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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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nicht immer nach Programm. Harriet blickte von ihren Schürhaken auf und sah zu ihrer gelinden Überraschung Frank Crutchley.
    »Brauchen Sie vielleicht ein bißchen Hilfe, Mylady?«
    »Hm, ich weiß nicht, Crutchley. Haben Sie denn heute morgen frei?«
    Crutchley erklärte, er habe eine Gesellschaft aus Great Pagford zum Begräbnis hergebracht; die Leute würden aber noch in der Krone essen und ihn erst später wieder brauchen.
    »Aber gehen Sie denn nicht auch zum Begräbnis? Sie singen doch im Kirchenchor von Paggleham, nicht? Und der Pfarrer hat etwas von einem Chorgottesdienst gesagt.«
    Crutchley schüttelte den Kopf.
    »Ich hatte eine Auseinandersetzung mit Mrs. Goodacre – das heißt, sie mit mir. Dieser Kirk … immer muß er sich einmischen. Was zwischen mir und Polly Mason ist, das geht doch die Pfarrersfrau nichts an. Ich bin hingegangen, um das Aufgebot zu bestellen, und da ist Mrs. Goodacre auf mich losgegangen.«
    »Oho!« sagte Harriet. Sie war ja selbst von Crutchley nicht sonderlich angetan; da er aber offensichtlich nicht ahnte, daß Miss Twitterton mit ihrem Kummer hausieren gegangen war, erschien es ihr besser, das Thema jetzt nicht anzuschneiden. Inzwischen bereute Miss Twitterton es wahrscheinlich, daß sie geredet hatte. Und jetzt mit Crutchley darüber zu reden hätte die Demütigung der armen kleinen Frau nur noch verschlimmert, indem es ihr eine unangemessene Bedeutung gegeben hätte. Außerdem kniete einer der Möbelpacker am Fenster und legte die bronzenen Reiter und andere Kunstgegenstände liebevoll in eine Kiste, während ein anderer, auf der Trittleiter stehend, soeben die Wand von dem bemalten Spiegel befreit hatte und zur Zeit einen Angriff auf die Uhr plante.
    »Schön, Crutchley, Sie können den Leuten zur Hand gehen, wenn sie Hilfe brauchen.«
    »Ja, Mylady. Soll ich schon welche von den Sachen hier raustragen?«
    »Hm – nein, im Augenblick noch nicht.« Sie wandte sich an den Mann am Fenster, der gerade die letzte Scheußlichkeit in der Kiste untergebracht hatte und den Deckel zuklappte.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, dieses Zimmer bis zuletzt zu lassen? Mein Mann kommt nach dem Begräbnis hierher zurück und bringt vielleicht ein paar Leute mit. Wir brauchten dann ein paar Sitzgelegenheiten.«
    »Alles klar, Mylady. Können wir oben schon anfangen?«
    »Ja, gewiß. Und lange werden wir dieses Zimmer sowieso nicht brauchen.«
    »In Ordnung, Mylady. Komm, Bill, hier lang.«
    Bill, ein magerer Mann mit traurigem Schnurrbart, kam gehorsam von der Trittleiter herunter.
    »Klar, George, wir brauchen sowieso ’ne Weile, um das Himmelbett runterzubringen.«
    »Kann der Mann hier Ihnen helfen? Er ist unser Gärtner.«
    George musterte Crutchley, der die Trittleiter genommen hatte und sie in die Zimmermitte zurücktrug. »Da wären die Pflanzen im Gewächshaus«, sagte George.
    »Dafür haben wir keine besonderen Anweisungen, aber man hat uns gesagt, wir sollen alles mitnehmen.«
    »Ja, die Pflanzen kommen auch fort, und die hier drinnen ebenso. Aber die können auch noch warten. Kümmern Sie sich mal ums Gewächshaus, Crutchley.«
    »Und dann liegt noch so ein Haufen Zeug im Schuppen«, sagte George. »Jack ist da draußen; der freut sich bestimmt, wenn einer mit anfaßt.«
    Crutchley stellte die Trittleiter wieder an die Wand und ging hinaus. George und Bill begaben sich nach oben. Harriet erinnerte sich, daß Peter seinen Tabak und die Zigarren in die Etagere gelegt hatte und nahm sie heraus. Plötzlich schoß ihr ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf, und sie stürzte in die Vorratskammer. Alles kahl und leer. Wie von Furien gehetzt lief sie die Kellertreppe hinunter, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, was da unten gelegen hatte. Unten herrschte ägyptische Finsternis, aber sie zündete ein Streichholz an und konnte aufatmen. Alles in Ordnung. Die zweieinhalb Dutzend Flaschen Portwein lagen säuberlich aufgereiht auf dem Regal, und an dieses war ein Blatt Papier geheftet, auf dem in großen Lettern stand: EIGENTUM SEINER LORDSCHAFT – NICHT ANRÜHREN. Als sie wieder ans Tageslicht kam, begegnete sie Crutchley, der soeben zur Hintertür hereinkam. Er erschrak, als er sie sah.
    »Ich habe nur nachgesehen, ob mit dem Wein alles in Ordnung ist. Wie ich sehe, hat Bunter ein Schild davorgehängt. Aber schärfen Sie den Leuten bitte noch einmal ein, daß sie diese Flaschen um keinen Preis anzurühren haben.«
    Crutchley verzog den Mund zu einem breiten

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