Höhepunkte
Sterne des Wehklagens, Sterne der Hingabe, Sterne unendlicher Liebe, und fragte sie: »Warum verhöhnt ihr mich so?« Er kam in einem verheerenden Zustand zur Arbeit, erschöpft und düster. Seine Verzweiflung war genauso ekstatisch wie vorher sein Glück.
Selbst dem Chef der Havanna Melody Boys fiel auf, wie niedergedrückt Nestor war. Während die anderen Musiker quer über die Bühne Mambo tanzten, bewegte er sich kaum. Jemand flüsterte: »Sieht aus, als müßte er grad durch eine schlimme Herzenssache durch.«
»Armer Kerl, vielleicht ist jemand gestorben.«
»Laßt ihn in Ruhe. Es gibt nichts, das ihn heilen könnte. Nur die Zeit.«
Schließlich fuhr er in ihr pueblo , vier Stunden im Bus von Havanna entfernt. Er ging durch die Straßen und fragte nach einer gewissen Maria Rivera. Er war gefahren, ohne seinem älteren Bruder ein Wort davon zu sagen, und hatte sich in einem Gasthaus ein Zimmer genommen. Er war seit vier Tagen dort und trank gerade café con leche in einer Bar, als er aufblickte und den Mann sah, mit dem Maria an dem Tag gestritten hatte, als sie sich kennenlernten. Jetzt, da er ihn genau ansehen konnte ohne die Verzerrung durch die Angst, überraschte es ihn, einen sehr ansehnlichen Mann zu sehen. Er trug eine blaue guyabera , weiße Leinen -pantalones, gelbe Socken und weiße Schuhe, und er hatte starke und angenehm männliche Züge: dunkle, eindringliche Augen, einen dicken, sehr maskulinen Schnurrbart, einen breiten Nacken. Der Mann hatte in aller Ruhe ausgetrunken und ging dann plötzlich hinaus auf die Straße. Nestor folgte ihm in einiger Entfernung. Er kam in eine sehr hübsche Straße, eine schmale Straße mit Kopfsteinpflaster, die bergauf führte. Alte orangefarbene und hellrosa Mauern, überwachsen von blühendem wilden Wein. Palmen und Akazien, die ihre Schatten auf den Gehsteig warfen. Und aus der Ferne das Leuchten des Meeres.
Da war ein Haus. Ein hübsches Haus mit Blechdach, von dem man aufs Wasser sah. Der Geruch von Ananas und einem Garten. Ein Haus voll Glück und Stimmen. Die Stimme von Maria, lachend und glücklich, glücklich.
Er wartete, lungerte gequält unter den Schatten herum wie ein Gespenst, nur um einen flüchtigen Blick auf sie zu werfen. Und das machte die Sache noch schlimmer. Er sah durch ihr Fenster und hörte Stimmen schnattern und Besteck und Teller und Pfannen, in denen Bananen gebraten wurden, ihr Leben ging fröhlich weiter ohne ihn, und er krümmte sich zusammen. Zunächst hatte er nicht die Courage, an die Tür zu pochen und ihr gegenüberzutreten, er wollte die Wahrheit nicht sehen müssen. Aber er fand seine Stärke in einer Bar wieder, kam in der Dämmerung wieder und stakste bis an die Tür, Bauch rein, Brust raus. Eine lange klagende Trompetenphrase, hochaufsteigend und Schleifen um die Sterne ziehend. Mimosenduft in der Luft. Lachen. Er hämmerte so lange gegen die Tür, bis der Mann herauskam.
»Was wollen Sie?«
»Mein Mädchen.«
»Sie meinen«, sagte er, »meine Frau.«
»Sagen Sie nicht, daß...«
»Vor einer Woche.«
»Aber sie hat Sie gehaßt.«
Der Mann zuckte die Achseln. »Es war uns bestimmt.«
Oh, Maria, warum warst du so grausam, da ich doch das Sternenlicht sah, wie es dir durchs Haar spülte, und das versunkene Glühen des Mondes in deinen Augen.
Nestor schaffte es den Hügel hinunter bis zu einer Kaimauer, er lehnte sich an ein kleines Denkmal des kubanischen Dichters José Marti und sah auf das Meer aus Dämmerung. Dort malte er sich aus, wie glücklich er hätte mit ihr sein können, wenn er nur nicht so grob gewesen wäre oder mehr geredet hätte, oder ein wenig wirklichen Ehrgeiz besäße. Hätte sie doch nur nicht die Schwäche in seiner Seele gesehen. Wie in einem Traum tauchte Maria hinter ihm auf, und sie lächelte. Als er ihre Hand zu berühren versuchte, war es, als griffe er nach Luft. Da war nichts. Aber Maria war da. Sie sprach so sanft und so zärtlich zu ihm über ihre Herzens- und Seelenqualen, daß er, als sie verschwand, merkwürdig beruhigt war.
Was war es, das sie zu ihm gesagt hatte?
»Was auch geschieht, ich werde dich ewig lieben.«
Immer und ewig bis in den Tod.
Er verbrachte die Nacht vor ihrer Tür im Freien. Am Morgen entdeckte er, daß sie ihm einen Teller mit Schinken und Brot hinaus aufs Pflaster gestellt hatte, wo er geschlafen hatte, aber eine Armee von glutroten Ameisen war darüber hergefallen.
Er kehrte nach Havanna zurück und erzählte Cesar, was Maria ihm gesagt hatte.
Um
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