Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
nicht. Es tut mir leid, dass sie sich so unnütz aufregte, doch ich habe mir wirklich nichts vorzuwerfen.“
„Gut denn. Nun geh und zieh dich um. Lass mich nicht warten.“
Jo entgegnete nichts. Sie freute sich nicht gerade auf diesen Abend, denn ihr war klar, dass Chloe ihr unwiderruflich die Freundschaft gekündigt hatte. Wahrscheinlich würde sie die ganze Zeit als Mauerblümchen herumsitzen müssen. Nun, sie würde es lächelnd ertragen und tun, als wenn nichts wäre.
4. KAPITEL
Das Fest verlief erfreulicher als angenommen, denn Jo hatte inzwischen auch ohne Chloes Hilfe Bewunderer gefunden. Obwohl sie nicht so offensichtlich hübsch war wie Chloe, besaß sie doch einen ganz eigenen, ungewöhnlichen Charme, der manchen Herrn ansprach. Auch Mr. Tanner war geladen, und sie tanzte mit ihm. Obwohl sie seinen Antrag abgelehnt hatte, betrug er sich so höflich und freundlich wie zuvor, sodass zwischen ihnen keine Verlegenheit aufkommen konnte.
Im Laufe des Abends entdeckte sie unter den Gästen auch Mr. Carstairs, der sie unverschämt anstarrte. Ihr schauderte leicht, doch gleichzeitig musste sie sich sagen, dass er immerhin den besseren Kreisen zugehörte und wohl zwangsläufig öfter zu solchen Gesellschaften geladen wurde.
Insgesamt vergnügte sie sich recht gut; Chloe jedoch schleuderte ihr immer wieder wütende Blicke zu, und Mrs. Marsham ließ sich kaum zu einem Gruß herab, sodass Jo erleichtert aufatmete, als Lady Wainwright zum Aufbruch drängte.
Als sie schließlich in ihrem Zimmer allein war, setzte sie sich hin und formulierte den schwierigen Brief an ihre Tante. Ein letztes Mal überflog sie die Zeilen:
„Liebe Tante, es tut mir leid, Sie verlassen zu müssen, und ich weiß, dass Sie sehr zornig sein werden, doch meine Freundin Ellen ist in großer Bedrängnis, weswegen ich mich ihr anschließe und ihr zur Seite stehen werde, bis ihre Ange legenheiten geordnet sind und sie in ihr gemäßen Umständen untergebracht ist. Mama werde ich ebenfalls schreiben und ihr alles erklären. Ich kann Sie, verehrte Tante, nur um Verzeihung bitten, weil ich so undankbar bin, einfach davonzulaufen, was sich nicht gehört, da Sie zu mir so großzügig waren. Vergeben Sie mir, Jo . “
Es war getan! Sie hatte sich entschieden. Keine Reue! Sie versteckte den Brief in ihrem Schmuckkästchen und legte sich schlafen.
Der Sonntag verlief ereignislos, und als Lady Wainwright sich am Nachmittag zurückzog, um zu ruhen, nutze Jo die Gelegenheit zu packen. Da ihre Taschen nicht zu schwer werden durften, suchte sie nur die nötigste Kleidung zusammen. Mit der Erklärung, nicht noch an ihrem letzten Tag in Bath herumräumen zu müssen, bat sie die Hausmädchen, ihr schon einmal ihren großen Schrankkoffer zu bringen, der zurück nach Cornwall gehen würde, und verstaute all die nicht mehr benötigten Kleider und sonstigen Dinge darin. Schließlich legte sie widerstrebend auch ihren angefangenen Roman mit in den Koffer. Die Geschichte war ihr sowieso entglitten – der verruchte Earl wollte einfach nicht mehr seinem Charakter gemäß handeln. Sie würde damit noch einmal von vorn anfangen, wenn sie und Ellen sich irgendwo häuslich niedergelassen hatten.
Die Dinnerparty, die Lady Wainwright am Abend für einige Freunde als Dank für die freundliche Aufnahme in Bath gegeben hatte, war glücklich vorüber, und ihre Tante sagte vor dem Schlafengehen: „Ich hoffe, du hast deinen Aufenthalt hier genossen, Josephine.“
„Oh, ja, Tante, sehr, und ich danke Ihnen herzlich für die Chance, die Sie mir damit einräumten.“
„Nun, abgesehen von dieser kleinen Unstimmigkeit mit Chloe war es doch recht erfreulich. Bestimmt war sie übererregt, weil Mr. Beverley sich ihr, anders als erwartet, nicht erklärt hat, ehe er abreiste.“ Mit selbstzufriedenem Lächeln setzte sie hinzu: „Vergiss nicht, dass Reverend Browne morgen vorsprechen wird.“
Jo nickte nur und sagte ihrer Tante Gute Nacht. In ihrem Zimmer zog sie sich aus und faltete das elegante Kleid, das sie getragen hatte, sorgfältig, um es ebenfalls in ihre Reisetasche zu packen, da sie glaubte, wenigstens ein repräsentables Kleidungsstück zur Verfügung haben zu müssen. All ihre Besitztümer waren nun gepackt. Nachdem sie ihr Reisekleid übergestreift hatte, ließ sich auf dem Bett nieder, wagte aber aus Furcht, fest einzuschlafen, nicht, sich bequem hinzulegen. Schließlich wollte sie beim ersten Morgenlicht aus dem Haus sein.
Als sie in der grauen Dämmerung bei
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