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Hoehenfieber

Hoehenfieber

Titel: Hoehenfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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hatte ihr langes Haar im Nacken um ihre Hand gewunden. Mithilfe einiger Haarklammern steckte sie die Mähne zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur auf, für die mancher Friseur sie bewundern würde. Ihr Kopf wirkte dadurch größer, die Stirn höher, das Gesicht rundlicher.
    „Halt mal, bitte.“ Van drückte ihr einen winzigen Taschenspiegel in die Finger und verwandelte ihre Augen mit wenigen geschickten Schminktricks in große, dunkle Seen, denen nicht viel an Ähnlichkeit zu den riesigen Augen einer Mangafigur fehlte. Quinn wusste, worauf all das hinauslief. Das Kindchenschema . Bestimmte Schlüsselreize lösten sowohl in der Tier- als auch in der Menschenwelt gezielte Reaktionen aus: Fürsorge, Hilfsbereitschaft, Kümmerungsverhalten.
    Ein hilfebedürftiges Mädchen, eine niedliche, süße Prinzessin. Eine Zielscheibe für jeden, der sie suchte und nicht wusste, nach wem er Ausschau zu halten hatte.
    „Zieh nicht so ein Gesicht.“ Vans Tonfall passte nicht zu ihrem Aussehen. „Strike!“ Die Schärfe in dem Befehl, der nicht nur „Treffer“ bedeutete, sondern auch „Angriff“, löste eine eingeimpfte Reaktion in Quinn aus.
    Sie übernahm ihre Rolle als Beschützerin und Untergebene.
    „Wie lange stehen wir jetzt in dieser Warteposition?“, fragte Vanita.
    „Zwanzig Minuten“, antwortete Quinn und sah erst danach auf ihre Uhr. Das Gefühl hatte sie nicht getrogen.
    Wie gelassen die meisten Passagiere auf die unerklärliche Verzögerung reagierten. Wurde es nicht Zeit, dass jemand die Flugbegleiter aufforderte, nähere Informationen zu erteilen?
    „Ob ich mal zu einem der Flugbegleiter gehen soll?“
    „Nein“, meinte Van. „Wir werden uns vollkommen zurückhalten.“
    Quinn rückte dicht an ihre Freundin heran. „Glaubst du, was ich glaube?“
    „Der Sheikh?“
    Sie nickte.
    Vanita erwiderte nichts, ließ sie nicht an ihren Gedanken teilhaben, aber was brachte es auch, herumzuspekulieren? Darin war Vanita ihr schon immer weit voraus gewesen. Ihre Freundin ließ sich selten bis nie dazu hinreißen, aus einer Situation mögliche Folgen zu konstruieren oder Vermutungen anzustellen, was wäre, wenn … Sie verließ sich nur auf Fakten. Stand etwas unwiderlegbar fest, war es ihrer Meinung nach früh genug, sich um die Konsequenzen Gedanken zu machen. Diese Charaktereigenschaft fügte sich in Vans sonstige Art: ruhig, überlegt, zurückhaltend, schüchtern, niemals laut oder aufdringlich, ma n chmal sogar eher nüchtern, majestätisch beherrscht – eigentlich so, wie man es von einer Prinzessin erwartete, oder?
    Quinn hingegen würde in Bezug auf sich sofort die Wesen s züge impulsiv und eilfertig unterschreiben. Manchmal. Nein, sie ging zu hart mit sich ins Gericht. Sie traf nur ihre Entscheidungen schneller, aber trotzdem nicht unüberlegt. Dass ihr das Nachteile gegenüber Vanita einbrachte, die drei oder vier Mal so viel Zeit benötigte, um nachzudenken, hatte sie in all den Jahren niemals festgestellt.
    „Hallo?“
    Quinn schrak auf.
    Ihr Sitznachbar auf der anderen Gangseite ließ dem Ausruf mehrfach ein „Miss? … Miss! … Miss?“ folgen und sein Tonfall gewann mit jedem Mal an Lautstärke.
    „Moment bitte, Sir“, antwortete eine der Flugbegleiterinnen über das Mikrofon.
    Ein Baby begann zu weinen, erst leise und wimmernd, dann krähte es mit zunehmender Lautstärke, bis der Ausbruch einem Wutanfall glich. Der Grund der Aufregung zog mit süßlich-markanter Schärfe durch die Reihen. Bei zunehmendem Ausmaß würde sich eine Metanglocke über die Passagiere stülpen und sie ersticken, sodass sich Quinn um den Grund der Verzögerung keine Gedanken mehr zu machen brauchte. Sie kramte nach einem Taschentuch und wischte sich über die Stirn. Seit die Triebwerke des Flugzeugs verstummt waren und die Klimaanlage nicht mehr lief, musste es um gefühlte zehn Grad wärmer geworden sein. Die Sonne stach nun seitlich durch die Bordfenster der gegenüberliegenden Seite. Einige Fluggäste hatten bereits die Klappen an den Fenstern geschlossen.
    „Sir“, sprach Quinn den Mann in der Sitzreihe neben sich an, und hoffte, er würde keinen Anlass darin sehen, sie in ein Gespräch zu verwickeln, „wären Sie so nett, den Passagier am Fenster zu bitten, die Klappe zu schließen – beziehungsweise, meine Bitte weiterzugeben?“ Sie blinzelte gegen die Sonnenstrahlen.
    „Mach mal“, sagte er und stieß mit der Schulter einen vielleicht fünfzehnjährigen Jungen an. Dieser drehte den Kopf und sagte:

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