Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
überholte den Malachista von schräg hinten und ließ in diesem Augenblick einen grellen Strahl weißer Magie auf seinen Kopf niederfahren. Einen Augenblick später drehte er nach links ab und schoss davon.
Der Malachista stieß ein markerschütterndes Brüllen aus. Er stellte seinerseits die Schwingen in den Wind, beschrieb eine weite Kurve und verfolgte Tirao. Da sah Victor, auf welche Weise sie vielleicht entkommen mochten. Trotz der mörderischen Kraft und Größe der Bestie und der wohl auch höheren Fluggeschwindigkeit konnte der Malachista es bei weitem nicht mit der Wendigkeit eines Felsdrachen aufnehmen. Bis der Riesendrache seine Flugkurve auch nur eingeleitet hatte, war Tirao schon wieder ganz woanders und stieß ein weiteres Mal von schräg hinten auf ihn nieder. Der Größenunterschied zwischen den beiden Drachen war wohl wie der zwischen einer Taube und einem Adler, aber in diesem Fall war die Taube um ein Vielfaches beweglicher.
Victor sah wieder jenen grellweißen Blitz, dann gerieten die beiden Kämpfer hinter einem Pfeiler außer Sicht. Faiona hatte schon ein, zwei Meilen Raum gewonnen und schoss nun mit atemberaubender Geschwindigkeit knapp über dem felsigen Grund dahin, offenbar in der Absicht, im Schutz des Bodens und irgendeiner sich bietenden Deckung zu entkommen.
Faiona!, stieß Victor hervor. Was ist mit Tirao? Der Malachista wird ihn töten ...
Faionas Antwort war seltsam ruhig. Tirao wird entkommen. Sorgt euch nicht. Er wird ihn ermüden und verletzen, bis er so schwach ist, dass er Tirao nicht mehr verfolgen kann.
Victor glaubte dennoch aus Faionas Worten die Sorge heraushören zu können - eine Sorge, die auch er empfand. Sollte Tirao etwas zustoßen ... nein, er mochte überhaupt nicht daran denken.
Faiona raste unbeirrt weiter, knapp über dem felsigen Boden und zwischen einer Unzahl von Gesteinstrümmern, Felsen und Felspfeilern hindurch. Victor empfand zunehmend Bestürzung darüber, wie sehr sie Tirao im Stich ließ, bis ihm endlich klar wurde, dass sie keine Chance im Kampf gegen den Malachista hatte. Sie trug ihn und Roya auf dem Rücken und hätte nicht annähernd die Möglichkeit gehabt, solche Manöver zu fliegen wie Tirao. Und das wäre notwendig gewesen. Allein deswegen war es schon ein ungeheueres Glück, dass sie sich entschlossen hatten, gemeinsam auf dem Rücken von nur einem Drachen zu fliegen. So konnten sie fliehen, während der andere den Malachista ablenkte.
Schließlich, als sie gute zehn Meilen in rasender Geschwindigkeit hinter sich gebracht hatten, ging plötzlich ein Ruck durch Faionas Körper. Victor empfand einen ebensolchen Schock, denn er wusste plötzlich, dass sie über das Trivocum eine Empfindung verspürt haben musste. Den Augenblick des Todes.
Victor wusste nicht, was er tun sollte. Er hätte am liebsten aufgeheult und wäre einfach von ihrem Rücken herabgesprungen, um zurückzurennen und den Malachista mit bloßen Fäusten totzuschlagen. Er griff sich trotz der Gefahr, von Faionas Rücken heruntergeweht zu werden, mit beiden Händen an den Kopf und stieß einen ohnmächtigen Schrei aus. Dann aber, nach Sekunden, da er nicht mehr wusste, was er tun sollte, um Herr dieses unsäglichen Schmerzes zu werden, hörte er Faionas Stimme.
Sie klang erleichtert. Der Malachista ist tot, sagte sie.
Victor vergaß für einen Moment das Atmen. Er merkte, dass Roya, die jede Einzelheit ebenfalls mitbekommen hatte, ihn festhielt, ihn am Sturz von dem Drachenrücken gehindert hatte. »Was ... ? Was sagst du da?«, keuchte er.
Es war der Malachista, antwortete Faiona. Nicht Tirao. Ich dachte auch zuerst ...
Victor sackte in sich zusammen. Die Erleichterung, die er empfand, verschaffte ihm einen Schwindel, sodass er verzweifelt versuchte, sich irgendwo festzuhalten. Roya packte ihn fester und zog ihn zu sich.
Tirao ist zum Glück wohlauf, hörte er Faionas erleichterte Worte. Er fliegt uns bereits hinterher.
Roya sah zu Victor auf und stieß einen Luftschwall aus. Victor merkte plötzlich, dass er bei der Vorstellung von Tiraos Tod für Momente die Kontrolle über sich verloren hatte. Diese Drachen waren so stolze und aufrichtige Wesen, dass ihm der Tod auch nur eines einzigen von ihnen im Laufe ihrer Suche nach dem Pakt wie eine kaum zu beschreibende. Tragöde vorgekommen wäre. Victor überkam noch einmal die Erinnerung an Meakeiok, den Ältesten von Tiraos Grauaut-Sippe. Er war im Kampf gegen einen Dämon umgekommen, als er Munuel die paar Augenblicke
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