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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Garage aufmachen, aber nachdem ich die vierzig Pfund verloren habe … als Kredit, Mylady, und wir würden ihn pünktlich zurückzahlen –«
    »Ach so, verstehe. Nun Crutchley, dazu kann ich nichts sagen. Darüber müssen Sie schon selbst mit Seiner Lordschaft sprechen.«
    »Ja, Mylady … Aber wenn Sie vielleicht ein gutes Wort für mich einlegen könnten …«
    »Ich werde es mir überlegen.«
    Sie brachte es um ihr Leben nicht fertig, echte Wärme in ihre Stimme zu legen; am liebsten hätte sie gefragt:
    »Sollen wir Ihnen Miss Twittertons Ersparnisse nicht auch gleich vorschießen?« Aber andererseits war an der Bitte nichts Unvernünftiges, denn Crutchley konnte nicht wissen, wieviel sie wußte. Die Unterredung war beendet, aber der junge Mann machte noch immer keine Anstalten, zu gehen, so daß sie erleichtert war, als sie endlich den Wagen am Tor hörte.
    »Da sind sie schon zurück. Lange waren sie aber nicht fort.«
    »Nein, Mylady; das dauert nie lange.«
    Crutchley zögerte noch eine Sekunde, dann ging er.
    Es war eine recht große Gesellschaft, die da eintrat – wenn sie alle im Daimler gekommen waren, mußten sie gesessen haben wie die Ölsardinen. Aber nein – der Pfarrer war ja auch dabei; sicher hatte er ein paar von ihnen in seinem kleinen Wagen mitgebracht. Er kam herein, im Priesterrock, das Chorhemd und den Universitätstalar über dem einen Arm, während er mit dem andern Miss Twitterton väterlich stützte. Diese war, wie Harriet auf den ersten Blick sah, in weitaus besserer Stimmung als gestern abend. Obschon ihre Augen rot von Trauertränen waren und sie ein schwarzgerändertes Taschentuch in der schwarzbehandschuhten Hand hielt, hatte das erregende Gefühl, als Hauptleidtragende hinter so einem bedeutenden Sarg zu gehen, ihr doch offenbar ihr ganzes verlorengegangenes Selbstwertgefühl zurückgegeben. Ihr folgte Mrs. Ruddle. Ihr Umhang von fremdartigem, altertümlichem Schnitt glitzerte von schwarzen Perlen, und der Gagatschmuck an ihrem Hut tanzte noch lustiger als bei der Untersuchungsverhandlung. Sie strahlte übers ganze Gesicht. Bunter, der ihr mit einem Stapel Gebetbücher und einer streng aussehenden Melone auf den Fersen folgte, hätte dagegen des Verstorbenen nächster und liebster Anverwandter sein können, so entschieden zeigte seine Miene angemessene Trauer. Hinter Bunter kam, reichlich unerwartet, Mr. Puffett in einem eigenartigen grünlichschwarzen Cut von unvorstellbarem Alter, mit Mühe über den Pullovern zugeknöpft, die er über seiner Arbeitshose trug. Harriet war überzeugt, daß er in diesem Cut schon geheiratet hatte. Seine Melone war nicht die von Mittwoch morgen, sondern eine mit so einer flotten, aufwärtsgebogenen Krempe, wonach die Mädchen in den Neunzigern sich die Hälse verrenkt hatten.
    »So!« sagte Harriet. »Da sind ja alle wieder.«
    Sie eilte, um Miss Twitterton zu begrüßen, wurde aber auf halbem Wege aufgehalten durch das Eintreten ihres Gemahls, der noch eine Decke über den Kühler des Wagens gelegt hatte. Die Forschheit, mit der er ins Haus kam, beruhte wahrscheinlich auf Verlegenheit. Der Eindruck, den sein feierlicher Anzug und Schal, der tadellos geschneiderte schwarze Mantel und der fest zusammengerollte Seidenschirm machten, wurde durch den waghalsig schiefsitzenden Zylinder leicht getrübt.
    »Hallo-allo-allo«, rief Seine Lordschaft gutgelaunt. Er stellte den Schirm ab, lächelte verlegen und riß sich schwungvoll den Zylinder vom Kopf.
    »Kommen Sie herein und nehmen Sie Platz«, sagte Harriet, nachdem sie sich wieder gefangen hatte, und geleitete Miss Twitterton zu einem Stuhl. Sie nahm die behandschuhte Hand und drückte sie mitfühlend.
    »Jerusalem, meine glückliche Heimstatt!« Seine Lordschaft ließ den Blick über sein Reich schweifen und apostrophierte es mit Rührung in der Stimme: »Ist dies die Stadt, von Menschen genannt der Schönheit Vollendung? Weh dem Verderber – den Streitwagen Israels und ihren Reitern!«
    Er schien in unberechenbarer Stimmung zu sein, wie sie oft auf Begräbnisse und andere feierliche Ereignisse folgt. Harriet sagte streng: »Benimm dich, Peter«, und wandte sich rasch an Mr. Goodacre:
    »Waren viele Leute beim Begräbnis?«
    »Es war eine große Beerdigung«, antwortete der Pfarrer. »Wirklich eine sehr große Beerdigung.«
    »Es war sehr erhebend«, rief Miss Twitterton, »– so ein großes Trauergeleit für Onkel.« Ein rosiger Schimmer huschte über ihre Wangen – sie sah beinahe hübsch

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