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Höhenrausch (German Edition)

Höhenrausch (German Edition)

Titel: Höhenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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augenblicklich ihre Männlichkeit ein.
    Es gibt keine männlichen Männerkostüme, außer jemand braucht sich bloß das Hemd auszuziehen, um als «Rocky» durchzugehen.
     
    Erdal schiebt sich das zweite Bounty in den Mund. Gott sei Dank hat er das Schwesternhäubchen abgenommen.
    «Zunächst hat Karsten sich gefreut, mich zu sehen. Wir umarmten uns, und er fragte, wie es mir gehe. Natürlich wollte ich nicht gleich nach seiner neuen Flamme fragen.»
    «Ist dir das gelungen?»
    «Nein.»
    Erdals Augen füllen sich mit Tränen, und seine Wimperntusche zerläuft.
    «Du bist übrigens wirklich toll geschminkt», versuche ich ihn aufzuheitern.
    «Dafür musst du Maurice loben.»
    «Maurice?»
    «Ein Exfreund von mir, der Stylist ist.»
    «Trink noch was und erzähl mir den Abend von Anfang an.»
    «Ach, ich weiß nicht, Linda, jetzt, wo du gerade so verliebt bist, will ich dich eigentlich nicht mit meinem Unglück belasten.»
    Erdal schaut leidend Richtung Küchenfenster. Ich kenne diesen Blick. Jetzt kommt seine Märtyrernummer: Lass mich liegen, es ist nur eine Fleischwunde!
    «Wie du willst, Erdal, dann eben nicht.»
    «Na gut. Wenn es unbedingt sein muss. Ich hatte natürlich darauf geachtet, zwei Stunden zu spät zur Party zu erscheinen. Ich hasse es, pünktlich zu sein, denn wer pünktlich ist, bekommt keine Aufmerksamkeit. Gefeiert wurde der dreißigste Geburtstag von Marco, einem wirklich sehr engen Freund von mir, der mich vor ein paar Jahren in die Geheimnisse von Sado-Maso-Sex einführen wollte. Eine absolute Pleite, wie du dir denken kannst. Mir wird ja schon blümerant vor Schmerz, wenn ich mir die Nasenhaare zupfe. Und Sado ist auch nicht mein Ding. Ich neige nicht zu Gewalttätigkeit. Ich hab’s gern harmonisch.
    Wo war ich? Ach ja, beim Reinkommen sah ich Karsten sofort. Wir schauten uns vertraut an, und ich war mir in dem Moment ganz sicher, dass alles wieder gut werden würde. Wir haben uns dann noch eine Stunde umkreist, bevor wir – ganz behutsam – miteinander sprachen. Nach zwanzig bis dreißig Sekunden musste ich ihn natürlich direkt fragen, ob das Arschloch auch da sei, wegen dem ich in einer Woche drei Kilo zugenommen und anderthalb Pümpchen Asthma-Spray verbraucht hatte. Und was tut Karsten? Gar nichts. Er schweigt und starrt vor sich hin. ‹Wer ist der Typ?›, frage ich. ‹Kenne ich ihn? Bist du verliebt und hast mit ihm geschlafen?›
    Karsten antwortet ruhig und langsam, als hätte er es mit einem Schwachsinnigen zu tun: ‹Nein. Raste jetzt bitte nicht aus, aber der Typ ist eine Frau.›
    Hat man so was schon gehört? Der liebe Erdal soll sich gefälligst gesittet benehmen, auch wenn sein Freund so mal eben nebenbei die Seiten gewechselt hat? Eine Frau, Linda! Das ist so entwürdigend, so niederträchtig, so, so: ekelhaft! Allein bei der Vorstellung, wie mein Karsten mit einer Frau … also da kommt mir alles hoch! Nein, unterbrich mich jetzt bitte nicht, Linda. Es ist ja nicht persönlich gemeint, aber ihr Frauen seid, jetzt nur vom Geschlechtsorgan her betrachtet, einfach so unheimlich. Ich hätte immer Angst, da unten nicht lebend wieder rauszukommen. Mal ganz abgesehen davon, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie ihr euch da richtig sauber halten wollt. Und du weißt, Linda, was den Aspekt Hygiene angeht, bin ich äußerst penibel.
    Okay, wo war ich? Ach ja. Was mache ich also: Raste ich aus? Drehe ich durch? Mache ich eine filmtaugliche Szene? Natürlich! Was denn sonst? Ich habe eine große Schüssel Büsumer Krabbensalat über Karsten ausgeleert und ihn mehrfach gegen beide Schienbeine getreten. Als er etwas sagen wollte, habe ich die Party wortlos verlassen.
    Ich sage immer: Man muss so kommen und so gehen, dass es jeder mitkriegt. Ich weiß jetzt übrigens, wie ich es Karsten mit gleicher Münze heimzahlen kann, auch wenn das von mir große Opferbereitschaft und höchste Überwindung erfordert. Ich sage nur: Auge um Auge, Zahn um Zahn!»
    «Was schwebt dir vor?»
    «Linda, findest du mich eigentlich attraktiv?»

«POSTKOITALE NACHLÄSSIGKEIT»
    «Sauerbraten.»
    «Wie bitte?»
    «Hab ich auch schon lange nicht mehr gegessen.»
    «Ach, tatsächlich?»
    «Am liebsten würde ich ihn mit Klößen essen. Oder doch lieber mit Rösti? Was meinst du?»
    «Darf ich mich kurz von meinem letzten Orgasmus erholen, bevor ich dazu Stellung nehme?»
    Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie schnell der männliche Höhepunkt in Vergessenheit gerät und so zu einem weiblichen Tiefpunkt

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