Hochzeit mit Hindernissen
wir uns nichts vor”, wandte Renato bedrückt ein, “in ihrem Alter erholt man sich nicht mehr so leicht davon. Zumal ihr Herz ohnehin angegriffen ist. Ich befürchte, wir müssen uns auf das Schlimmste gefasst machen.”
“Dazu besteht nicht der geringste Anlass”, widersprach Angie. “Ich bin ziemlich sicher, dass es sich nicht um eine Herzattacke, sondern um einen vergleichsweise harmlosen Kreislaufkollaps handelt. Und als Ärztin weiß ich, wovon ich rede.”
Zumindest Bernardo schien ihr zu vertrauen, denn er sah sie dankbar und erleichtert an. Als er ihr verstohlen die Hand drückte, verspürte Heather eine eigentümliche Rührung. Obwohl sie sich erst wenige Tage kannten, konnten die beiden selbst in dieser schweren Stunde einander Halt geben. Und sosehr sie sich für die beiden freute, so schmerzlich wurde ihr bewusst, dass ihr jenes Gefühl, nach dem sie sich immer gesehnt hatte, versagt bleiben musste.
Plötzlich fiel ihr ein, dass sie noch immer ihr Hochzeitskleid trug. In dieser Minute sollte sie eigentlich neben Lorenzo vor dem Altar knien und den Segen des Erzbischofs empfangen. Doch was eigentlich der schönste Tag ihres Lebens werden sollte, hatte in einer Katastrophe geendet. Und der Mann, dem sie das zu verdanken hatte, stand direkt vor ihr.
Zeitlebens hatte Heather sich gefragt, was einen Menschen dazu bringen konnte, einen anderen zu hassen oder zu verachten. Nun meinte sie die Antwort zu kennen, und selbst das alte Sprichwort, nach dem Rache süß war, bekam plötzlich einen Sinn.
Unwillkürlich sah sie zu Renato, und sein Blick verriet ihr, dass er zumindest ahnte, was in ihr vorging. Einzig die Sorge um seine Mutter, die ihm ins Gesicht geschrieben stand, ließ Heather davor zurückschrecken, ihm zu sagen, was sie von ihm hielt.
Glücklicherweise betrat in diesem Moment ein Arzt den Flur. “Ihrer Mutter geht es den Umständen entsprechend gut”, teilte er den beiden Brüdern mit. “Wenn Sie wollen, können Sie jetzt kurz zu ihr.”
Heather und Angie blieben allein zurück und setzten sich auf eine Bank. Doch schon nach wenigen Augenblicken kam Renato wieder aus dem Krankenzimmer. Er wirkte noch blasser als zuvor. “Meine Mutter möchte dich sprechen”, sagte er mit Grabesstimme.
“Was ist mit ihr?”
“Sie ist wie besessen von dem Gedanken, dass sie die Schuld an allem trifft.”
“Aber das ist doch nicht wahr! Warum hast du ihr das nicht gesagt?”
“Sag du es ihr”, erwiderte Renato bitter. “Auf mich will sie nicht hören. Sag ihr, was du willst, nur bitte sorg dafür, dass sie sich nicht länger quält. Du bist die Einzige, die ihr jetzt helfen kann.”
Gemeinsam gingen sie ins Zimmer, und Bernardo machte Heather wortlos den Platz am Bett frei und stellte sich zu seinem Bruder.
Baptista wirkte unendlich müde und erschöpft, und der Blick, mit dem sie Heather ansah, verriet, dass sie Todesangst ausgestanden hatte. “Vergib mir”, flüsterte sie kaum hörbar, so schwer fiel ihr das Sprechen. “Mir und meinem Sohn, der solche Schande über unsere Familie gebracht hat.”
“Ich habe dir nichts zu vergeben, Mamma”, widersprach Heather rasch und nahm Baptistas Hand. “Dich trifft genauso wenig Schuld wie mich. Was geschehen ist, ist geschehen, und jetzt lass uns nach vorn schauen.”
Baptista hatte Tränen der Rührung in den Augen. “Du hast ein großes Herz”, sagte sie leise und lächelte sanft. “Und Lorenzo ist ein Dummkopf.”
Heather beugte sich zu ihr hinunter. “Sind das nicht alle Männer?”, fragte sie und erwiderte Baptistas Lächeln. “Umso mehr Grund haben wir Frauen, uns vor ihnen in Acht zu nehmen.”
Heathers Worte schienen ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben, denn Baptistas Gesichtszüge entspannten sich. “Du hast völlig recht”, erwiderte sie. “Wir Frauen müssen zusammenhalten. Darum musst du mir versprechen, dass du Sizilien nicht verlässt, bis ich wieder zu Hause bin.”
Heather hatte große Mühe, ihre Bestürzung nicht offen zu zeigen. Wenn sie überhaupt einen Wunsch hatte, dann den, der Insel so schnell wie möglich den Rücken zuzukehren.
“Willst du das für mich tun?” Baptistas Stimme wurde immer schwächer.
“Denk daran, um was ich dich gebeten habe”, mischte sich Renato drohend aus dem Hintergrund ein.
Baptista schien ungeduldig auf eine Antwort zu warten, und um keinen Preis durfte sie sich jetzt aufregen. “Ich verspreche es dir”, sagte Heather rasch. “Ich werde auf dich warten. Jetzt möchtest
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