Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
Ellen eintraf, hatte auch die Freundin schon alles gepackt und die Träger bestellt, die ihren großen Schrankkoffer zur Poststation bringen sollten. Sie bat Jo sofort an den Tisch, damit sie rasch noch ein Frühstück einnähmen. „Ich konnte heute Nacht vor Aufregung nicht schlafen“, erklärte sie, „und ich will gleich nur noch meine Arbeit ausliefern, dann können wir aufbrechen. Ich freue mich so, dass du mit mir kommst. Ganz allein in einem Schlupfwinkel hätte ich mich nicht sehr wohl gefühlt.“
„Bestimmt werden wir wunderbar zurechtkommen, Ellen. Nun eile dich, damit wir die Postkutsche nicht verpassen.“
Eine halbe Stunde später war die junge Frau zurück, und die beiden wollten eben aufbrechen, als die Türklingel heftig gezogen wurde.
Ellen erbleichte und begann zu zittern. „Mein Gott, wer wird das sein? Ach, Jo, geh du und schau nach. Wenn da jemand steht, den du nicht kennst, sag, dass ich nicht da bin!“
„Keine Sorge“, sagte Jo energisch. „Ich lasse dich nicht im Stich.“
Mit klopfendem Herzen, doch entschlossen, die Freundin zu beschützen, öffnete sie und sah zu ihrer Erleichterung Hal auf der Schwelle stehen.
„Gott sei gedankt! Sie sind es! Wir fürchteten schon, es könnte Ellens Vater sein. Dabei geht die Postkutsche in zwanzig Minuten, die wir erreichen wollen.“
„Die Sie beide erreichen wollen?“, fragte Hal verdutzt.
„Hal?“, rief Ellen, in die Diele kommend. „Dem Himmel sei Dank, du bist hier! Wir hatten nicht mehr mit dir gerechnet und wollten gerade aufbrechen. Hast du meinen Brief bekommen?“
„Wolltest du mir durchbrennen?“
„Nein, natürlich nicht.“ Ellen lachte nervös. „Ich schrieb dir doch, jemand beobachtet mich schon die ganze Zeit, deshalb wollte ich aus Angst, dass mein Vater mich zwingen würde, mit ihm zu gehen, nicht länger mit der Abreise zögern.“
„Dann sollten wir uns sofort auf den Weg machen. Deine Koffer?“
„Schon an der Poststation. Nur unser Handgepäck ist noch hier.“
„Um die großen Gepäckstücke werde ich mich kümmern. Was ist mit Ihren Sachen, Miss Horne?“
„Auch nur zwei Taschen. Alles andere soll zu meiner Mutter geschickt werden.“
„Ah, ja …“ Er schaute zweifelnd. „Ich bin ein wenig überrascht. Mit zwei Damen hatte ich nicht gerechnet.“
„Ach, Hal, ich kann ohne Jo nicht reisen. Verlange das nicht von mir. Ich brauche sie. Du weißt, die Niederkunft steht kurz bevor, und ich fürchte mich, allein zu bleiben.“
„Aber du wärest nicht allein!“ Doch als er ihre Miene sah, schüttelte er den Kopf. „Wie auch immer. Da alles schon arrangiert ist, soll Miss Horne eben mit uns fahren. Eilen wir uns also, damit uns nicht noch jemand folgt.“
Als Lady Wainwright am Vormittag in den Salon hinunterging, war sie sehr zufrieden mit sich, denn sie war überzeugt, der heutige Vormittagsbesuch Reverend Brownes würde mit einem Antrag an Jo enden, und das war allein ihr Werk. Zwar war der Mann ein wenig zögerlich, und es hatte ein paar deutlicher Hinweise bedurft, doch nun würde er bestimmt zur Sache kommen.
„Mylady, Ihre Post.“ Der Butler reichte ihr einige Briefe, die sie rasch durchblätterte. Ah, ja, einige Danksagungen für das gestrige Dinner, dann Einladungen – nun, die konnten nicht mehr wahrgenommen werden – und das hier? War das nicht Josephines Schrift? Sie brach das Siegel und las ungläubig die kurze Nachricht. Wie konnte das Mädchen sich derart schlecht benehmen! Zornig schnaubte sie auf, dann klingelte sie nach dem Butler.
„Haben Sie meine Nichte gesehen, Benson?“
„Ich nicht, Mylady, doch eins der Mädchen sagte, sie habe sie schon sehr früh ausgehen sehen … mit zwei Taschen an der Hand. Und ihr großer Reisekoffer ist gepackt; gestern bat sie nämlich Maisie, ihn ihr zu bringen, und packte dann eigenhändig.“
Während Lady Wainwright noch nach Worten rang, läutete die Türglocke.
„Sind Sie zu sprechen, Mylady?“
„Nur wenn es Reverend Browne ist.“
Wie peinlich das war! Sie hatte den Mann glauben lassen, dass sein Antrag willkommen war, und nun das …
„Lady Wainwright!“, rief Mr. Browne schon an der Tür. „Etwas höchst Seltsames … Ich glaube, ich sah gerade Miss Horne, wie sie im Wagen eines Herrn aus Bath herauskutschiert wurde.“
„Wie bitte?“ Sie starrte ihn entsetzt und verwirrt an, ehe sie ihm Jos Brief reichte. „Vielleicht lesen Sie besser? Sie schreibt hier, sie und diese … diese Frau, mit der sie sich
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