Hochzeit kommt vor dem Fall
Ruhe sein verspätetes Abendessen verzehren können.
Das hoffte Peter Wimsey auch. Es nahm lange Zeit in Anspruch, den Holzschuppen zu leeren, obwohl nicht viel Holz darin war, dafür allerdings unendlich viel Krimskrams: kaputte Wäschemangeln und Schubkarren nebst den Überresten eines alten Ponywagens, mehreren ausrangierten Rosten und einem galvanisierten Eisenkessel mit einem Loch darin. Aber er mißtraute dem Wetter und mochte Mrs. Merdle (den neunten Daimler dieses Namens) nicht gern die ganze Nacht draußen stehen lassen. Beim Gedanken an die ausdrückliche Vorliebe seiner Herzensdame für Heuschober sang er französische Lieder; manchmal aber unterbrach er seinen Gesang und fragte sich, ob sie sich im Hotel Gigantic irgendwo auf dem europäischen Kontinent nicht doch wohler fühlen würde.
Die Kirchturmuhr unten im Dorf schlug Viertel vor elf, als er Mrs. Merdle endlich in ihr neues Quartier bugsierte und sich auf dem Rückweg ins Haus die Spinnweben von den Händen wischte. Als er über die Schwelle trat, packte ihn eine dicke Rauchwolke an der Kehle und drohte ihn zu ersticken. Unbeirrt drang er weiter bis zur Küche vor, wo er nach einem ersten hastigen Blick die Überzeugung gewann, daß das Haus in Flammen stand. Er wich ins Wohnzimmer zurück und sah sich von einer Art Londoner Nebel umfangen, durch den er undeutlich ein paar dunkle Gestalten wahrnahm, die am Kamin herumhantierten wie Nebelgeister. Er rief einmal »Hallo!« und wurde prompt von einem Hustenanfall geschüttelt. Aus den dicken Rauchschwaden tauchte eine Gestalt auf, die zu lieben und zu ehren er, wie er sich dunkel erinnerte, früher am Tage gelobt hatte. Ihre Augen tränten, und sie tastete sich blind voran. Er streckte einen Arm aus, und sie ließen sich gemeinsam vom Husten schütteln.
»O Peter!« sagte Harriet. »Ich glaube, hier sind sämtliche Kamine verhext.«
Die Wohnzimmerfenster waren geöffnet worden, und die Zugluft trieb neue Rauchschwaden in den Flur. Mit ihnen kam Bunter, taumelnd, aber noch im Vollbesitz seiner Kräfte, denn er riß Vorder- und Hintertür weit auf. Harriet torkelte auf die Veranda hinaus und setzte sich in der süßen, kühlen Abendluft auf eine der Bänke, um wieder zu sich zu kommen. Als sie wieder sehen und atmen konnte, bahnte sie sich einen Weg ins Wohnzimmer zurück, wo sie Peter begegnete, der in Hemdsärmeln aus der Küche kam.
»Es hilft nichts«, sagte Seine Lordschaft. »Alles vergebens. Die Schornsteine sind verstopft. Ich war in beiden drin und habe nicht einen einzigen Stern gesehen, und auf den inneren Kaminsimsen liegt zentnerweise Ruß, denn ich habe ihn gefühlt.« (Sein rechter Arm legte Zeugnis dafür ab.) »Ich glaube, die Schornsteine sind seit zwanzig Jahren nicht mehr gefegt worden.«
»Die sind noch nie gefegt worden, so lange ich zurückdenken kann«, sagte Mrs. Ruddle, »und nächste Weihnachten wohne ich schon elf Jahre drüben im Cottage.«
»Dann wird es mal Zeit dafür«, erklärte Peter kurz und bündig. »Schicken Sie morgen nach dem Schornsteinfeger, Bunter. Machen Sie uns jetzt etwas Schildkrötensuppe auf dem Petroleumofen warm, und bringen Sie uns die Leberpastete, die Wachteln in Aspik und eine Flasche Rheinwein in die Küche.«
»Gewiß, Mylord.«
»Und ich möchte mich waschen. Habe ich nicht eben einen Kessel Wasser in der Küche gesehen?«
»Ja, Mylord«, trillerte Mrs. Ruddle. »O ja – ein schöner Kessel voll, und ganz heiß. Und wenn ich nur noch rasch das Bettzeug runterbringen und vor den Petroleumofen im Wohnzimmer hängen und frische Laken auflegen kann –«
Peter flüchtete mit dem Wasserkessel in die Spülküche, wohin seine Angetraute ihm folgte.
»Peter, ich weiß schon nicht mehr, wie ich mich für mein ideales Heim entschuldigen soll.«
»Entschuldige dich, wenn du es wagst, und umarme mich auf eigene Gefahr. Ich bin so schwarz wie Bellocs Skorpion. Ein sehr unangenehmes Tierchen, wenn man ihm nachts in seinem Bett begegnet.«
»Zwischen den frischen Laken. Und, Peter – o Peter, die Ballade hat recht behalten. Es ist ein Daunenbett!«
3
Der Jordan
Das Festmahl ist mit gierigem Verzug
Gegessen. … … die Nacht ist da; und dennoch sehen
Wir Förmlichkeiten Euch im Wege stehen.
Die Braut, bevor ein » Gute Nacht « gesprochen,
Aus ihren Kleidern sei ins Bett gekrochen,
Wie Seelen aus dem Körper schlüpfen, ungesehn.
Doch da nun liegt sie; was noch mehr?
Schon gibt es weiteren Verzug, denn wo bleibt er?
Er kommt und
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