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Höchstgebot

Höchstgebot

Titel: Höchstgebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hoeps/Toes
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eine wahnwitzige Verfolgungsjagd, daraufhin ein Zugunglück – und unser Henkie hinkt die ganze Zeit hinterher.«
    Molendorp rief schon nach zehn Minuten zurück. »Ich habe das Reisebüro angerufen. Sascha Heidfeld ist tatsächlich ein treuer Kunde«, sagte er. »Aber augenblicklich hat er nichts gebucht.«
    Micky fragte: »Hat er vielleicht direkt bei einem der Parks an der Tür gekratzt, um spontan unterzukommen?«
    »Gut möglich. Und vielleicht konnte er es dann sogar ohne Rechnung regeln«, meinte Molendorp.
    »Es ist und bleibt unsere geliebte Provinz Limburg«, spot tete Micky. »Wie auch immer, wir sollten das recherchieren.«
    »Mach das mal selbst klar«, erwiderte Molendorp. »Ich informiere unsere Euregio-Verbindungsleute beim EPICC.«
    Schon auf dem Rückweg hatte Anouk deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich nicht unterhalten wollte. Im Atelier versuchte Robert noch eine Weile, aus ihrer Mimik zu ergründen, ob sie wütend war oder sich gar schämte oder was auch immer. Aber alles, was er sah, war ein unverbindliches Lächeln, das man jemandem schenkte, der einem in der U-Bahn den Vortritt beim Ausstieg ließ.
    Hatte er sich diesen Kussüberfall vorhin womöglich nur eingebildet? Ausgeburt seiner schmerzmittelbefeuerten Fantasie? Er tastete nach seiner leicht geschwollenen Lippe. Nein, Anouk hatte ihn ganz und gar real gebissen.
    Während sie arbeiteten, stand Anouk fast viertelstündlich auf, um eine neue Musik auszuwählen. Sie wechselte wild die Stilrichtungen, sprang von Pablo Casals Aufnahme der Bachschen Cello-Suiten zu den Revolutionsattacken von Rage against the machine und über einen Ausflug in die melancholiegesättigte Songwelt von Element of Crime zu schärfstem Free Jazz von John Coltrane, sodass Robert allmählich befürchtete, einen nervösen Tick davonzutragen. Anouk dagegen summte ab und zu leise mit und schien ihr inneres Gleichgewicht wiedergefunden zu haben.
    Als sie schließlich leise lachend ein frühes Album der Einstürzenden Neubauten anklickte, fühlte sich Robert endgültig überfordert, obwohl es doch sein eigener iPod war, und kündigte kategorisch eine Kaffeepause an.
    »Ich bin dabei«, antwortete Anouk fröhlich und drehte den Temperaturregler des Heizspachtels herunter.
    Im Pausenraum reichte er ihr einen Becher mit Cappuccino. »Hat Debriek dir auch erzählt, dass seine Mutter Magritte für die Scheherazade Modell gestanden hat?«, fragte er.
    »Wie bitte?«, sie lachte laut. »Für diese Augen und Lippen brauchte Magritte doch kein Modell. Das sind Bausteine aus seinem Bilderkosmos.«
    »Du meinst, Debriek lügt?«
    »Nicht unbedingt. Vielleicht erzählt er nur naiv eine Familienlegende weiter. Die offizielle Geschichte, warum Mevrouw Debriek eine Zeit lang jeden Mittwoch aushäusig war.«
    »Doch in Wahrheit überließ Mevrouw Debriek ihren Körper nicht dem künstlerischen Genius, sondern dem schneidigen Nachbarn?«
    »Zum Beispiel.«
    »Die Welt ist schlecht. Eine Neigung zur Doppelmoral hat sich jedenfalls in dieser Familie vererbt, das ist klar.«
    »Ja?«, Anouk stützte sich ihm neugierig über den Tisch entgegen. Der Ausschnitt ihres Kleides öffnete sich wie eine Blüte und ließ Robert für ein paar endlose Sekunden jeden weiteren Gedanken zum Thema Moral vergessen.
    »Na ja«, er räusperte sich und schaute in Richtung der Kaffeemaschine, um den Faden nicht endgültig zu verlieren. »Er hat mir erzählt, wie er zu verhindern versucht, dass man seine Roboter als bewaffnete Kampfmaschinen einsetzt. Er unterstützt den Aufbau einer internationalen Initiative, die sich für die Kontrolle dieser Roboter einsetzt.«
    »Er erfindet die Dinger und gründet zu seiner Selbstberuhigung einen Verein, der seine Ziele aber frühestens in der nächsten Generation durchsetzen kann? Ein Fuchs, der Herr Debriek.«
    »Offenbar einer mit Tollwut. Ich bin nach dem Gespräch einige Stunden lang tief ins World Wide Web eingetaucht. An der Oberfläche stößt man gleich auf die Webseite der Initiative mit seinen ehrenhaften und kompetenten Mitgliedern. Aber weit, weit unten in der Google-Liste fand ich Blogs, die mich zu einem Wikileaks-Nachfolger führten, der vor Kurzem interne Dokumente des Geheimdienstes der US Army veröffentlicht hat. Strategieplanungen zur Spaltung der Vereinigung und zur Initiierung von Forschungsprojekten, die beweisen sollen, dass die Kriegsrobotik die perfekte friedenssichernde Abschreckungstechnik ist. Und plötzlich tauchte da als Finanzier

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