Höchstgebot
Restaurants und Kneipen.
Micky und Katja klingelten. Wie erwartet, öffnete niemand. Katja drückte auf einige andere Klingeln, woraufhin gleich mehrere jüngere Stimmen aus der Sprechanlage schepperten.
»Polizei, bitte aufmachen!«, sagte Katja.
Irgendwo klappte ein Fenster zu. Es dauerte Minuten, bis der Türöffner summte.
»Studenten. Die mussten noch blitzschnell die Reste ihrer Kifferparty beseitigen«, spekulierte Katja grinsend.
Sie stiegen zu Saschas Wohnung hinauf und klopften an die Tür. Eine unnatürliche Stille hatte sich auf das ganze Haus gelegt. Abgesehen von einem Rascheln und Krabbeln aus dem Inneren der Wohnung. Micky bückte sich und legte das Ohr gegen die Tür.
»Vielleicht ein Hamster oder so …«
»Praktisch«, sagte Katja. »Dann brauchen wir die Tür nicht aufzubrechen.«
Sie bedeutete Micky zu warten und ging die Treppe hinunter. Bald darauf kehrte sie mit einem Schlüssel in der Hand zurück.
»Es gibt immer jemanden, der den kleinen Liebling versorgt, wenn Herrchen für eine Weile weg muss«, erklärte sie. »In dem Fall die Nachbarin ein Stockwerk tiefer. Sie dachte übrigens, Sascha sei schon wieder zu Hause, weil sie heute Morgen Geräusche in seiner Wohnung gehört hat.«
Der Hamster erwies sich als Ratte, die in der Tat munter umherflitzte und sich sofort unter einem Lehnstuhl versteckte, den jemand gegen die Wand geschmissen hatte. Auch der Tierkäfig war umgekippt und die Sägespäne lagen überall auf dem Teppichboden verstreut. Doch das Chaos in Saschas Wohnung verdankte sich nicht allein einem Mangel an Ordnungssinn. Die Schubladen einer Kommode waren herausgezogen und ausgekippt worden, die Matratze lehnte aufgeschlitzt an der Wand. Der einzige Blumentopf war von der Fensterbank in das Spülbecken umgezogen, der dazugehörige Kaktus lag todgeweiht in einem Schlammbad.
»Jemand ist uns zuvorgekommen«, stellte Micky fest.
Katja zuckte mit den Schultern. »Dann sehen wir nach, was eventuell fehlen könnte«, sagte sie.
Sascha Heidfeld lebte genauso spartanisch wie sein Freund Patrick. Micky und Katja knöpften sich je eine Hälfte des Zimmers vor und hatten es nach einer Viertelstunde durchsucht.
»Irgendetwas Besonderes gefunden?«, fragte Katja.
Micky hielt ein Fotoalbum hoch und schlug die hinterste Seite auf. »Wieder unser Sascha«, sagte sie.
Es war ein Abzug des Fotos, das sie bei Patricks Mutter gesehen hatten.
»Hier gratuliert ihm ein älteres Ehepaar. Bestimmt seine Pflegeeltern.«
Micky blätterte rasch vor bis zur ersten Seite, auf der ein Foto von Sascha als Schulkind zu sehen war. Ein junges Mädchen, das die Pubertät bereits hinter sich gelassen hatte, hielt ihn an der Hand.
»Das muss Sybille sein … Was hast du gefunden?«
Micky tippte auf einen Ordner mit Unterlagen. »Den bin ich mal schnell durchgegangen. Sascha scheint etwas mehr Lebenserfahrung zu haben als sein Freund Patrick. Aber nicht auf allen Gebieten. Ganz unten ist ein Brief des Aachener Kasinos. Darin wird ihm auf unbestimmte Zeit Hausverbot erteilt, ›wegen Unregelmäßigkeiten beim Roulettespiel‹ – Managementsprache für Spielbetrug. Ganz wie Bayder gesagt hat. Nach dem Aachener Reinfall hat er seine Aktivitäten nach Valkenburg an der Geulle verlagert. Dort ist er auch aufgefallen. Das Kasino hat ihn zu einer Besuchsbeschränkung überredet. Er hat aus freien Stücken versprochen, nicht öfter als acht Mal im Monat in einer Niederlassung von Holland Casinos zu spielen.«
»So regeln die das mit obsessiven Spielern«, bemerkte Micky. »Offenbar ist er süchtig.«
»Und ständig pleite«, sagte Katja. »Also, auch dieser Schlagersänger scheint mir nicht der Hellste zu sein. Was machen wir denn jetzt mit der Ratte?«
Micky stellte den Käfig auf und schippte mit dem Futternapf einen Teil der Sägespäne wieder hinein. Aus einem Küchenschrank holte sie Futter und füllte den Napf auf. Daneben stellte sie eine Untertasse mit Wasser.
»Das Tierchen hat irgendwann mal lebenslänglich gekriegt«, sagte sie. »Unschuldig und ohne Prozess. Gönnen wir ihm einen Hafturlaub!«
Im Hinausgehen sagte Katja: »Eine Beschränkung auf acht Besuche pro Monat als Mittel gegen Spielsucht! Das ist, als nähme man einem Alkoholiker das Versprechen ab, sich nicht mehr als zwei Mal pro Woche bewusstlos zu saufen. Das riecht mir nach einer Variante eures Poldermodels, um es sich mit keinem zu verscherzen!«
»Holländischer Geschäftssinn, Katja! Sonst würden unsere Spielsüchtigen
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