm in der Hand inne.
    »Und der langen Rede kurzer Sinn ist, daß sie vor drei Monaten einen andern geheiratet hat.«
    » Pas du tout! « sagte Harriet und warf die Halme ins Feuer.
    »Da hört sich doch alles auf!« sagte Peter. Er fing Harriets Blick.
    »Aber richtig aufgehorcht habe ich erst«, sagte Kirk, »als ich hörte, was ihr Vater war.«
    »Sie war die Tochter eines Räubers, und ihr Name war Alice Brown. Ihr Vater war der Schrecken einer italienischen Kleinstadt.«
    »Keineswegs. Er ist – zum Wohl!« sagte Mr. Kirk und führte das Glas halb zum Mund. »Von allen Berufen, die einem Menschen offen stehen – was würden Sie sagen, was er ist?«
    »Nachdem Sie ein Gesicht machen«, antwortete Peter, »als hätten Sie sozusagen den Schlüssel gefunden, der den gordischen Knoten zerschneidet –«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Harriet rasch. »Wir geben es auf.«
    »Na, dann«, meinte Kirk, indem er Peter ein wenig skeptisch betrachtete, »wenn Sie es aufgeben, will ich es Ihnen sagen. Ihr Vater ist Eisenwarenhändler und Schlosser und fertigt auf Wunsch Schlüssel an.«
    »Großer Gott, was Sie nicht sagen!«
    Kirk trank einen Schluck und nickte bedeutungsvoll.
    »Und was noch mehr ist«, fuhr er fort, indem er das Glas vernehmlich auf den Tisch stellte, »was noch mehr ist – vor gar nicht allzu langer Zeit – um die sechs Monate herum – kam Crutchley zu ihm, wie er leibte und lebte, und wollte einen Schlüssel von ihm gemacht haben.«
    »Vor sechs Monaten! So, so!«
    »Vor sechs Monaten. Aber«, nahm der Polizeidirektor den Faden wieder auf, »was ich Ihnen

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