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Höhlenangst

Höhlenangst

Titel: Höhlenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Er blick te sich schroff um. Aber Janette stand inzwischen weiter weg bei einem Paar mit Kinderwagen.
    »Übrigens«, holzte ich los, »ich habe dich vermisst, gestern beim Bergungseinsatz der Uracher Spinnen. Wolltest du nicht wissen, wessen Leiche in der Mondscheinhöhle steckte?«
    Harks eben noch mäandernder Blick fluppte mich an. »Was für eine Leiche?«
    »Liest du keine Zeitung?«
    »Nein.«
    Wie kam Gerrit dann eigentlich an seine Zeitung?, fragte ich mich in einem Nebenstübchen meines Hirns.
    »Also, was für eine Leiche?«
    Während ich im Zeitraffer erzählte, versammelten sich in seinem Rücken weitere Leute bei Janette und dem Paar mit dem Kinderwagen.
    »Verschwunden?«, fragte Hark nach. »Unsinn! Der ist nur durch den Spalt durchgerutscht und liegt jetzt weiter unten. Man müsste halt eine Kamera hinunterlassen. Ich werde Heinz Rehle gleich nachher mal anrufen. Wieso ist Winnie nicht auf die Idee gekommen? Er hat doch alles, was man dazu braucht, daheim.«
    In diesem Moment trat Janette an uns heran, im Schlepptau das Paar mit Kinderwagen, zwei Halbwüchsi ge und Oma und Opa. »Darf ich vorstellen«, sagte sie strahlend, »das ist Hark Fauth.«
    Die Menschen streckten Hände aus und schätzten sich glücklich, den berühmten Höhlenforscher kennen zu lernen. Das Paar mit dem Kinderwagen besaß einen Laden in Reutlingen, über den Janette mal geschrieben hatte, die beiden Alten waren Großonkel und Großtante aus Amerika und die beiden Halbwüchsigen Cousin und Cousine, ebenfalls aus Amerika. Man zeigte dem Besuch die Schwäbische Alb: Burg Lichtenstein, Nebelhöhle und Bärenhöhle.
    »Marvelous!«, behauptete das Mädchen.
    »Ob du denen nicht die Bärenhöhle …«, raunte Janette sich an Hark heran. »Eine kleine Führung, exklusiv?«
    »Gute Idee!«, rief ich. »Eine private Führung!«
    Wenn Hark wirklich klaustrophobisch war, würde er sich etwas einfallen lassen müssen.
    »Gern«, sagte er und blickte auf seine Uhr. »Aber ich fürchte … Ich habe einen Termin. Ich sollte …« Sein Blick fuhr in meinen. »Na gut. Dann aber gleich.«
    »Wunderbar!«, rief Janette und scheuchte die Kinder und den amerikanischen Besuch samt Kinderwagen auf den Weg zum Ausgang aus dem Alptraumland. Ich prall te im Umdrehen gegen Hark.
    »Was ich dir noch sagen wollte, Lisa«, sagte er, seinen weichen Kern nach außen stülpend, »ich habe meinen Sohn schon lange nicht mehr so glücklich gesehen. Dafür möchte ich dir danken.«
    »Oh! Keine Ursache.« Ich war unangemessen gerührt und deshalb geneigt, dem Helden meiner Jugend goldene Brücken zu bauen. »Komm, wir müssen den anderen nach. Oder sollen wir uns vor dem Höhlenbesuch drü cken? Ich jedenfalls kenne die Bärenhöhle schon. Und du auch, nehme ich an. Wie wär’s? Wir schlagen uns in die Büsche.«
    »Und Gerrit?«
    »Um den wird Janette sich schon kümmern.«
    Auf Harks Gesicht erschien ein leises Lächeln. »Man merkt, dass du keine Kinder hast. Kinder lässt man nicht stehen wie einen Regenschirm bei Sonnenschein.«
    Blöder Hund. Aber ich konnte auch anders. »Übri gens«, sagte ich, »Gerrit glaubt, du hättest Schiss vor Höhlen.«
    »Tatsächlich?« Er setzte sich in Marsch.
    »Und er leidet darunter, dass du das nicht offen zugibst. Er belügt dich, um dich zu schonen.«
    »Falls es darum geht, dass er am Sonntag an der Mondscheinhöhle war, so weiß ich das bereits.«
    »Aber nicht von ihm.«
    »Nee, aber ich habe Augen im Kopf. Hinterm Nussbaum liegt sein kaputtes Fahrrad. Und da wir gestern bei den Großeltern in Laichingen waren, kann er es nur am Sonntag geschrottet haben.«
    »Und warum traut er sich nicht zu dir«, fragte ich bö se, »wenn ein Schulkamerad von ihm in eine Höhle gefallen ist?«
    Hark blieb stehen. »Du hältst mir vor, dass mein Sohn kein Vertrauen zu mir hat?« Die rötlichen Barthaare wur den schwarz in den Gräben seines Gesichts. »Woher soll te er es haben? Vertrauen zu einem Vater, der seine Mutter nicht retten konnte.«
    »Das ist es, was Gerrit Angst macht, diese Selbstzerfleischung. Und deshalb hat er dir nichts vom Unglück in der Höhle erzählt. Stattdessen hat er lieber die Höhlenrettung angerufen.«
    Hark ächzte wie ein Baum, bevor er fällt.
    »Was ist damals im Todsburger Schacht passiert?«, fragte ich schnell, bevor er wirklich der Länge nach hinschlug.
    Er setzte wieder seine Füße voreinander, denn der Trupp mit Janette drohte uns aus den Augen zu geraten. »Wenn es danach geht, was die

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