Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
vertrauenswürdig. Ich schwöre Euch, Hoher Meister - ich bin in fünf, spätestens sechs Tagen wieder hier. Ich kenne mich in Hegmafor bestens aus. Schließlich habe ich jahrelang dort studiert. Wenn Ihr jetzt irgendwen dorthin schickt, kann es Wochen dauern, bis er findet, was wir brauchen. Wenn überhaupt! Ich hingegen habe jetzt schon genaue Vorstellungen, wo ich suchen muss!«
»Und warum kannst du das nicht einem deiner Leute sagen und ihn dorthin schicken?«
Victor ächzte. »Hoher Meister - bei allem Respekt! Kennt Ihr Hegmafor? Die endlosen Keller und Seitentrakte
der Bibliothek? Niemand von diesen Burschen kennt sich dort so gut aus wie ich! Es geht jetzt darum, dass wir schnell sind. Mit den richtigen Hinweisen haben wir in kürzester Zeit gefunden, wonach wir suchen! Diesen Triumph dürft Ihr mir nicht vorenthalten! Schließlich ist es ja auch zum Zweck der Sache!«
Chast war missmutig und nicht so leicht zu überzeugen. »Und warum willst du unbedingt dieses Mädchen mitnehmen? Hast du dich etwa in sie vernarrt?«
Victor winkte heftig ab. »Unfug!«, rief er aufgebracht. »Was soll ich denn mit so einem Küken? Sie ist ja noch ein Kind! Nein - es ist, weil ich möglicherweise Kontakt hierher nach Savalgor benötige. Wenn ich nicht sofort finde, wonach ich suche, muss ich möglicherweise Fragen an meine Leute stellen. Das geht nur mit Royas Hilfe.«
Chast schnaubte. »Mir gefällt das überhaupt nicht! Was, wenn du dich einfach mit ihr aus dem Staub machst?«
»Aber Hoher Meister!« Victor schrie beinahe. »Jetzt, wo ich kurz vor dem Triumph stehe? Jetzt, wo ich ... so viel Ruhm einstecken könnte? Die Bruderschaft vor der Bedrohung durch die Drakken retten könnte? Ich kann nicht glauben, dass Ihr denkt, mir würde jetzt ausgerechnet so etwas einfallen!«
Chast holte tief Luft. Dann fuhr er herum.
»Also gut, Valerian. Du sollst deinen Willen haben. Du bekommst einen Drachen. In einer Stunde. Ich werde den Drachenpiloten selbst auswählen und er wird ein Meistermagier sein! Er wird dich und dein ... Mädchen jede Minute beobachten. Fliege nach Hegmafor und besorge dieses Zeug, das du brauchst. Spätestens in sechs Tagen erwarte ich dich zurück! Und die Kräfte mögen dir gnädig sein, wenn du mich zu hintergehen versuchst oder keine vernünftigen Ergebnisse mitbringst! Ist das klar?«
»Ja, Meister«, Victor nickte gehorsam. »Ich werde Euch ganz sicher nicht enttäuschen. Aber den Drachen bitte erst in zwei Stunden. Ich muss zuvor noch in die Basilika und meinen Leuten genaue Anweisungen geben. Außerdem ... nun, wir benötigen einen guten Magier, der bei ihnen ist und mit dem Roya gegebenenfalls Kontakt aufnehmen kann.«
Diese Aussage schien Chast ein wenig zu beruhigen. »Gut. Ich werde Meister Polmar schicken. Roya kennt ihn. Er wird ... nun, ab morgen Abend in der Basilika sein. Früher werdet ihr Hegmafor nicht erreichen. Wenn ihr dort ankommt, erwarte ich eine sofortige Nachricht!«
»Danke, Meister. Kann ich jetzt ...?«
Chast hob den Kopf zur Tür und bedeutete ihm, dass er entlassen war.
*
Als Victor die Tür von Chasts Arbeitszimmer hinter sich geschlossen hatte, stieß er angespannt die Luft aus. Zu spät erst bemerkte er den Wachsoldaten neben der Tür. Aber seine Befürchtung, sich verraten zu haben, war überflüssig. Der Soldat lächelte und deutete mit einer Geste an, dass er durchaus verstehen konnte, wenn jemand, der gerade aus diesem Zimmer kam, einen solchen Laut ausstieß.
Victor lächelte verkniffen zurück. Die Szene in Chasts Zimmer hatte ihm einiges an Verstellungskünsten abverlangt. Gut, dass Roya nicht dabei gewesen war. Er wusste nicht, ob sie die Nerven gehabt hätte, diese haarsträubende Lüge über die Zeit des Empfangs zu retten.
Er hingegen hatte nun sein Schicksal besiegelt. Es gab kein Zurück mehr. Entweder sein Plan klappte oder er war tot. Und Roya auch. Aber sie waren beide hierher gekommen, um Chast zu schlagen. Ohne Risiko war das kaum möglich.
Entschlossen wandte er sich um und marschierte zum Schacht der Kettengondel. Die Fahrt hinab kostete ihn wegen der schleppenden Langsamkeit sämtliche noch verbliebenen Nerven. Er rannte durch den langen unterseeischen Tunnel, der Torgard mit dem Palast verband, und stürmte drüben durch die Gänge bis hin zum Palastportal, wo das Gespann auf ihn wartete. Eine Dreiviertelstunde später erreichte er atemlos die Basilika. Zuerst suchte er Roya auf.
Sie wartete schon in fiebriger Unruhe in
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