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Höhlenangst

Höhlenangst

Titel: Höhlenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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bedenken.
    »Aber wenn er angeklagt würde! Beispielsweise, weil er doch etwas mit dem Toten in der Mondscheinhöhle zu tun hat.«
    »Den es nicht gibt.«
    »Willst du bestreiten, dass du ihn gesehen hast? Hast du dich etwa in Hark verknallt, Lisa? Ich denke, der Tote in der Höhle, das könnte durchaus Sibylles Geliebter gewesen sein.«
    »Den sie nicht hatte, deiner Meinung nach.«
    »Ach, was geht mich mein saudummes Geschwätz von gestern an! Weiß man’s denn, was die Freundinnen für Geheimnisse haben? Und wenn Hark diesen Kerl in der Mondscheinhöhle umgebracht hat, dann muss er jetzt beweisen, dass er nicht da unten gewesen sein kann.«
    »Er hätte nicht mit ihm hinuntermüssen«, sagte ich. »Man hätte nur oben das Seil abschneiden müssen.«
    »Dann muss er beweisen, dass er ihn nicht herausgeholt hat. Es ist doch auffällig, dass Hark plötzlich unter Klaustrophobie leidet, jetzt, wo eine Leiche aufgetaucht ist.«
    »Janette«, fragte ich. »Liebst du Hark eigentlich noch?«
    Sie tötete erst mich, dann schoss ihr Blick angstvoll nach hinten. Aber Laura hatte den Kopf zwischen den Ohrstöpseln ihres MP3-Players. »Nein! Wie kommst du darauf?«
    »Übrigens hat Hark vorgeschlagen, eine Kamera in die Mondscheinhöhle hinabzulassen. Vielleicht ist der Tote nämlich einfach nur durchgerutscht und liegt jetzt weiter unten.«
    »Das hat Winnie gestern auch gesagt. Sie wollen es morgen probieren.«
    Dann hatten Winnie und Heinz mich Dödel gestern wohl ein bisschen verarscht mit ihrem Zorn über die Abwesenheit des Toten, oder aber eigentlich Kommissar Abele, den Wichtigtuer aus Reutlingen.
     

19
     
    Nebel engte unseren Weltkreis auf ein paar Meter ein. Der Fels troff. Am Rand unserer Welt standen drei rote Spinnentaschen. Ein Generator tuckerte, und ein Seil und zwei Kabel liefen ins Gedärm des Bergs. Winnie war unten, und Hark saß auf dem Boden vor einem kleinen Monitor und verfolgte die Darmspiegelung.
    »Da!«, sagte Heinz Rehle. »Da war was.«
    Das Bild auf dem Monitor schaukelte wüst hin und her.
    »Langsam weiter hinunterlassen, Winnie«, sagte Hark ins verkabelte Höhlentelefon.
    Heute früh hatte er Gerrit bei Florian und Laura abgeliefert. Es war Florians Haustag. Janette hatte also nicht begründen müssen, warum sie heute auf alle Fälle mit ihrer Kamera an der Mondscheinhöhle sein musste. Dennoch hatten beide meine Anwesenheit gestern Abend und heute Morgen ausgiebig genutzt, um einander längst fällige Wahrheiten mitzuteilen wie: »Florian lässt immer alle Schubladen offen stehen.« Oder: »Janette glaubt immer, ohne sie laufe der Laden in Reutlingen nicht.«
    Als Janette schon in der Tür die Handtasche geschultert und Florian sein Radlertrikot mit der Bemerkung ins Gesicht geworfen hatte: »Nie tut er seine stinkenden Klamotten selber in den Wäschekorb!«, überraschte uns Gerrit mit der Frage: »Und was geschieht dann mit der Leiche?«
    »Wenn man eine findet«, sagte ich, »dann kommt sie nach Tübingen zur Polizei, und die versuchen herauszufinden, wie und wann er gestorben ist und wer er ist.«
    »Und wenn man ihn nicht mehr erkennt, weil er ganz verfault ist?«
    »Iiiii!«, rief Laura erfreut.
    »Dann entnimmt man ihm genetisches Material«, antwortete Janette resolut. »Jetzt müssen wir aber los!«
    »Ich will mit!«, nahm Laura den Kampf des ganzen Morgens wieder auf.
    »Was ist genetisches Material?«, fragte Gerrit.
    »Weißt du«, holte Florian aus, »wir Menschen bestehen aus Haut und Muskeln und Knochen und Adern, und in den Adern fließt Blut, und das besteht aus kleinen Teilchen …«
    Als er bei den Zellkernen angelangt war, entschlossen, bis zur Doppelhelix vorzudringen, sagte Hark: »Das ist wie mit Fingerabdrücken. Die sind auch einmalig.«
    »Aber wenn man dann weiß, wer er ist«, hakte Gerrit nach, »dann weiß man immer noch nicht, wer ihn umgebracht hat.«
    »Es könnte auch ein Unfall gewesen sein«, bemerkte ich.
    »So einer, wo das Seil gerissen ist oder der Knoten ist aufgegangen?« In Gerrits Mimik formierte Meisterdetektiv Kalle Blomquist. »Oder ein Petzl-Stop-Unfall.« Kalle Blomquist verflog, Gerrit blickte scheu zu seinem Vater hinüber.
    »Oder er hat mit einem Messer gespielt«, steuerte Lau ra aus dem Schatz elterlicher Todesdrohungen bei. »Oder mit der Giftspritze.« Sie griff sich an den Hals und röchelte.
    »Sie meint«, erklärte Florian hastig, »das Ameisengift. Letztes Jahr hatten wir eine Invasion von Ameisen hier. Das konnte man nicht

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