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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Harriet …
    Sie blies die Schlafzimmerkerzen aus. Die mit der Zeit dünn gewordenen Laken waren aus feinem Leinen, und von irgendwoher im Zimmer strömte Lavendelduft …
    Der Jordan … Ein Scheit zerbrach und fiel in einem Funkenregen auf den Rost, und die großen Schatten tanzten an der Decke.
    Die Türklinke klickte, und ihr Gemahl kam mit abbittender Miene ins Zimmer geschlichen. Das Bild gedemütigten Triumphes machte sie lachen, obwohl ihr das Blut wie wild in den Adern pochte und mit ihrem Atem irgend etwas los zu sein schien. Er sank neben dem Bett auf die Knie.
    »Liebste«, sagte er mit einer Stimme, die zwischen Lachen und Leidenschaft hin und her gerissen schien, »nimm deinen Bräutigam. Er ist ganz sauber und riecht kein bißchen mehr nach Petroleum, dafür ist er schrecklich feucht und kalt. Abgeschrubbt wie ein junger Hund unter der Pumpe in der Spülküche!«
    »Lieber Peter!«
    ( » … en Grand Monarque … « )
    »Ich glaube«, fuhr er hastig und kaum verständlich fort, »ich glaube, es hat Bunter richtig Spaß gemacht. Zur Strafe habe ich ihm aufgetragen, den großen Waschkessel von Küchenschaben zu säubern. Was tut’s? Was soll uns überhaupt noch kümmern? Wir sind hier. Lache, mein Herz! Das ist das Ende der Reise und der Beginn aller Freuden.«
     
    Mr. Mervyn Bunter füllte den Kessel, nachdem er die Schaben verjagt hatte, schichtete ein Feuer auf, um es morgens anzuzünden, hüllte sich in zwei Mäntel und eine Decke und machte es sich auf zwei Sesseln bequem. Aber er schlief nicht gleich ein. Es war nicht direkt Sorge, die ihn erfüllte, aber wohlwollende Anteilnahme. Er hatte (und unter welchen Mühen!) seinen Favoriten ans Startband geführt und mußte ihn nun allein das Rennen machen lassen; aber kein Respekt vor Schicklichkeit vermochte seine mitfühlende Phantasie daran zu hindern, dem geliebten Wesen auf jedem Schritt des Weges zu folgen. Mit einem leisen Seufzer zog er die Kerze näher zu sich, nahm Füllfederhalter und Schreibblock und begann einen Brief an seine Mutter. Von dieser Erfüllung einer Sohnespflicht erhoffte er sich Beruhigung für sein Gemüt.
     
    »Liebe Mutter, – ich schreibe von einem ›unbekannten Ziel‹ –«
     
    »Wie hast du mich genannt?«
    »Ach, Unsinn, Peter! Ich war nicht ganz mit den Gedanken da.«
    » Wie hast du mich genannt?«
    »Mylord!«
    »Das eine Wort in unserer Sprache, von dem ich zuletzt erwartet hätte, daß es mir je etwas geben würde! Man weiß doch die Dinge nie zu schätzen, bevor man sie sich verdient hat, nicht wahr? Und daß du’s weißt, mein Herz – bevor ich fertig bin, will ich König und Kaiser sein.«
     
    Es ist nicht des Chronisten Pflicht, von dem zu berichten, was ein Kritiker »interessante Enthüllungen des Ehebettes« nannte. Genug, daß der pflichtbewußte Bunter zu guter Letzt seine Schreibutensilien fortlegte, die Kerze ausblies und seinen Gliedern Ruhe gönnte; und daß von allen Schläfern unter diesem Dach der mit dem härtesten und kältesten Bett den ruhigsten Schlaf genoß.

4
Hausgötter
    Herr, er hat eine Feueresse in meines Vaters Hause
gebaut, und die Backsteine leben noch bis an diesen
Tag, die es bezeugen können.
    WILLIAM SHAKESPEARE: II. HEINRICH VI; IV, 2
     
    Lady Peter Wimsey stemmte sich vorsichtig auf einem Ellbogen hoch und betrachtete ihren schlafenden Herrn und Gebieter. Da seine spöttischen Augen geschlossen waren und der kühne Mund entspannt, verliehen die große, kräftige Nase und das wirre Haar ihm das linkische, unfertige Aussehen eines Schuljungen. Und das Haar selbst war fast so hell wie Werg – es wollte einen lächerlich anmuten, daß ein männliches Wesen derart blond war. Aber angefeuchtet und für den Tag geglättet würde sein Kopf wohl wieder die gewohnte Gerstenfarbe zeigen. Gestern abend, nach Bunters schonungslosem Schrubben, hatte sein Anblick sie so sehr gerührt wie des ermordeten Lorenzos Handschuh Isabelle, so daß sie den Kopf erst mit einem Handtuch hatte trocken rubbeln müssen, bevor sie ihn dort bergen konnte, »wohin er gehört«, wie der Volksmund meint.
    Bunter? Ihm widmete sie einen verirrten Gedanken ihres von Schlaf und schläfrigem Wohlbehagen trunkenen Sinnes. Bunter hantierte schon im Haus herum; ganz schwach hörte sie, wie unten Türen auf- und zugingen und Möbel gerückt wurden. Was war das doch alles für ein heilloses Durcheinander gewesen! Aber er, der wundervolle Bunter, würde alles wie von Zauberhand an seinen richtigen Platz

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