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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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die Schulter, was sowohl Zuneigung als auch Entlassung bedeuten konnte, ganz wie man es sehen wollte; dann stand er da und blickte nachdenklich ins Kaminfeuer, bis seine Frau wieder zu ihm hereinkam.
    »Ich war auf Entdeckungsreise – in diesem Teil des Hauses war ich noch nie. Wenn man fünf Stufen hinuntergeht zu der ›modernen Einrichtung‹, kommt man um eine Ecke, geht sechs Stufen hinauf, stößt sich den Kopf an und findet einen weiteren Durchgang mit ein paar Abzweigungen und noch zwei Schlafzimmer sowie einen dreieckigen Verschlag und eine Leiter, die zur Mansarde hinaufführt. Der Wasserbehälter wohnt in einem Abstellraum für sich allein – man öffnet die Tür, fällt zwei Stufen hinunter, schlägt sich noch einmal den Kopf an und landet mit dem Kinn auf dem Kugelschwimmer.«
    »Mein Gott! Du wirst doch nicht den Kugelschwimmer kaputtgemacht haben? Ist dir eigentlich klar, Frau, daß mit dem Kugelschwimmer im Wasserbehälter und dem Küchenboiler das Landleben steht und fällt?«
    »Mir schon – aber ich wußte nicht, daß du so etwas weißt.«
    »Ich? Wenn du deine Kindheit in einem Haus mit hundertfünfzig Zimmern und einer Festlichkeit nach der andern verlebt hättest, wo jeder Tropfen Wasser mit der Hand hochgepumpt und alles warme Wasser hinaufgetragen werden mußte, weil es nur zwei Badezimmer und ansonsten nur Sitzwannen gab, und wo der Boiler gerade in dem Moment platzte, wenn man den Prinzen von Wales zu Gast hatte, wüßtest du über mangelhafte Installationen alles, was zu wissen sich lohnt.«
    »Peter, ich glaube, du bist ein Hochstapler. Du spielst nur den großen Detektiv und Gelehrten und Salonlöwen, aber im Grunde bist du ein einfacher englischer Landedelmann, mit dem Herzen im Stall und dem Verstand bei der Dorfpumpe.«
    »Gott steh’ allen Ehemännern bei! Du mußtest mein Geheimnis natürlich lüften. Nein – aber mein Vater war ein Mann der alten Schule, der fand, daß all dieser neumodische Luxus einen nur verweichlichte und das Personal verdarb …. Herein! … Ah, ich habe dem verlorenen Paradies nie nachgetrauert, nachdem ich entdeckt hatte, daß es dort keine Eier mit Speck gab.«
     
    »Die Sache mit den Schornsteinen hier«, stellte Mr. Puffett orakelhaft fest, »ist nur, daß sie mal gefegt werden müssen.«
    Er war ein ungewöhnlich dicker Mann, den seine Kleidung noch voluminöser machte. Diese hatte das Stadium erreicht, das man im neuesten Sprachgebrauch der Medizin als »hochgradige Verzwiebelung« bezeichnet, denn sie bestand aus einem grünlich-schwarzen Anzug und einer Anzahl verschiedenfarbiger Pullover, einer über den andern gezogen, so daß sie am Hals ein farblich abgestuftes Dekolleté bildeten.
    »Bessere Schornsteine gibt’s in der ganzen Gegend nicht«, fuhr Mr. Puffett fort, indem er die Jacke auszog, unter der in quergestreifter Pracht der äußere Pullover in Rot und Gelb zum Vorschein kam, »man muß ihnen nur ’ne klitzekleine Chance geben, das weiß hier keiner besser als ich, weil ich als junger Bursche so manches Mal darin herumgestiegen bin, denn mein Vater war Schornsteinfeger.«
    »So?« meinte Mr. Bunter.
    »Das Gesetz erlaubt das ja jetzt nicht mehr«, sagte Mr. Puffett, indem er sein mit einer Melone gekröntes Haupt schüttelte. »Aber meine Figur würd’s wohl auch nicht mehr zulassen. Jedenfalls kenne ich diese Schornsteine sozusagen vom Rost bis zur Kappe, und bessere kann man sich überhaupt nicht wünschen. Wenn man sie anständig fegt, heißt das. Aber wenn ein Schornstein nicht gefegt wird, kann er auch nicht gut sein, das ist genau wie mit einem Zimmer, da werden Sie mir sicher recht geben, Mr. Bunter.«
    »Sehr richtig«, sagte Mr. Bunter. »Würden Sie denn nun so freundlich sein und mit dem Fegen anfangen?«
    »Ihnen zu Gefallen, Mr. Bunter, und der Dame und dem Herrn auch, will ich’s gern tun. Eigentlich bin ich ja Maurer von Beruf, aber ich helfe gern auch mal bei einem Schornstein aus, wenn Not am Mann ist. Hab eine Schwäche für Schornsteine, weil ich doch sozusagen darin aufgewachsen bin, und wenn ich es auch selbst sage, Mr. Bunter, es gibt keinen, der mit einem Schornstein besser umzugehen weiß als ich. Kennen muß man sie, darauf kommt’s nämlich an – man muß genau wissen, wo man sanft und nett mit ihnen umgehen muß, und wo man seine ganze Kraft hinter den Stoßbesen setzen muß.«
    Mit diesen Worten krempelte Mr. Puffett seine diversen Ärmel hoch, beugte und streckte den Bizeps ein paarmal, nahm

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