Höchstgebot
nahm das Telefon an, tippte darauf herum und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf das Display, das er dicht vor sein Gesicht hielt. Delgado hatte Mickys Passfoto mitgeschickt.
»Das bin ich«, sagte sie, zog ihren Fuß weg und der Mann richtete sich mühsam auf.
»Ich kann es nicht richtig erkennen«, gestand er. »Meine Brille ist soeben kaputtgegangen, aber ich glaube Ihnen.«
Micky ließ ihn nicht aus den Augen, während er sich aufrappelte.
Der Mann klopfte den Schmutz von seinem Jackett und streckte die Hand aus. »Ein Missverständnis also. Ich bin Dr. Jens Hinrichs, Abteilungsleiter von Roeder – Forschung und Entwicklung .«
10
Um halb acht klingelte ihn Katja aus dem Schlaf und gab ihm fünf Minuten Zeit. Dann stehe ein Streifenwagen draußen, Erklärung würde folgen.
Kurz darauf schlich Robert von der Sonne geblendet an einen silberblauen Passat heran, der in zweiter Reihe auf der Straße wartete. Der Polizist fragte ihn, ob er Robert Patati sei. Er konnte mit seinem pharmazeutisch watteweichen Kopf nur unter Vorbehalt nicken, die Schmerzen in seinem Nacken hatten ihm erst wenige Stunden zuvor erneut eine große Dosis Tramadol abgepresst.
Robert erfuhr, dass er an der Autobahnauffahrt Mönchengladbach-Neuwerk an die LKA-Kollegin Hellriegel übergeben würde, er brummte zustimmend und damit war das Gespräch mit der Staatsmacht beendet. Während er aus dem Fenster sah und neugierige Blicke der Passanten einfing, grub er sich mühsam ein Loch durch die Hirnwatte und dachte an sein Telefonat mit Micky zurück.
Sie schien es mit ihrer Selbstständigkeit deutlich besser getroffen zu haben als er. Sie hatte auf eine schon beinahe unfreundliche Art gezögert, als er ihr Carstens Angebot unterbreitet hatte. Wenn es bei ihr so gut lief, dann sollte er sich vielleicht eher von ihr zum Essen einladen lassen.
Vierzehn Kilometer weiter stieg Robert in einen dunkelblauen Ford Focus Turnier älteren Baujahrs um. »Gehört diese blechgewordene Spaßfreiheit etwa dir? Wo ist dein schöner Audi?«, fragte er missgelaunt und tippte abschätzig auf das graue Plastikarmaturenbrett.
Katja lachte, während sie auf die Autobahn zurückkehrte. »Ich fahre nie wieder mit meinem Audi und dir gemeinsam über eine Grenze. Das gibt nur Ärger«, erinnerte sie ihn grinsend an eine folgenreiche Fahrt mit dem grell orangefarbenen Oldtimer nach Venlo, als sie damals den Museumsmörder gesucht hatten.
»Dann ist ja noch nicht alles verloren«, grummelte Robert. »Also, warum diese Eile?«
»Die belgischen Kollegen haben kurz hinter der niederländischen Grenze einen grünen Nissan Patrol im Albert-Kanal gefunden.«
»War der Magritte noch drin?« Roberts Lebensgeister erwachten.
»Eher unwahrscheinlich. Der Wagen wurde gezielt versenkt. Aber er liegt noch auf dem Grund des Kanals.«
»Und woher wisst ihr, dass es genau dieser Nissan ist?«
»Wissen wir noch nicht. Es ist dein Job, ihn zu identifizieren.«
Etwa acht Kilometer hinter Maastricht näherte sich die A 2 langsam dem Prinz-Albert-Kanal an, um von da an seinen Windungen bis nach Lüttich zu folgen. Am gegenüberliegenden Ufer entdeckten sie bald ein großes Zementwerk.
»Da ist es«, sagte Katja und setzte den Blinker zur Ausfahrt nach Lixhe. Sie passierten den Kanal und bogen auf eine Schlaglochpiste ab, die sie in weitem Bogen zu der Fabrik führte. Auf halber Strecke polterte auf der Gegenspur ein Kranwagen heran. Katja musste den Ford ins Grün lenken, um ihn vorbeizulassen. Was er hier getan hatte, sahen sie, als sie das Firmengelände erreichten. Zwischen einem belgischen und zwei niederländischen Polizeiwagen stand ein grüner Nissan Patrol in einer riesigen Pfütze. Aus seinen Türritzen floss immer noch Wasser.
Katja und Robert gingen zu den Polizisten hinüber, die nahe dem Wagen zusammenstanden, und nannten ihre Namen. Ein Deutscher namens Weber übernahm die Vorstellung für die andere Seite. Es handelte sich um zwei Beamte der Lütticher Polizei, Inspekteur Melkamp und Hoofdinspekteur van Duin, einen Maastrichter Commissaris namens Molendorp, der erklärte, den Magritte – Fall soeben erst übernommen zu haben, sowie um Weber und zwei weitere Beamte vom EPICC aus Heerlen. Katja nickte und erzählte, vor Jahren im Euregionalen Polizei-Informations-Cooperations-Centrum hospitiert und erlebt zu haben, wie dort die Polizisten der drei Staaten zusammenarbeiteten, um schnelle grenzüberschreitende Aktionen zu ermöglichen.
»Na, dann soll der
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