Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

singen auf Kisuaheli ihren Ohrwurm, den »Kili-Song«. Den Refrain wiederholen sie mit uns gemeinsam vier, fünf, sechs Mal, und mit unserer Unterstützung beteuern sie noch einmal: »Hakuna matata - no problem!«
    Dann werden die Briefumschläge an die Guides und Träger verteilt, in denen sich der Lohn und die Trinkgelder für die Knochenarbeit der letzten Tage befinden. Woran werden sich Jesaia, Deo und Remidy in zwei Tagen oder zwei Jahren noch erinnern? Vielleicht an den verrückten, waghalsigen Transport einer Kamera-Live-Ausrüstung bis ganz nach oben? An unser Lachen, die Freude oder auch die Verzweiflung? Oder wird von all dem nicht viel übrig bleiben? Denn zu ähnlich waren unser Lachen, unsere Freude und auch unsere Verzweiflung dem, was Jesaia, Deo und Remidy immer wieder erleben, wenn sie Fremde auf den Berg hinauf begleiten. Hakuna matata - kein Problem, dieser Kili?

Gefühle zulassen und Achtsamkeit üben
    Und ich? Woran werde ich mich erinnern? Was habe ich vom Kili mitgebracht? Meine Freunde und Bekannten stellten mir in den Monaten nach meiner Rückkehr fast immer dieselben Fragen: Warum hast du dir das angetan? Gab es bestimmte Gründe dafür, das gerade jetzt zu machen, mit 67 Jahren? Wie war es denn da oben? Und schließlich die vielleicht schwierigste Frage von allen: Würdest du das noch einmal machen?

    Eine eindeutige Antwort, ein Ja oder Nein auf diese Fragen finde ich auch heute noch nicht, Monate nach meinem Aufstieg auf den Kilimandscharo. Sicherlich haben die Aspekte »Herausforderung« und »Selbstbestätigung« - gerade mit 67 Jahren - eine Rolle gespielt. Sicherlich war es auch ein bisschen »Thrill«, bei denjenigen dabei gewesen zu sein, die erstmals live von »ihm«, dem Kili, gesendet haben. Doch wie es da oben wirklich war, erspüre ich eigentlich erst in diesen Monaten danach.
    Der Besuch auf dem Berg der Götter - heute begreife ich es - ist eher ein Ereignis mit Langzeitwirkung. Heute erst kann ich es in allen Teilen ertasten und erfühlen.
    Und wie sieht es mit einem Wiedersehen aus? Die Menschen am Fuße des Kilimandscharo noch einmal zu erleben, den selbstbewussten und nachdenklichen Remidy und all die anderen? Ganz leise sage ich es heute vor mich hin: Ja! Hakuna matata, kein Problem? Ich werde in Zukunft noch mehr Gefühle zulassen und achtsamer nachdenken.



eISBN 978-3-641-03709-3
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