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Höhepunkte

Höhepunkte

Titel: Höhepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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brauche keins und nehme keines. Nicht dafür.«
    »Was nehmen Sie denn?«
    »Sie!«

    Mit achtzehn Jahren hatte Bea sich das erste Mal verliebt. Bis dahin war sie jemand mit einem Ziel vor Augen gewesen. Ohne sich darüber im klaren zu sein, war sie die Sklavin ihrer Eltern, der Familie und Schule gewesen. Den Blick fest aufs Abitur gerichtet, lebte sie in einer ewigen Dämmerung dahin.
    Die Gesichter der anderen nahm sie schattenhaft wahr. Erst das Gesicht Berrys hellte sich zu jener Deutlichkeit auf, die ihr zusetzte und keine Ruhe ließ. Sie wußte noch nichts von ihrer besonderen Art und Weise zu lieben. Sie kannte sich zu wenig aus. Vielleicht war es eine Form von jugendlichem Selbstschutz gewesen, daß sie die Gesichter der anderen nicht deutlich genug wahrnahm. Denn jetzt, als sie es tat, trat Berry mit einem solchen Nachdruck in ihr Leben, daß es sich von einem zum anderen Tag änderte.
    Ihre Entjungferung ertrug sie mit Gleichmut. Es war, als gehöre das lediglich dazu. Sie mußte aufgeschlossen werden für Berry. Ihre Sinnlichkeit war auf sein Gesicht gerichtet. Sie ahnte noch nichts von ihrem Fetischismus. Sie wußte nicht, das es dies gab, diese optische Verfallenheit. Doch sie spürte eine nicht zurückdämmbare Leidenschaft, einen Ansturm wilder Gefühle, näherte Berry sich ihr.
    Ein Jahr später heirateten sie. Drei Jahre später ließen sie sich scheiden. Nein, Bea ließ sich von Berry scheiden. Dabei war es mit ihr noch immer wie zu Beginn. Sobald sie ihn sah, verfiel sie ihm in einer Liebe, die sie zugleich hinriß und erschreckte. Das war damals die Zeit ihrer langen Vormittagsspaziergänge gewesen.
    Bea verließ die gemeinsame Wohnung und trieb durch die Straßen der Stadt, ziellos, absichtslos, die Eindrücke genießend wie eine von fern herandringende lockende Musik.
    Oft kam sie mittags nach Hause und wachte erst auf, wenn sie durch die Tür in die Wohnung trat.
    Ein ganzer Vormittag nutzlos vertan. Sie hatte nicht das Notwendige eingekauft und mußte nochmals los. Sie verbrachte die Vormittagsstunden, als wäre es auf andere Weise ein Schlaf. Sie träumte gehend.
    Später, als sie darüber nachdachte, stellte sie verwundert fest, kaum jemand ging so wie sie ohne Absicht und Ziel. Wer überhaupt zu Fuß ging, hatte immer etwas vor, war in Eile, wußte, was er wollte.
    Vielleicht bin ich irre, dachte Bea, und sie begann Bücher zu lesen über Seelenkranke. Sie erfuhr, diese Kranken gefielen sich oft im ziellosen Umherschweifen. Konnten tagelang unterwegs sein und kamen nie irgendwo an. Irgendwann wurden sie aufgelesen und in geschlossene Häuser gesteckt.
    Bea fühlte sich nicht krank. Weder psychisch noch physisch. Es war auch so, daß sie sich wohl fühlte bei ihren Streifzügen. Doch die Kranken fühlten sich ebenfalls wohl dabei, das war der Grund dafür, daß sie sich in Bewegung setzten.
    Als Bea mit ihren Überlegungen so weit gekommen war, begann sie sich Gedanken über ihre junge Ehe zu machen. Obwohl sie in diesen Jahren mit Berry nur Glück und Liebe und keinen Schmerz empfand, begann sie sich davor zu fürchten. Mit zunehmender Dringlichkeit befragte sie sich, was es denn sei, das sie Berry gegenüber dahinschmelzen lasse und wehrlos mache. Obwohl ihr dieser Zustand behagte, erfüllte er sie auch mit einem Gefühl des Widerstrebens und endlich des Widerwillens. Ihr Gefühl und ihre Liebe kamen, sobald Berry sich näherte, mit einer, wie ihr schien, zu ausschließlichen Macht über sie, die Willenlosigkeit ihres Zustandes machte sie betroffen, und sie begann erst Berry und dann sich selbst zu beargwöhnen.
    Sie liebte Berry heftig, doch die Art und Weise, in der dies geschah und wie sie dadurch in den Zustand der Sklaverei versetzt wurde, erfüllte ihre Seele mit Unruhe. Berry, der selbstsichere junge Mann, bemerkte ihre Veränderung erst spät, was Bea ein weiteres Mal unsicher werden ließ, denn sie argwöhnte nun, Berry sei ein wenig dumm. Berry also gab sich doppelte Mühe, was indessen nicht viel hieß, denn bis dahin hatte er sich nur wenig anzustrengen brauchen, schmolz seine kleine Frau doch schon hin, wenn er ihr nur nahekam. Ja, er hatte von den ausgesprochen männlichen Linien seines Gesichts profitiert, in dieser Liebe und Ehe, und er konnte gar nichts dafür, denn in seinen jungen Jahren war ihm das deutliche Ebenmaß geschenkt worden, das er, um es zu behalten, erst noch würde verdienen müssen. Berry profitierte vom Glück der Natur, weshalb er es auch kaum beachtete

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