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Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

Titel: Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Kaul
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durch zu viel Reden der Atem nicht knapp wird, und höre Titus zu, wie er von seinen Vorbereitungen für das Abenteuer Kilimandscharo erzählt. In den 1980er-Jahren unterrichtete Titus in Münster Erdkunde und Sport, als ihn plötzlich eine große Leidenschaft und Herausforderung für seine berufliche Zukunft packte: das Skateboarden. Der Mann, der da neben mir herläuft, hat in einem Extrarucksack sein »Handwerkszeug« bei sich, ein altes Skateboard. Mit ihm will er auf den Kili-Gipfel; er will sich den Traum erfüllen, dort einen »Oldschool«-Trick aus seiner Jugend vor schlappen fünfundzwanzig Jahren auszuführen. Sein Ziel: »Damit bin ich wohl im Guinness-Buch der Rekorde, Abteilung Skateboard.« Nun lächelt der Münsteraner verschmitzt; mehr sei es nicht, auch nicht irgendeine Art von Selbstbestätigung beim Älterwerden - nein. Ein wenig kokettiert Titus schon mit seinen grauen Haaren und seinem grauen Bart - aber ewig jung, das sei bei ihm eine glatte Fehlanzeige.
    Das, was er in den Wochen vor dem Start nach Tansania als Vorbereitung durchführte, ist eindrucksvoll genug: Vier Wochen lang verzichtete er bei sich zu Hause auf die normale Schlafumgebung und absolvierte in seiner Stadtwohnung ein Höhentraining
im Sauerstoffzelt, um sich auf die Luft- und Atemverhältnisse in der Kili-Region einzustellen.
    Und am Ende seines »Aufwärmens« setzte sich Titus, der Unternehmer aus Münster, der mit seinen Skateboards zuletzt einen Jahresumsatz von rund vierzig Millionen Euro gemacht hat, in den Zug und reiste mit seinem Laptop in die Gipfelregion der Schweiz. In einem Hotel auf über 3000 Meter Höhe wollte er die letzte Lektion in Sachen »Sauerstoff« lernen, bevor er Richtung Tansania startete.
    Nein, nein, maßlosen Ehrgeiz habe er nicht, da oben raufzukommen, aber wenn’s klappt - ja, dann eben mit dem heißgeliebten Skateboard, sagt Titus und leiht mir mal eben sein Mützchen aus, damit ich ein wenig mehr Schutz vor der stark ansteigenden UV-Strahlung habe.

Immer nur einen Schritt gehen
    Ein paar Meter hinter uns, top durchtrainiert, Andrea, die vor sechs Jahren - damals war sie 29 - ihren ersten Marathonlauf absolviert hat. Die Mutter eines fünfjährigen Sohns sieht das »Unternehmen Kili« ganz unspektakulär: »Ich suche einfach eine Herausforderung, und um sie zu bewältigen, konzentriere ich mich ganz auf mich, ganz allein auf mich, und bin weit weg von meinem normalen Alltag.«
    Eines hat Andrea in den ersten Tagen des Zusammenseins schon festgestellt: Hier sei doch jeder sehr stark mit sich selbst und seinem Vorwärtskommen beschäftigt. So etwas wie ein
Gruppenspirit sei dagegen kaum zu spüren. »Auch wenn es ungewohnt ist, hier mit sechs Leuten ein Zimmer zu teilen - ich bin da anpassungsfähig. In den stillen Momenten schaue ich mir schon mal ein Foto von meinem kleinen Sohn an; ich denke oft an ihn, an die Familie. Dann genieße ich die Ruhe. Wenn ich jetzt diesen Weg hochgehe, konzentriere ich mich ganz auf meinen Körper.«
    Und dann bekomme ich für meine nächste Etappe von Andrea noch eine Lebensweisheit mit auf den Weg, sie selbst würde sich daran ausrichten, lacht sie: »Wenn du einen Berg vor dir hast, geh immer nur einen Schritt.« Und so wichtig sei der Kili-Gipfel ja nun auch nicht. »Wenn’s nicht ist, dann ist es nicht schlimm« - das hat ihr die eigene Familie mit auf den Weg gegeben.
    Ich gehe weiter, denke ein wenig weiter und finde inzwischen das Lebensmotto der 35-Jährigen so spannend, dass ich in den nächsten Minuten einmal selbst darüber nachdenke, wie es damit ist, einen Berg vor sich zu haben und immer nur diesen einen Schritt zu gehen.
    Gut dreizehn Kilometer zieht sich die ganze Strecke zwischen der Mandara- und der Horombo-Hütte, aber irgendwie hatten wir uns am »Halbzeit-Punkt« auf 3200 Metern zu früh gefreut: Das Auf und Ab des Weges nimmt kein Ende, die Abstände zwischen den Ersten, dem Mittelfeld und den Nachzüglern der Wandergruppe werden immer größer. Die Hilfsversuche unserer beiden »Führer«, Hubert und Debbie, häufen sich: Durch Nebenhergehen, durch aufmunternde kleine Gesten, durch die Nachfrage, ob vielleicht einer der einheimischen Träger den
Rucksack mit übernehmen soll, wollen sie mal den einen, mal die andere ein Stückchen weiterbringen.
    Ich überlege, ob unser frühes Aufstehen wegen unserer Live-Sendung für den zunehmenden Kräfteverlust verantwortlich ist, aber auch andere aus der Gruppe signalisieren recht deutlich, dass sie

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