Hoehepunkte der Antike
Geschaffenes“
sei. Damit sprach er ihm die Göttlichkeit ab. Mehrere provinziale Synoden beschäftigten sich mit der Problematik und gelangten
zu konträren Einschätzungen.
Da auf diese Weise offenbar keine einvernehmliche Lösung herbeizuführen war, wurde der Kaiser in einer bisher ungekannten
Weise tätig: Er berief zum ersten Mal in der Geschichte der katholischen Kirche für 325 ein allgemeines Konzil in den Kaiserpalast
in Nizäa ein, das die Streitfragen verbindlich klären sollte. Hier wurde tatsächlich ein Kompromiss gefunden, an dem der Kaiser
maßgeblich beteiligt gewesen sein soll: Das Konzil erarbeitete eine neue Glaubensformel, nach der Gottvater und Christus ,wesensgleich‘
(
homoousios
) seien. In Abweichung von der arianischen Position hielt man fest, dass Christus „gezeugt und nicht geschaffen“ sei. Auf
dieser Grundlage wurde ein Glaubensbekenntnis formuliert, das für die christliche Kirche verbindlich sein sollte: das ,Nizänum‘.
Die Beschlüsse des Konzils wurden vom Kaiser in ein Edikt gefasst und erlangten damit Gesetzeskraft.
Konstantin war hier nicht an der Durchsetzung einer bestimmten theologischen Position gelegen; ihm kam es darauf an, eine
mehrheitsfähige Lösung herbeizuführen und so den Konflikt in der Kirche zu überwinden. Sein Verhalten in dem Zusammenhang
gründet auf seiner |209| Verantwortung für den Kult, die sich aus seiner Rolle als
pontifex maximus
ergab. Auch früher schon hatte es Kontroversen in der Kirche gegeben, die aber von den Bischöfen selbst beigelegt werden konnten.
Im Donatisten- und Arianismusstreit gelang das nicht mehr. Die Kirche verfügte über keine Einrichtung, die verbindliche Entscheidungen
in Fällen erwirken konnte, in denen provinziale Synoden zu divergierenden Urteilen gekommen waren. Die Kirche war nun auf
den Kaiser angewiesen, da sie selbst noch keine Institution ausgebildet hatte, die in solchen Situationen handeln konnte;
das Papsttum existierte noch nicht. Konstantin vermochte die Lücke zu füllen, indem er eine allgemeine Synode einberief und
für die Umsetzung ihrer Beschlüsse sorgte.
Wir haben es hier nicht nur mit einer Kooperation von Staat und Kirche, sondern mit einer Überschneidung staatlicher und kirchlicher
Einrichtungen und Aktivitäten zu tun. Aus Sicht von Kaiser und Staat war dies unbedenklich, denn eine Trennung von Politik
und Religion existierte im römischen Reich nicht. Der Kult war ein integraler Bestandteil des politischen Lebens und der Kaiser
letztendlich für ihn verantwortlich. Seit das Christentum
religio licita
war, erstreckte sich seine Fürsorgepflicht auch auf die christliche Religion. Die Tatsache, dass Konstantin sich zunehmend
als vom Christengott beauftragt sah, dürfte diese Einschätzung noch verstärkt haben.
Das Kaisertum Konstantins und das Christentum
Die Hinwendung des Kaisers zum Christentum und die Förderung der christlichen Kirche seitens des Staates bescherten der Kirche
einen bisher ungekannten Zulauf. Die Mehrzahl der Bewohner des römischen Reiches waren jedoch noch keine Christen. Auch wenn
sich Konstantin zuweilen despektierlich über die paganen Kulte äußerte, unternahm er – im Unterschied zu einigen seiner Nachfolger
– kaum Schritte gegen sie. Ein solches Vorgehen hätte mit großer Wahrscheinlichkeit den inneren Frieden beeinträchtigt. Es
hätte die Akzeptanz des Kaisers sowohl bei der westlichen Senatsaristokratie wie auch beim Heer – zwei entscheidenden Gruppen
im Reich, in denen die Zahl der Christen noch sehr niedrig war – gefährdet. Das Moment, dass er sich vom Christengott autorisiert
sah, veranlasste Konstantin also keineswegs, eine konsequent christlich geprägte Politik zu betreiben. Dies lässt sich auch
anhand |210| seiner Gesetzgebung zeigen: Unter der großen Zahl von Gesetzen, die er erlassen hat, finden sich nur wenige, die als eindeutig
christlich motiviert anzusehen sind.
Das Kaisertum Konstantins insgesamt war zum einen durch die traditionellen Elemente geprägt, die bereits den Prinzipat auszeichneten
(etwa sein Bezug zum Recht), zum anderen durch Neuerungen, die seine Vorgänger in der Tetrarchie eingeführt hatten (besonders
die veränderte monarchische Repräsentation, die den Kaiser zunehmend lebensweltlichen Zusammenhängen entrückte). Spezifisch
Christliches hielt hier nur langsam Einzug. Nahezu frei von christlichen Elementen blieb die Organisation der
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