Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Leandra sehnte den Augenblick herbei, da sie den Einstieg der Felswand erreichten - sollten sie das Glück haben, ihn überhaupt zu finden -, weil dieses Vieh dann zurückbleiben musste. Ja, es war Eifersucht, blanke Eifersucht, die sie empfand. Auf einen Hund! Wütend wickelte sie sich in ihre Schlafdecke und drehte sich weg von Hellami.
21 ♦ Entdeckungen
Tage angestrengten Forschens waren vergangen. Victor hatte sich ausgiebig mit alten Aufzeichnungen des Cambrischen Ordens auseinandergesetzt; Aufzeichnungen, die damals vor dem Beginn des Dunklen Zeitalters verfasst worden waren und die über die Strukturen der Bruderschaft von Yoor und die Orte berichteten, an denen sie ihre Hochburgen und Stützpunkte eingerichtet hatten. Er hatte viele Berichte über Sardin gefunden, leider jedoch nichts von wirklich größerer Bedeutung.
Victors Skriptoren hingegen hatten die riesigen Schriftsammlungen der Cambrischen Basilika durchforstet und inzwischen konnte Martiel recht gute Auskünfte über all die Sparten, Untergebiete, Themenkreise und Abteilungen geben. Man hatte sich daran gemacht, viel versprechende Gebiete genauer zu sichten.
Chasts Warnungen zeigten noch immer Wirkung -die Männer hielten sich von Roya fern. Und Victor war fest entschlossen, jeden von ihnen aufs Schärfste zurechtzuweisen, der auch nur den Versuch einer persönlichen Unterhaltung mit ihr beginnen sollte. Im Hintergrund dessen stand nichts weiter als ihr gemeinsames Geheimnis, aber das warf genügend Probleme auf. Victor wusste, dass es irgendwann ernst werden würde und sie möglicherweise auf eigene Faust etwas unternehmen mussten. Etwas, das sogar gegen seine eigenen Leute gerichtet sein mochte. Zum Beispiel dann, wenn Leandra auftauchte oder wenn sie tatsächlich etwas Wichtiges finden sollten. Sollte Roya zu diesem Zeitpunkt irgendwelche freundschaftlichen Kontakte zu einem der Skriptoren aufgebaut haben, würde das ihre Probleme nur vervielfachen. Selbst Victor mochte inzwischen den einen oder anderen seiner Männer gern, leider wohl zu gern, und er fürchtete den Augenblick, da es zu einer Abkehr und einem ersten Konflikt kommen würde. Denn in Wahrheit waren all die jungen Skriptoren, mit denen er und Roya zur Zeit zusammenlebten, arbeiteten und scherzten, ihre Feinde. Es waren Bruderschaftler, aus welchen Motiven auch immer, und er und Roya waren keine. Sie beide waren hier, um Chast zu Fall zu bringen, und jetzt, nachdem ihnen bekannt war, dass Leandra noch lebte und auf dem Weg nach Savalgor sein musste, würde es in der Tat irgendwann tatsächlich ernst werden.
Für eine eigene Unterhaltung hatten sie bisher jedoch kaum Zeit gefunden. In diesen Tagen, da die Forschungen in der Cambrischen Basilika gewisse Ausmaße annahmen, wurden sie von Leuten der Duuma scharf bewacht. Erst nach einigen Tagen ließ deren Aufmerksamkeit so weit nach, sodass Victor und Roya sich endlich einmal unbeobachtet in seinem neuen Schreibzimmer treffen konnten.
»Was könnte Leandra im Augenblick tun?«, fragte Roya. »Denkst du, sie wird versuchen, Chast anzugreifen?«
Victor hob die Schultern. »Mir wäre wohler, wenn ich irgendeine Ahnung hätte.«
»Was würde ihr denn am ähnlichsten sehen?«, wollte Roya wissen.
»Ich nehme an, sie ist wegen des Schwurs gekommen - wegen dieser Alina. Hellami wird ihr davon berichtet haben.«
»Du meinst, dass Alina noch lebt? Und dass sie hier ist - in Chasts Gewalt?«
»Das stand doch in diesem Brief, oder? Und deswegen ist Hellami schließlich nach Angadoor gegangen.«
Roya nickte. »Ja. Es war Hellami sehr wichtig, dass Leandra das erfuhr. Und Leandra selbst hat uns dazu gebracht, den Schwur abzulegen.«
Victor nickte. »Offenbar ist Alina die einzig überlebende Thronfolgerin. Da kann man sich leicht ausrechnen, was Leandra tun wird. Sie wird versuchen, sie zu befreien und gleichzeitig Chast zu vernichten. Euer kleiner Schwur hat eine ganze Menge mehr an Bedeutung gewonnen, als ihr es euch damals ausgemalt habt.«
Roya verzog empört das Gesicht und ließ die Arme sinken. »Unser kleiner Schwur? Was soll das heißen?«
»Entschuldige«, beeilte sich Victor ihr zu versichern. »So hab ich das nicht gemeint. Aber ihr hattet ja damals, als ihr Alina kennen lerntet, keine Ahnung, wer sie in Wahrheit ist, oder?«
Roya schüttelte den Kopf. »Nein. Aber das ändert nichts an der Ernsthaftigkeit des Schwurs ...«
Er hob besänftigend die Arme. »Verzeih mir«, sagte er lächelnd. »Ich hab mich einfach
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