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Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

Titel: Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Kaul
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zu hören! Und jetzt ist endlich auch klar, dass wir am nächsten Morgen von hier aus werden senden können.
    Es beginnt eine bitterkalte Nacht. Der Versuch, irgendwo Wärme zu finden beim Hineinkriechen in den Schlafsack. Der einzige Wunsch, in der Nacht aus der ohnehin schon kalten Hütte nicht noch zitternd mit einer kleinen Lampe an der Stirn auf Toilettensuche gehen zu müssen. Die Uhr, die Stirnlampe auf der Matratze: Es ist alles da, auch das vorbereitete »Schmusetuch«, die Nacht kann beginnen. Ein wenig gespannt bin ich schon, ob es auch auf 3700 Meter Höhe den Weckruf unserer einheimischen Begleiter am Morgen geben wird: »Sir, do you want coffee or tea?«

Kapitel 13
    Der Berg der Götter
    »Und plötzlich ist er da, zum Greifen nah!«

    Es hat schon etwas ganz Eigenes, dieses Ereignis in der Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch. Vernünftig schlafen kann nach der Anstrengung des stundenlangen Anstiegs zur Hütte eigentlich keiner. Die Betten knarren, die Mitbewohner aus unserem Team wälzen sich hin und her. Dazu die Unsicherheit, ob wir unsere morgendliche Live-Schaltung nach Deutschland hinbekommen, wo doch das dafür nötige Equipment erst am späten Abend hier ankam. Unruhe breitet sich aus, verstärkt durch die veränderte Luft auf 3700 Meter Höhe. Und dann plötzlich,
nach einem der zahlreichen Toilettenausflüge eines Hütten-Mitbewohners, die immer mit knarrender Tür und geräuschvollem Hinausschlurfen einhergehen, sodass fast jeder in der Hütte bei dem ohnehin unruhigen Schlaf wieder richtig wach wird - plötzlich und im Flüsterton erreicht uns die Botschaft: »Er ist da!«
    Die Nachricht elektrisiert alle, obwohl sie morgens gegen vier Uhr früh niemand so recht glauben will. Doch der Berg zeigt sich tatsächlich das erste Mal während unseres nun schon mehrere Tage dauernden Tansania-Aufenthalts! Es gibt ihn also wirklich, den Götterberg. Mit seiner Silhouette und der schneebedeckten Gipfelzone setzt er sich gegen den tiefblauen Morgenhimmel ab; er sieht aus wie auf den Ansichtskarten, die es hier in jedem Souvenirshop zu kaufen gibt - er entspricht in jeder Hinsicht den Wunschvorstellungen über ihn in unseren Köpfen. Aufstehen, rausgehen, sehen, staunen!
    Und das Tröstliche nach der Plackerei des vergangenen Tages: In dieser Morgenstimmung erscheint uns der Berg zum Greifen nah. Der Kili scheint machbar.
    Draußen, auf einem Platz mitten im Horombo-Hüttendorf, haben unsere Techniker schon vorgearbeitet. Die durch die einheimischen Träger am Vortag mühevoll hochgeschleppte Satellitenausrüstung wird aufgebaut, und jeder von uns begreift, dass ohne den extremen Transporteinsatz der Einheimischen nichts, aber auch gar nichts auf 3700 Meter Höhe gesendet werden könnte. Dankbarkeit und kräftiges Händedrücken für diesen tollen Einsatz und ein wenig Bangen, ob uns die Märchenperspektive auf den weißen Kili während unserer Sendetermine noch erhalten bleiben wird.

    In der Zwischenzeit werden wir - obwohl durch unser Kili-Sightseeing eigentlich schon alle wach sind - noch ganz offiziell geweckt: »Coffee or tea? Black or white?« Da ist es wieder, das angenehme Frageritual, das die tansanischen Küchenhelfer zelebrieren.
    Ordentlich nebeneinander aufgereiht stehen auf den Treppenstufen zur Hütte die winzigen bunten Plastikschüsselchen, in denen sich jeweils ein Liter lauwarmes Wasser für die Körperpflege befindet - in dieser Höhe und nach dieser eher schlaflosen Nacht schon fast etwas Luxus. Die winzige Menge Wasser erspart mir schwierige Entscheidungsprozesse, was ich mir damit an Körperpflege und Zähneputzen vor unserer Hütte leisten kann. Schließlich ist dieser Mittwochmorgen hochgerechnet nur noch 48 Stunden von der Entscheidung entfernt, wie nahe uns der Kili mit unseren Gipfelwünschen an sich herankommen lässt - oder eben nicht.
    Ein wenig später findet der erste Morgenkontakt zu unserer Bergwandergruppe statt, zu Debbie und einem Hubert Schwarz, der an diesem Ort und mit diesem Ausblick auf das Kili-Ziel erstmals etwas dünnhäutig wirkt. Für ihn und Isabel, die begleitende Ärztin, gibt es in den nächsten Stunden einiges zu entscheiden. Denn der Traum vom Kili ist für einen aus der Wandergruppe schon beinahe ausgeträumt; er selbst will zwar unbedingt hoch, die ärztlichen Einwände gegen ein Weitergehen wiegen jedoch schwer. Er nimmt per Telefon Kontakt zu seinem Hausarzt auf und muss dann abwarten. Plötzlich ist es ganz konkret da, das Thema

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