Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Hände in die Seiten. »Manche Hunde fangen an, Krach zu machen, wenn man sie verlässt. Dieser hier sieht mir verdächtig danach aus!«
Leandra maß verwundert zuerst Hellami, dann das Tier. Es war ein großer, braunweißer Hirtenhund mit struppigem Fell. Er trug ein ledernes Halsband mit einem kleinen Holzschildchen daran. »Hier, sieh mal. Er heißt Benni.«
»Schön für ihn«, murmelte Hellami abweisend. Sie blickte hinauf zum Monolithen und untersuchte aufmerksam die Felswand. »Wo ist er nun, dein Zugang?«
Leandra sah auch hinauf. Sie suchte den Fels ab, konnte aber ebenfalls nichts ausmachen.
»Womöglich ist es der falsche Hof. Lass uns weiter nach Süden gehen. Wenn ich mich recht erinnere, liegen die Quellen von Quantar nicht allzu weit vom Händlerviertel. Das müsste weiter da unten sein.«
Hellami nickte und erhob sich. »Komm, du Bestie!«, sagte sie und streckte die Hand nach dem Hund aus. Der sprang bereitwillig zu ihr. Zusammen wandten sie sich in Richtung Süden.
Leandra starrte ihrer Freundin einige Momente hinterher. Hellami war in den letzten Tagen, nach ihrer wundersamen Rettung, noch abweisender geworden als zuvor. Teilweise richtiggehend grob. Das war vielleicht erklärlich - nach allem, was ihr zugestoßen war -, aber es wurde für Leandra zunehmend schwerer, es zu verkraften. Sie hoffte inständig, dass Hellami sich wieder beruhigen würde. Seufzend folgte sie den beiden.
Der Hund blieb bei ihnen, und sie marschierten weiter nach Süden, dabei immer den Monolithen genau betrachtend. Das Schicksal jedoch wollte es, dass sie den Zugang einfach nicht fanden.
Der nächste kleine Hof lag nur eine halbe Meile weiter und der dritte eine weitere Meile. Von keinem der beiden Höfe war jedoch irgendetwas, das nach einer Einbuchtung, einem Absatz oder einem Bäumchen aussah, in der Felswand zu erkennen. Sie gab sich grau, glatt und völlig abweisend. Einen weiteren Bauernhof erkunden zu wollen - sollte es denn noch einen geben -war aussichtslos. Die Dämmerung war so weit fortgeschritten, dass sie nichts mehr hätten sehen können, auch wenn sie ihn schnell fanden.
Hellami deutete die Feldwand hinauf. »Vielleicht ist der Zugang ja doch dort oben, und es ist schon zu dunkel, um ihn erkennen zu können«, meinte sie.
Leandra nickte. »Ja. Wir sollten für die Nacht rasten und morgen weitersuchen. Heute werden wir sicher nichts mehr finden.«
Der Hund war die ganze Zeit über bei ihnen geblieben. Hellami hatte ihn zu ihrem Begleiter erkoren, während sie Leandra weitestgehend übersah. Ohne auf sie zu warten, marschierte sie weiter - tiefer in den Wald hinein, offenbar auf der Suche nach einem Lagerplatz.
Leandra seufzte leise und folgte ihr. Sie stellte fest, dass sie in dieser Hinsicht ein sehr empfindsamer Mensch war. Ein Verhalten wie Hellamis vermochte sie sehr zu belasten. Als sie ihre Freundin wieder einholte, hatte diese schon einen Lagerplatz gefunden; der Ort, den sie entdeckt hatte, war für sie schon beschlossene Tatsache. Leandra schluckte ihren Widerspruch herunter und fügte sich. Alles andere hätte die Sache nur noch schwieriger gemacht.
Abgesehen davon war der Platz zum Glück gut gewählt. Er lag unter dem Überhang eines kleinen Felsens. Trockenes Laub lag darunter - windgeschützt, abgelegen und genug Platz bietend für zwei. Für drei, berichtigte sich Leandra. Der Hund schien sie nicht mehr verlassen zu wollen. Die ganze Zeit über hielt er sich an Hellami und hatte offenbar die Absicht, auch über Nacht noch bei ihnen zu bleiben.
»Mist!«, sagte Hellami und ließ sich auf den Hintern fallen. Sie deutete zum Himmel hinauf, der sich in der letzten Stunde verzogen hatte. Ein ziemlich kühler Wind frischte von der See her auf. »Es wird heute Nacht kalt werden. Und nass.« Der Hund setzte sich brav neben sie. Er war so groß, dass er sie sitzend sogar noch überragte. Leandra zuckte nur die Schultern. Sie begann damit, ihr Nachtlager herzurichten.
Als sie dann etwas gegessen hatten, wandelte sich Hellamis Stimmung vollständig. Sie seufzte und ächzte, wickelte sich wärmesuchend in alles, was sie an Decken und Kleidung fand, und wenn sie sprach, waren ihre Worte voller Sehnsucht, Schmerz und Melancholie. Leandra wagte dennoch nicht, sich ihr zu nähern.
Schließlich legten sie sich nieder. Hellami schien durchaus das Bedürfnis zu haben, sich bei jemandem anzulehnen - nur wählte sie dazu den Hund. Das Tier besaß ein dichtes Fell und schmiegte sich wohlig an sie.
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