Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
zuerst über das Trivocum versuchen. Inzwischen war sie so geübt, dass sie glaubte, an den Verfärbungen im Trivocum erkennen zu können, welcher Art ihre Verletzungen waren.
Sie beruhigte ihren Atem und begann mit der Konzentration. Vor Jahresfrist hätte sie dafür noch eine halbe Minute benötigt - inzwischen dauerte es nur noch Augenblicke. Sie öffnete das Innere Auge. Im nächsten Moment schon sah sie das Trivocum - den rötlichen Schleier, der die Welt durchzog. Sie tastete sich am hellroten Faden einer Verwebung entlang und hatte gleich darauf den richtigen Blickwinkel erreicht. Ihr Bein glühte in hellem Rot, während ihre rechte Schulter an einer bläulichen Verfärbung zu erkennen war. Instinktiv wusste sie, was zu tun war. Es war ein bisschen riskant, weil ihre magische Aktivität von Usbalor erspürt werden konnte. Deshalb entschied sie sich dazu, nur eine erste Iteration zu wirken, eine sehr schwache Magie, die sie jedoch für einige Minuten aufrechterhalten wollte. Wenn sie sich konzentrierte, dann würde sie das Trivocum kaum in Bewegung versetzen.
Sie sprach die erste Intonation aus.
Ter-In-Prim.
Das Trivocum spannte sich ein wenig. Sie dosierte ihr magisches Potenzial genauer - und die Spannung ließ nach. Leandra beglückwünschte sich dazu, mit der Elementarmagie umgehen zu können. Diese sehr kultivierte Form der Magie konnte man, wenn man genug Übung besaß, in höchstem Maße kontrollieren und lenken. Sie war sicher, sie über die Entfernung hin vollständig vor Usbalor verbergen zu können. Jedenfalls in der ersten Stufe. Sie hoffte, dass sie damit auskommen würde.
Dann setzte sie den Schlüssel für Stabilität. Ras.
Im Trivocum erglühte eine kleine Fläche in hellem Gelb - bereit dazu, sich zu öffnen und stygische Energien freizugeben. Nun die zweite Intonation.
Aurim-Prim-Mar.
Ein kleines Aurikel entstand, dessen Ränder in kraftvollem Gelb leuchteten. Durch die Öffnung strömte ein sanfter Fluss fast reinweißer Energie. Sie lenkte ihn auf die bläulich rote Verfärbung, die den stygischen Zustand ihrer Schulter darstellte. Die Energie begann in ihren Körper zu fließen und die verletzten Strukturen wieder zu ordnen. Sie spürte dies als nicht ganz schmerzlosen Vorgang, der viel Hitze erzeugte. Bald begann sie zu schwitzen.
Es war nicht gerade die angenehmste Sache der Welt, aber in dieser Iterationsstufe war es einigermaßen gut auszuhalten. Trotz der Hitze spürte sie, wie die Spannung in ihrer Schulter nachließ. Sie atmete auf. Für eine weitere Minute hielt sie die Energien im Fluss. Dann glaubte sie, dass es genug war, und setzte das Norikel.
Prim-In-Nor.
Sanft ploppte das Aurikel zu, und ein schwacher Wellenschlag breitete sich aus, wie von einem kleinen Stein, den man in die unbewegte Oberfläche eines Tümpels warf. Allenfalls dies hätte Usbalor spüren können - aber es war die Frage, ob man mit der Rohen Magie, derer er sich bediente, das Trivocum so gut beobachten konnte. Sie bezweifelte es. Sie hatte gesehen, die wie Bruderschaft mit dem Trivocum umging, und das war mehr als grob und verantwortungslos.
Probehalber bewegte sie die Schulter.
Bis auf ein schwaches, dumpfes Gefühl war nichts zurückgeblieben. Sie atmete erleichtert auf. Wieder etwas gelernt. Nun wusste sie auch, wie man mit Prellungen umging. Sie begann sich auf ihr linkes Bein zu konzentrieren. Offenbar war sie damit flach aufs Wasser aufgeschlagen und hatte sich, trotz ihrer Hose, einen schmerzhaften Schlag auf der Hautoberfläche eingefangen. Das Bein brannte noch immer und sie konnte es kaum bewegen, ohne dass sich neue Schmerzschübe ausbreiteten.
Sie breitete eine Aura von Kälte über das Bein. Das war eine sehr leichte Magie, sie musste nur Acht geben, dass sie ihre Muskeln dabei nicht unterkühlte. Während des Wirkens der Magie streckte und beugte sie das Bein in langsamen Bewegungen. Auch hier konnte sie den Erfolg ihrer Arbeit beobachten.
»He! Was machst du denn da?«, hörte sie plötzlich Hellami flüstern.
Sie schlug die Augen auf und sah ihre tropfnasse Freundin neben sich knien. Sie hielt zwei Bündel, von denen das eine höchst seltsam geformt war.
»Hier, sieh mal! So was passiert in tausend Jahren nur ein Mal!«
Sie hielt das Bündel hoch und Leandra sah, dass es von einem Schwert glatt durchbohrt war. Sie fuhr in die Höhe und merkte gerade noch, dass sie das Aurikel beinahe losgelassen hätte.
»Mist!«, sagte sie, schloss die Augen und setzte das Norikel. Dass
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