Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)
nächtliche Gassirunde mit ihrem Dackel. Bei unserem Anblick schnappte sie ein paarmal hörbar nach Luft.
»Frau Altmannseder! Grüß Sie Gott!«, sagte Brenner fröhlich. Er tat völlig unbeeindruckt von ihrem Auftauchen, und auch ich versuchte unbeteiligt zu wirken. Was mir nicht gerade leicht fiel. Ausgerechnet sie musste uns über den Weg laufen.
»Aber Herr Pfarrer! Was machen Sie denn mit mit mit …« Sie blickte mich mit zusammengekniffenen Augen an und konnte vor Empörung gar nicht weitersprechen.
»Ein Notfall.«
»Aber …« So ganz wollte sie uns das nicht glauben. Und sicherlich würde morgen ganz Halling von der Geschichte erfahren. Doch Pfarrer Brenner blieb ruhig und schaute sie plötzlich eindringlich an.
»Lassen Sie die Sünden wieder einmal nicht zur Ruhe kommen, liebe Frau Altmannseder?«, fragte er in einem besorgten Ton, den ich ihm nicht so ganz abnahm.
Seine Frage schien sie aus dem Konzept zu bringen. Plötzlich hatte sie es eilig, mit ihrem Dackel nach Hause zu kommen.
Er schmunzelte. Und ich war sehr erleichtert.
»Vielen Dank, Herr Pfarrer. Das letzte Stück schaffe ich alleine«, sagte ich und wollte aus seiner Jacke schlüpfen.
»Nein, nein!«, rief er erschrocken. »Lass sie ruhig an, Hanna. Du kannst sie mir ja morgen vorbeibringen.«
Ich lächelte ihn dankbar an. »Das werde ich.«
Er verabschiedete sich und ging auf dem Weg, den wir gekommen waren, wieder zurück. Dann hielt er nochmal kurz inne und drehte sich zu mir um.
»Morgen bin ich ab 15 Uhr im Beichtstuhl. Nur für den Fall …« Er zwinkerte mir zu und ging.
Kapitel 25
Mit dem ersten Licht des Tages starteten Andreas Pinter und seine Freundin Lisa Tinhof den Aufstieg. Die beiden waren gute Kletterer und erfahrene Bergsteiger. Während Andreas sogar schon eine Watzmannüberschreitung hinter sich hatte, war es für Lisa das erste Mal, dass sie den von Wolfgang Ambros besungenen Berg besteigen würde.
Nach etwa zwei Stunden machten die beiden eine Pause. Lisa hatte noch keinen Hunger. Doch Andreas schlug wie immer ordentlich zu und verschlang drei große Schinkenbrote und zwei Müsliriegel. Der schlanke junge Mann mit dem durchtrainierten Körper war immer hungrig.
»Hey! Heb mir ja noch was für später auf, du Vielfraß!«, mahnte ihn seine Freundin.
»Ja, klar!« Er schnappte sich einen Apfel und biss herzhaft hinein.
»Schau mal, dort liegt was«, sagte Lisa und deutete steil nach unten auf einen kleinen Felsen einige Meter weiter links.
»Da hat bestimmt wieder irgend so ein Idiot seinen Müll nicht mit nach Hause genommen.« Andreas ärgerte sich immer sehr darüber, wie achtlos viele Leute waren.
Inzwischen war Lisa aufgestanden und näherte sich neugierig der Felskante.
»Sei vorsichtig, Lisa!«, mahnte Andreas und stand ebenfalls auf.
»Das ist kein Müll. Kannst du mich mal festhalten, bitte?«
»Ach komm. Lass das!«
Doch wenn Lisa sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte sie kaum jemand wieder davon abbringen. Andreas seufzte. Er nahm ihre Hand und hielt sie fest, während sie sich nach unten beugte.
»Ein Rucksack!«, rief sie und zog sich mitsamt ihrer Beute nach oben.
»Wäh. Der ist ja total verdreckt.« Andreas verzog das Gesicht.
»Jetzt hab dich nicht so.«
Doch tatsächlich war der Rucksack nicht nur dreckig, sondern zerschlissen und auch an einigen Stellen aufgerissen.
»Der ist ziemlich alt«, stellte Lisa fest und platzte fast vor Neugierde. Vorsichtig öffnete sie die brüchigen ledernen Riemen.
»Dir graust es wohl vor gar nichts?!« Andreas wandte sich ab. Er erwartete verschimmelte Essensreste, und das wollte er jetzt ganz bestimmt weder sehen noch riechen.
Lisa achtete gar nicht mehr auf ihren Freund. Der Rucksack roch zwar leicht modrig, doch sie empfand das nicht als sonderlich unangenehm. Als Erstes zog sie eine Sonnenbrille heraus, an der ein Bügel fehlte. Ein völlig verwittertes Päckchen Bison-Tabak folgte sowie ein abgebrochener Bleistift.
Da Lisa nichts sagte, drehte Andreas sich jetzt doch wieder zu ihr um. Gerade holte sie eine Brotzeitdose aus dem Rucksack.
»Lass die bloß zu!«, warnte er.
Lisa schüttelte sie vorsichtig. »Das klingt aber nicht nach Essen«, sagte sie. Und tatsächlich hörte man eher ein Klappern wie von einem kleinen Gegenstand und eine Art Rasseln.
»Woher willst du wissen, wie sich seit Jahren eingesperrtes Essen anhört?«, blaffte er sie an.
»Du bist vielleicht eine Memme. Ich mach das jetzt auf!«
Entschlossen
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