Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

Titel: Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Kaul
Vom Netzwerk:
»Höhenkrankheit«, das von uns allen mit ziemlichem Respekt behandelt wird.

Hoch wandern - tief schlafen
    Insgeheim prüfe auch ich - ganz wie die meisten aus unserer Gruppe -, ob es nur die Schlaflosigkeit der letzten Nacht ist, die mir in den Knochen steckt. Jedes Hin- und Hergehen auf dem Hüttengelände wird fast automatisch zu einem sehr langsamen Schritt-für-Schritt. Ein wenig beruhigt sind wir alle erst, als Hubert, der Mann mit viel Kili-Erfahrung, feststellt, dass die erste Nacht auf 3700 Meter Höhe eigentlich immer ziemlich heftig ist. Die folgende Nacht - das könnten wir dann für uns überprüfen - sei ganz anders. Zu diesem Zeitpunkt hätten wir das Akklimatisierungstraining hinter uns, das heute einen Anstieg auf etwa 4200 Meter vorsieht. Oder, präzise beschrieben, wie Hubert es so liebt: »hoch wandern« - nämlich auf die 4200 Meter des »Saddle« - und dann in der folgenden Nacht »tief schlafen« - nämlich auf 3700 Metern. Eigentlich ein einfaches Rezept - vorausgesetzt, der eigene Körper nimmt es so an.
    Ich mache mir nach unserem Frühstück für mich allein ein paar Gedanken, wie es denn weitergehen könnte. Gut - den nicht enden wollenden Anstieg durch Nebel und Kälte hatte ich irgendwie noch bewältigt, obwohl ich schon ganz schön gefordert und manchmal außer Puste war. Irgendetwas möchte ich jetzt finden, das den Kopf wieder freier macht, ich möchte weg von dem unbedingten: Ich muss da oben rauf! Grübeln, Nachdenkarbeit zwischen Frühstück und Aufbruch zur Trainingstour auf die 4200 Meter.
    Da kommt mir gottlob die eigene Erinnerung zu Hilfe: Aller Welt gegenüber - bei den WDR-Kollegen in Köln, den eigenen Freunden, aber auch bei unserer Bergwandergruppe - musste
ich ja schon vor Wochen immer wieder die Frage beantworten: »Und du mit deinen 67 Jahren willst da wirklich hoch, auf den Kili?« Und immer wieder hatte ich mich auf Folgendes festgelegt: »Doch, auf die 3700 Meter würde ich schon gerne hochkommen - alles Weitere, alles, was in der Höhe darüber liegt, das ist für mich Geschenk, Überraschung, Freude und nochmal Geschenk!«
    Jetzt, auf 3700 Metern, spüre ich, dass das guttut, dass dieser Gedanke mich wieder freier atmen und gelassener auf das sehen lässt, was die nächsten achtundvierzig Stunden bringen werden. Die Trainingstour auf das 500 Höhenmeter weiter oben gelegene Ziel, der klare Himmel, der uns endlich den Blick auf den Berg freigibt, vermitteln mir das Gefühl, dass alles gut gehen könnte.
    Beim Hochsteigen dann werde ich allerdings den Eindruck nicht ganz los, dass Remidy - unser einheimischer Guide - und auch Debbie, die Führerin der Wandergruppe, jeden Einzelnen von uns ziemlich genau im Blick haben. Was verrät das Tempo beim Gehen, was die Schrittfolge über Fitness und Gesundheitszustand der Teilnehmer? Was sagen der Gesichtsausdruck oder die Sprechweise dem erfahrenen Begleiter? Wem kann man in den nächsten Tagen das Hochgehen auf den Kili zutrauen - oder mit wem muss gesprochen werden, dass er von sich aus auf dieses Ziel verzichtet?
    Ein wenig habe ich mich in der Einschätzung der eigenen Kräfte durch das schöne Wetter und die lang ersehnten Ausblicke auf die Berge der Umgebung täuschen lassen. Als wir am Nachmittag in »unsere« Horombo-Hütte zurückkommen, bin
ich ziemlich geschafft und reif für das Matratzenlager. Ich will mich nur noch ausstrecken, die Augen zumachen, entspannen.
    Ziemlich rabiat ist dann die Rückkehr in die Wirklichkeit: Hubert will letzte Absprachen, wie es am Freitagmorgen mit den Sendeterminen steht, und dazu auch eine genaue Festlegung für den Sendeplatz unserer transportablen Funkeinrichtung auf dem Kili-Gipfel. Ganz sicher ist für alle eigentlich nur, dass die große Sendeanlage mit dem Großteil des Technikteams auf Horombo bleiben wird; was die fünf von uns - Redakteure, Kameraleute und Techniker -, die den Gipfelanstieg machen wollen, am Freitagmorgen zu welcher Zeit, an welchem Ort der Gipfelzone hinbekommen - darüber hat es bei allen Vorgesprächen in der Heimat minutiöse Absprachen gegeben.

Unberechenbarer Kilimandscharo
    Wir wollen vom Stella Point auf 5756 Meter Höhe senden, nur von hier aus könnte die Funkstrecke »stehen«. Aber wann genau wir diesen Punkt erreicht haben könnten, wer von uns in der entscheidenden Nacht vielleicht umkehren muss, weil er nicht mehr kann, das lässt sich an diesem Mittwochnachmittag auf 3700 Meter Höhe nicht zielführend diskutieren. Es gibt einfach so

Weitere Kostenlose Bücher