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Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

Titel: Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Kaul
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fertig sind. »Wie lang geht diese Quälerei noch, hört der Weg denn niemals auf, wann kommt endlich, endlich die Hütte?« Stoßseufzer, die der eine nur leise für sich herausbringt, während andere sie gemeinsam stöhnen.

Die Luft wird langsam dünn
    Dass sich nach dem Überschreiten der 3000-Meter-Marke so manches geändert hat - beim Atmen, beim Puls -, das bemerke ich zuerst bei Elias, einem Kollegen und Freund von mir, den ich aus der täglichen Berufsarbeit seit Jahren kenne. Er bleibt Meter um Meter zurück, geht allein: »Lasst mich, ich komme in meinem Tempo dann später nach, aber lasst mich jetzt!« Das sind seine Signale. Ziemlich blass im Gesicht, angestrengt - irgendwie schafft er es noch, mit den anderen später an der Horombo-Hütte anzukommen, aber seine Aussage steht:« Weiter nach oben, da werde ich nicht mitkommen.« Um uns überhaupt so weit zu bringen, hatte unsere Führerin Debbie schließlich zu einem bösen Trick gegriffen: Über sieben Brücken, die ziemlich weit auseinander immer über dasselbe Bachbett führen, über sieben Brücken müssten wir noch gehen - dann über fünf, über drei... und als unsere Gruppe bei der siebten feststellt, dass
wir noch immer nicht an der Hütte angekommen sind, kommt die irgendwie erlösende Ansage, dass wir gleich hinter dem nächsten Anstieg schon das Dach der Hütte sehen könnten.
    Geholfen hat er, dieser kleine Trick: Am Abend dieses Tages sind alle Mitglieder unserer Gruppe auf 3700 Metern angekommen, ziemlich ausgebrannt, die meisten eher wortlos als gesprächig. Jeder von uns hat heute zu spüren bekommen - der eine mehr, der andere weniger -, dass die Höhe und die damit veränderte Luft zum Atmen kein Kinderspiel sein würde!
    Allmählich kommen auch die Träger mit den schweren Packsäcken unserer Gruppe an. Ein wenig abseits von den Hütten für die ausländischen Wandergruppen sammeln sie sich, kramen aus ihren Taschen Blechgeschirr und Plastiktöpfe, den abgeschnittenen Rest einer Wasserflasche heraus und warten auf ihre Essensausgabe. Ein dicker Milchbrei wird aus dem Kochtopf verteilt, ein Schlag aus der Schöpfkelle für jeden, und wer versucht, noch eine zweite Ration zu ergattern, wird ziemlich barsch zurückgewiesen. Putzen, Waschen von Geschirr und Besteck - dann gehen die Träger zu den für sie vorgesehenen Übernachtungsplätzen. Immer zwei von ihnen müssen sich ein Bett teilen, mehr Platz gibt es nicht, heißt es.
    Nachdem wir bei der Essensausgabe noch mit unserer Kamera dabei waren, spüre nun auch ich, dass der Weg heute mich jede Menge Kraft gekostet hat. Kein Gedanke an Frischmachen, an Umziehen oder Auspacken des Rucksacks; nur ein Ziel: hoch auf das Etagenbett, dann die Augen zumachen, die Beine ganz lang ausstrecken, an nichts denken... und still darauf hoffen, dass die Anspannung im Körper nachlässt.

    Irgendwie - daran erinnere ich mich später noch - schleppe ich mich in den Verpflegungsraum zum Abendessen. Was es zu essen gab, worüber wir uns an diesem Abend noch unterhalten haben, wer von uns noch Mineralwasser oder eine Flasche Kilimandscharo-Bier getrunken hat - ich weiß es nicht mehr. Offensichtlich eine Blackout-Situation, weil wir durch die größere Höhe eher unbemerkt ganz schön Kraft verloren haben. Das einzig Tröstliche dabei ist, dass es an diesem Abend den meisten so ergeht.

Wer schafft es bis nach oben?
    Zwei Teilnehmer der Gruppe haben schon die Vorentscheidung darüber getroffen, ob sie weitergehen oder nicht. Angela aus Hamburg erzählt, sie habe sich jetzt entschieden, den Weg auf den Gipfel auf keinen Fall mehr mitzumachen, das sei nur noch Schinderei. Und einem männlichen Wanderer signalisiert Isabel, die begleitende Ärztin, dass die Horombo-Hütte der Endpunkt seiner Wanderung sei, wenn sich sein Gesundheitszustand nicht deutlich verbessere.
    Für das ARD-Team ist der Tag noch nicht zu Ende, obwohl sich die anderen schon einen Platz zum Ausruhen und Entspannen suchen. Die Träger, die die Satellitenausrüstung hierher bringen sollen, sind immer noch nicht da, obwohl es draußen schon dunkel wird. Mit dem Handy irgendwelche Informationen hierher zu bekommen scheitert an der extremen Lage... Also heißt es: warten, warten und nochmals warten. Nach
Stunden, ganz spät am Abend erst, kommt das erlösende Signal von Debbie: »Sie sind da, sie sind da!« - glücklicherweise ohne dass einem der Träger auf dem halsbrecherischen Weg hierher etwas passiert ist. In allen Hütten ist ein Aufatmen

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